1588 - Das Horror-Grab
unkontrollierte Drehung, bevor er auf den Rücken fiel und sich nicht mehr bewegte. Für mich war er tot.
Klara Wellmann stand wieder auf. Sie wollte jedem beweisen, dass sie noch lebte, und schickte ein Lachen in das Rund, das bei den meisten eine Gänsehaut erzeugte.
»So einfach ist das nicht!«, schrie sie über die Köpfe der Gäste und Mädchen hinweg. »Wer will denn jemanden töten, der schon tot ist und trotzdem noch lebt? Ich habe hier das Sagen, und ich werde mein Zeichen setzen. Ich will Abramovic. Ich sehe dich. Komm her, dich kann niemand mehr schützen!«
»Was soll ich denn machen?«, keuchte der Albaner.
»Losgehen.«
»Was?«
»Ja.«
Er lachte und greinte zugleich. »In den Tod?«
»Ich bleibe bei Ihnen.«
»Wollen Sie auch sterben?«
Nein, das wollte ich nicht. Ich wollte nur wissen, was Suko davon hielt.
Als ich ihn ansprach, konnte ich mir den Rest der Worte sparen, denn er war nicht mehr da.
Ich wusste nicht, was er vorhatte, sah aber, dass Klara Wellmann keine Geduld mehr hatte.
»Wenn du nicht gleich zu mir kommst, erschieße ich deine ersten Gäste, Diego!«
Ich drückte meine Hand in den Rücken des Albaners. »Gehen Sie! Machen Sie schon.«
»Aber…«
Ich schob ihn an, und er stolperte voran, weil er einfach zu schwach auf den Beinen war. Seine Schuhe schleiften über den glatten Boden. Ich sah, dass er zitterte, blieb hinter ihm und holte mein Kreuz hervor. Auch die Beretta zog ich und holte den Mann noch vor der ersten Treppenstufe wieder ein.
Suko war noch immer nicht zu sehen. Dafür die Menschen in der Mulde.
Einige hatten sich geduckt, andere lagen am Boden, und die Person, die von mehreren Kugeln getroffen worden war, stand am Rand wie eine Herrscherin, die alles unter Kontrolle hielt.
Abramovic, der große Gangster, war am Ende seiner Kräfte. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Ich musste ihn sogar stützen.
In dem Augenblick, als wir die ersten Schritte in die Mulde hinab hinter uns ließen, hatte mich auch Klara erkannt.
»Ah, der große Freund und Helfer. Du schon wieder. Wir kennen uns ja schon vom Friedhof, nicht wahr?«
»Ja, Klara.«
»Oh, du weißt meinen Namen?«
»Sicher.«
»Und wie heißt du?«
»Sinclair. John Sinclair. Merke dir den Namen gut. Denn ich werde es sein, der dich…«
»Gar nichts wirst du!«, schrie sie. »Ich werde dich ebenso erledigen wie den Albaner! Auch wenn ich spüre, dass du etwas Besonderes bist. Da ist was an dir, was mir nicht gefällt. Deshalb bleib stehen!«
»Und dann?«
»Steh still!«
Ich tat ihr den Gefallen. Auch der Albaner bewegte sich nicht mehr. Er war in seiner eigenen Angst gefangen und sah nur noch aus wie das berühmte Häufchen Elend.
Klara hob ihren Revolver an. Ich überlegte, ob ich mich zur Seite werfen sollte.
Aber das brauchte ich nicht mehr, denn genau in diesem Moment griff jemand ein.
Ich hörte Sukos überlaute Stimme, sah ihn nicht, hörte aber das Wort, das er rief. »Topar!«
Ab jetzt stand die Zeit für fünf Sekunden still. Jeder, der sich in Rufweite befand, konnte sich nicht mehr bewegen…
***
Suko wusste, dass er ein Risiko einging, wenn er sich von der Bar entfernte. Er sah aber keine andere Möglichkeit, um das große Chaos und noch mehr Tote zu verhindern.
So schnell es ging, schlug er einen großen Halbbogen. Er musste in die Nähe der Zombie-Killerin gelangen. Geduckt lief er an zwei Leibwächtern vorbei, die zu Salzsäulen erstarrt waren und ihn zum Glück nicht aufhielten.
Er hörte was Klara sagte, und so wurde ihm bewusst, was die Zombie-Killerin vorhatte.
Er blieb cool. Das war seine besondere Eigenschaft. Auch in der Hektik und im Stress nicht den Überblick verlieren, um dann umso überraschender zuzuschlagen.
Viel Zeit war nicht vergangen, als Suko sein erstes Ziel erreichte. Erhielt an und befand sich mit Klara auf gleicher Höhe. Nur leicht schräg hinter ihr, sodass sie ihn nicht sah.
Er sah sie.
Und er sah auch John zusammen mit dem Albaner. Sie hatten die drei Stufen hinter sich gelassen und befanden sich in der Mulde, die zu ihrem Grab werden sollte.
Er wartete noch einen Augenblick, bevor er das alles entscheidende Wort rief, als er den Stab des Buddha berührt hatte. Dessen Magie hatte ihm schon in vielen Situationen geholfen, doch er war immer aufs Neue überrascht, wie sie funktionierte. Auch hier.
Da bewegte sich niemand mehr, und das schloss Klara Wellmann ein.
Sie stand in seiner Sichtweite wie eine Statue.
Das galt für alle in
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