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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihn!“
    Halefs Hand fuhr an den Griff seiner Peitsche. Ich mußte mir Mühe geben, nicht laut aufzulachen.
    „Jetzt kommt das zweite Verbrechen“, verkündete der Beamte.
    „Mawunadschi tritt vor und erzähle!“
    Der Fährmann gehorchte dieser Aufforderung. Er hatte jedenfalls mehr Angst als ich. Aber ehe er seinen Bericht beginnen konnte, wendete ich mich in sehr höflichem Ton an den Kodscha Bascha:
    „Willst du vielleicht die Gnade haben, dich einmal zu erheben?“
    Er stand ahnungslos von seinem Stuhl auf. Ich schob ihn zur Seite und setzte mich nieder.
    „Ich danke dir“, sagte ich. „Es ziemt dem Niedrigen, dem Hohen Ehrerbietung zu erweisen. Du hast ganz recht getan.“
    Jammerschade, daß es unmöglich ist, sein Gesicht zu beschreiben. Der Kopf geriet in ein gefährliches Pendeln. Er wollte reden, brachte aber vor Entsetzen kein Wort hervor. Darum streckte er, um wenigstens durch die Pantomime seine Entrüstung auszudrücken, die dürren Arme aus und schlug die Hände über dem wackelnden Kopf zusammen.
    Kein Mensch sagte ein Wort. Kein Kawaß rührte sich. Man wartete auf den Zornesausbruch des Gebieters. Dieser fand glücklicherweise die Sprache wieder. Er brach in eine Reihe unbeschreiblicher Interjektionen aus und schrie mich dann an:
    „Was fällt dir ein! Wie kannst du eine solche Unverschämtheit begehen und – – –“
    „Hadschi Halef Omar!“ unterbrach ich ihn laut. „Nimm deine Peitsche. Denjenigen, welcher noch ein einziges unhöfliches Wort zu mir sagt, beschenkst du mit Hieben, bis ihm die Haut zerplatzt; mag er sein, wer er will!“
    Der kleine Hadschi hatte sofort die Peitsche in der Hand.
    „Emir, ich gehorche“, sagte er entschlossen. „Gib mir nur einen Wink.“
    Es fehlte leider die Beleuchtung, sonst hätte man erstaunte Gesichter sehen können. Der Kodscha Bascha wußte offenbar gar nicht, wie er sich verhalten sollte. Da flüsterte ihm der Mübarek einige Worte zu, worauf er den Kawassen befahl:
    „Nehmt ihn gefangen! Schafft ihn in den Keller!“
    Er deutete auf mich.
    Die Polizisten traten herbei, mit blanken Säbeln in den Händen.
    „Zurück!“ rief ich ihnen zu. „Wer mich anrührt, den schieße ich nieder!“
    Ich hielt ihnen die beiden Revolver entgegen, und im nächsten Augenblick sah ich keinen einzigen Kawassen mehr. Sie hatten sich in das Publikum verloren.
    „Was erregt deinen Zorn?“ fragte ich den Kodscha. „Warum stehst du? Warum setzt du dich nicht? Laß den Mübarek aufstehen und setze dich an seinen Platz.“
    Jetzt ging ein Gemurmel durch die Menge. Daß ich den Kodscha beleidigen konnte, hatte ihnen noch im Bereich der Möglichkeit gelegen; aber daß ich nun auch den Heiligen angriff, das war denn doch zu viel gewagt. Man begann zu murren.
    Das gab dem Kodscha eine bedeutende Energie. Er rief mir zornig zu:
    „Mensch, sei du, wer du willst, aber für eine solche Frechheit werde ich dich auf das allerstrengste bestrafen. Der Mübarek ist ein Heiliger, ein Liebling Allahs, ein Wundertäter. Wenn er will, kann er Feuer vom Himmel auf dich fallen lassen!“
    „Schweig', Kodscha Bascha! Wenn du reden willst, so halte eine klügere Rede. Der Mübarek ist weder ein Heiliger noch ein Wundertäter. Er ist vielmehr ein Verbrecher, ein Schwindler und Bösewicht!“
    Da wurden im Publikum drohende Stimmen laut. Noch lauter aber wurde die Stimme des Mübarek selbst. Er hatte sich erhoben, streckte die Hand gegen mich aus und rief:
    „Er ist ein Giaur, ein ungläubiger Hund. Ich verfluche ihn. Möge sich die Hölle unter ihm öffnen und die Verdammnis ihn verschlingen. Die bösen Geister werden –“
    Weiter kam er nicht. Mein kleiner Hadschi hatte ausgeholt und ihm mit der Peitsche einen solchen Jagdhieb versetzt, daß der alte Sünder sich unterbrach und einen gewaltigen Luftsprung machte.
    Das war ein gewaltiges Wagnis, wie sich sogleich zeigte. Nach einem Augenblick drohender Stille schallten von allen Seiten Schreie des Zornes im Publikum. Die Hinteren drängten nach vorn. Die Sache konnte verhängnisvoll werden. Da trat ich schnell an die Seite des Mübarek und rief so laut ich konnte:
    „Rahat, süküt – Ruhe, seid still! Ich werde euch beweisen, daß ich recht habe. Halef hole die Flamme her! – – – Sehet her, ihr Leute, wer der Mübarek ist, und wie er euch täuscht! Seht ihr diese Krücken?“
    Ich nahm den Schurken mit der rechten Hand beim Genick und preßte ihm den dünnen Hals zusammen. Mit der Linken riß ich ihm den

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