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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eure Leute sehen wollen, welche Zeit es ist, so starren sie die Kirchtürme an; wenn aber ein Priester verlangt, daß ihr nach Allahs Willen leben sollt, so wird er Pfaff geschimpft. Wenn einer bei euch den Schnupfen hat und niest, was doch ein Zeichen der Besserung und Erleichterung ist, so ruft ihr ihm ein Helf Gott! zu; wenn er aber hustet, weil er die Schwindsucht hat, so schweigt ihr, obgleich sie weit gefährlicher als der Schnupfen ist. Eure Kinder werden in der Wiege seekrank geschaukelt, wozu die Mutter Eia poppeia singt; eure Jungfrauen treiben mit dem Schnürleib den Selbstmord als Belustigung. Eure Jünglinge hängen sich Brillen von Fensterglas auf die Nase, und eure Männer studieren statt den Koran das Kartenspiel bei Tag und bei Nacht. Wer bei euch einmal fröhlich sein will, der trägt die Kleider und Betten zum Pfandleiher und springt dann wie ein Unsinniger auf dem Tanzboden herum. Sage mir, ob es in einem solchen Land schön sein kann? Sage mir, ob du dich wirklich sehnen kannst, dort zu sein? Sage es mir aufrichtig, Sihdi!“
    Der kleine brave Hadschi hatte keine gute Vorstellung von dem Leben im Abendland. Aber was sollte ich ihm antworten? Wenn er auch übertrieb und manches wohl falsch verstanden hatte, so konnte ich ihm im ganzen doch nicht unrecht geben.
    „Nun, was sagst du dazu?“ wiederholte er, als ich nicht gleich antwortete.
    „Von dem, was du sagst, ist vieles falsch. Ferner paßt alles auf sämtliche Länder des Westens, auf mein Vaterland aber wohl am wenigsten. Die Bildung bringt vieles mit sich, was eigentlich nicht zu loben ist, und – – –“
    „So danke ich für die Bildung, welche nichts Gutes bringt. Meine Bildung besteht darin, daß ich Allah gehorche, dich, meinen Herrn und Freund liebe und einem jeden Schurken meine Peitsche zeige. Sobald ich die Gegend erreiche, in welcher die Bildung und der Branntwein beginnt kehre ich um.“
    „So würdest du mich also nicht weiter begleiten?“
    „Dich? Hm! Ja, wenn ich bei dir sein könnte und meine Hanneh bei mir hätte, dann würde ich bleiben, mich aber um das andere niemals kümmern. Wie lange Zeit brauchen wir denn noch, bis wir dieses Gebiet erreichten?“
    „Nun, wir hätten, wenn wir durch nichts aufgehalten würden, kaum länger als noch eine Woche zu reiten, bis wir an das Meer gelangen.“
    „Und dann?“
    „Dann kommt die Trennung.“
    „O Sihdi, so schnell?“
    „Leider! Du fährst mit dem Schiff nach Stambul und Ägypten, um von da zum Stamm deiner Hanneh zu gehen, und ich reise nach Norden, nach dem Land, dessen Verhältnisse dir so wenig gefallen, welches du aber lieben würdest, wenn du Gelegenheit gehabt hättest, es kennenzulernen.“
    „So schnell hatte ich es mir nicht gedacht; aber ich denke, daß ich doch einen Trost haben darf.“
    „Welchen?“
    „Daß wir hier nicht so rasch vorwärtskommen werden. Diese vier Burschen, welche da vor uns reiten, werden uns noch viel zu schaffen machen.“
    „Das meine ich auch, zumal noch die Aladschy dazu kommen.“
    „Die Scheckigen? Hast du neues über sie vernommen?“
    Ich erzählte ihm, was ich von dem famosen Staatsanwalt gehört hatte, und erwähnte auch, daß ihn nun der abergläubische Mann für kugelfest halte.
    „Sihdi“, sagte Halef, „das kann mir sehr gefährlich werden!“
    „O nein.“
    „Gewiß! Wie nun, wenn mir dieser Mensch zur Probe eine Kugel in den Kopf jagt?“
    „Das wird er unterlassen, denn er hat Angst vor deinem Messer.“
    „Das ist wahr. Übrigens sind wir nicht lange mehr hier, und ich werde mich in acht nehmen; aber Spaß würde es mir doch machen, wenn wir ihn täuschen könnten.“
    „Ich habe auch schon daran gedacht. Es könnte das für uns von großem Vorteil sein.“
    „Meinst du?“
    „Ja. Unsere Feinde lassen gewiß aufpassen, und da hätten wir freilich wohl Nutzen davon, wenn wenigstens einer oder zwei von uns für kugelfest gälten.“
    „Ist das nicht zu machen, Effendi?“
    Der gute Hadschi war von diesem Gedanken so elektrisiert, daß er sich in seinem Bett aufsetzte.
    „Hm! Vielleicht“, erwiderte ich.
    „Sage nicht: vielleicht! Ich kenne dich. Wenn du in diesem Ton redest, so hast du stets schon einen bestimmten Gedanken oder Entschluß gefaßt. Gibt es nicht ein Taschenspielerstück, welches hier anzuwenden wäre?“
    „Mehrere sogar.“
    „Sage sie mir!“
    „Man könnte das Gewehr mit einer dazu gefertigten Patrone laden; aber das taugt nichts, denn es erregt

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