Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
komme gewiß!“
    „Du bist ein Mensch und kannst dich irren. Es kann dir etwas zustoßen, infolgedessen du unserer Hilfe bedarfst.“
    „So reitest du zurück, du allein, am nächsten Tag, aber nicht vor dem Mittag und nicht auf dem Rappen. Dieser bleibt im Khan bei Omar und Osco zurück. Ihn will ich keiner Gefahr aussetzen. Auf diesem Rückweg wirst du schon Zeichen von mir finden. Das ist es, was wir vorher besprechen mußten. Etwas weiteres läßt sich heute nicht sagen. Und nun wollen wir unser Gespräch beenden. Wir bedürfen der Ruhe und wollen versuchen, ob der Schlaf uns erquicken mag.“
    „Bei mir kehrt der Schlaf nicht ein; das Kugelkunststück und der Rappe lassen mir keine Ruhe. Gute Nacht, Sihdi!“
    „Gute Nacht!“
    Ich glaubte es dem lieben Kerl sehr gern, daß er sich in einer bedeutenden Aufregung befand. Es gab drei Geschöpfe, welchen sein Herz gehörte. Daß ich da voran stand, das wußte ich. Dann kam Hanneh, die ‚Zierde der Frauen und Mädchen‘, und hernach Rih, der Rappe. Daß er diesen reiten sollte, das war ein über alle Maßen außerordentliches Ereignis. Ich war überzeugt, daß er nicht schlafen würde.
    Und so geschah es auch. Ich selbst war ziemlich aufgeregt und fand keine wirkliche Ruhe. Wenn die gute Nebatja nicht auf den Berg gegangen wäre, um ihre Marienkreuzdistel zu holen, so hätte sie das Gespräch nicht belauschen und mich auch nicht warnen können. In diesem Fall hätte mir morgen der sichere Tod bevorgestanden. Wie nichtig ist doch der Wille des Menschen gegen Gottes Ratschluß! Wenn ich der kühnste, stärkste, klügste und umsichtigste Mensch wäre, ohne Nebatja wär ich verloren.
    Solche Gedanken pflegen die Tür zu öffnen, durch welche man in die Vergangenheit blickt. Wohl dem Menschen, welcher dann erkennt, daß er zwar selbstbestimmend auf sein Schicksal einzuwirken vermag, daß aber doch eine mächtigere Hand ihn immer hält und leitet, selbst dann, wenn er diese Hand von sich zu stoßen vermeint! So lag ich, abwechselnd sinnend und halb träumend, bis ich endlich doch in Schlummer fiel.

ZWEITES KAPITEL
    Die beiden Aladschy
    Als ich aus dem Schlafe erwachte und den Laden aufstieß, drang das helle Tageslicht zu mir herein. Meine Uhr sagte mir, daß ich dreieinhalb Stunden geschlafen hatte. Halef war schon aufgestanden. Ich fand ihn unten in dem Stall; er putzte an dem Rappen herum, und zwar mit einem solchen Eifer, daß er meinen Eintritt gar nicht bemerkte. Als er mich dann doch erblickte, fragte er:
    „Du auch schon auf? Im Hause schläft noch alles. Aber es ist gut, daß du schon munter bist, denn du hast sehr notwendige Besorgungen vor.“
    „So? Was denn?“ erkundigte ich mich, obgleich ich sehr wohl wußte, was er meinte.
    „Du mußt in die Apotheke gehen.“
    „Das hat noch Zeit.“
    „Nein, Sihdi. Es dauert sehr lange, bis man solche Kugeln fertigbringt.“
    „Woher weißt denn du das?“
    „Ich bin nicht so dumm, daß ich es mir nicht denken könnte, Sihdi.“
    „Nun, recht magst du haben, zumal ich mir auch noch die Blätter zu kochen habe; aber ich weiß ja nicht, wo die Apotheke ist, und in der ganzen Stadt wird noch niemand auf den Beinen sein, um mir das Haus zu zeigen.“
    „So ein Spuren- und Fährtensucher wird doch wohl auch eine Apotheke finden können!“
    „Ich will es versuchen.“
    Hierauf öffnete ich das Tor und trat hinaus auf den freien Platz. Ich sagte mir, daß die Apotheke nicht in irgend einem Gassenwinkel, sondern möglichst leicht zu erreichen und in der Mitte des Ortes liegen möge, und da befand ich mich ja.
    Indem ich von Haus zu Haus blickte, bemerkte ich ein sehr altes, baufälliges Ding, das wohl ein Haus sein sollte. Nur noch an zwei wahrscheinlich auch bereits lockeren Nägeln hing ein langes Brett windschief herab, dessen Inschrift glücklicherweise noch deutlich zu lesen war.
    „Hadsch Omrak Doktor hakemi we bazar bahari.“
    So stand mit weißer Schrift auf grünem Grund zu lesen. Auf deutsch: ‚Der Mekkapilger Omrak, Doktor der Medizin und Verkaufsladen von Arzneiwaren‘. Dieser Hadschi war also ein Arzt, welcher entweder den Doktortitel wirklich besaß oder sich ihn anmaßte.
    Die Tür war verschlossen, aber ein kräftiger Stoß mit der Hand hätte mir sofort Eingang verschafft. Eine Klingel war nicht zu sehen, doch hingen an den beiden Enden eines Strickes zwei Holzdeckel grad so hoch, daß sie von einem erwachsenen Menschen erreicht werden konnten. In der Ahnung, daß dies die Hausglocke

Weitere Kostenlose Bücher