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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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‚Brücke des Todes‘ gehen muß?“
    „Ganz gewiß.“
    „Ich aber zweifle daran.“
    „Sei unbesorgt. Ein Mohammedaner würde sich freilich an den Nachkommen des Propheten versündigen, wenn er deren Abzeichen trüge; ein Christ aber hat diese Regel denn doch nicht zu beobachten. Die Anhänger der Bibel dürfen sich kleiden, wie es ihnen beliebt.“
    „So habt ihr es weit besser und bequemer, als wir. Aber einen Fehler begehe ich dennoch. Wenn du selbst dir das Tuch umlegtest, so würde es dein Gewissen nicht beschweren. Da ich es aber tue, ich, ein gläubiger Sohn des Propheten, so werde ich wohl strafbar sein.“
    „Habe keine Sorge! Ich will diese Sünde gern auf mein Gewissen nehmen.“
    „Und an meiner Stelle in der Hölle braten?“
    „Ja.“
    „O Sihdi, das gebe ich nicht zu; da habe ich dich doch zu lieb. Lieber brate ich selbst, denn ich glaube, ich halte es besser aus als du.“
    „Traust du dir mehr Kraft zu, als mir?“
    „Nein, aber ich bin doch viel kleiner, als du. Vielleicht finde ich eine Stelle, wo ich mich unter und zwischen den Flammen niederstrecken kann, so daß sie mir nicht weh tun.“
    Der Schalk meinte es mit seinem Bedenken gar nicht so ernst. Ich wußte doch, daß er schon längst im Herzen ein Christ geworden war.
    Um die Verwandlung zu vollenden, setzte ich nun die Brille auf und schlang die Reitdecke um meine Schultern, ungefähr so, wie ein Mexikaner seine Sarape trägt.
    „Müdschüzat allahi – Wunder Gottes!“ rief Halef aus. „Sihdi, du bist ganz und gar ein anderer geworden!“
    „Wirklich?“
    „Ja. Ich weiß nicht, ob ich dich erkennen würde, wenn du so an mir vorüber reitest. Nur an deiner Haltung würde ich es sehen, daß du es bist.“
    „O, die wird auch eine andere. Aber das habe ich gar nicht nötig. Die Aladschy haben mich ja noch niemals gesehen. Sie kennen mich nur aus der Beschreibung, und es ist also sehr leicht, sie irre zu machen.“
    „Aber der Bote kennt dich!“
    „Den treffe ich vielleicht nicht.“
    „Ich denke, der wird bei ihnen sein.“
    „Schwerlich. Sie wollen uns zwischen hier und Radowitsch auflauern; er aber hatte seine Esel bepackt und will die Waren dort abliefern. Er beabsichtigte also, nach Radowitsch zu reiten. Es ist daher anzunehmen, daß er sie unterwegs benachrichtigt und dann weiter reitet.“
    „Und glaubst du wirklich, ganz allein mit ihnen zurechtkommen zu können?“
    „Ja, gewiß.“
    „Die Scheckigen sind aber berüchtigt; vielleicht wäre es besser, wenn ich dich begleiten würde. Ich bin ja dein Freund und Beschützer.“
    „Jetzt hast du Osco und Omar zu beschützen. Die beiden vertraue ich dir an.“
    Das tröstete ihn und erhob sein Selbstgefühl. Darum antwortete er schnell:
    „Da hast du vollkommen recht, Sihdi. Was wären die beiden ohne mich, deinen tapfern Hadschi Halef Omar? Nichts, gar nichts! Übrigens habe ich den Rih, dem ich meine ganze Seele widmen muß. Mir ist sehr viel anvertraut.“
    „So mache dich dieses Vertrauens auch würdig. Weißt du noch alles, was wir besprochen haben?“
    „Alles. Mein Gedächtnis ist wie der Rachen eines Löwen, dessen Zähne alles festhalten, was sie einmal gepackt haben.“ –
    „So wollen wir jetzt scheiden. Lebe wohl! Mache keinen Fehler!“
    „Sihdi, kränke meine Seele nicht mit dieser Ermahnung. Ich bin ein Mann, ein Held; ich weiß, was ich zu tun habe.“
    Er warf den nun nicht mehr zu brauchenden Topf zwischen die Sträucher, schwang sich meine langen Stiefel auf die Achsel und schritt nach der Stadt zurück. Ich aber ritt nach Nordwest, einer gefährlichen und vielleicht verhängnisvollen Zusammenkunft entgegen.
    Zunächst hatte ich freilich keine Veranlassung, eine Gefahr zu befürchten. Hätten die Aladschy mich gekannt und erblickt, so wäre an einen heimtückischen Überfall, an eine Kugel aus dem Hinterhalt zu denken gewesen. So aber hatte ich im schlimmsten Fall einen offenen räuberischen Angriff zu erwarten, wie jeder andere Reisende auch. Und dazu bot meine jetzige Erscheinung eben nicht viel Verlockendes.
    Ich sah aus wie ein armer direkter Nachkomme Mohammeds, bei dem gar nicht viel zu holen war, und wenn ich auch meine Gewehre zurückgelassen hatte, so trug ich doch die beiden Revolver in der Tasche, und diese genügten vollständig, auch noch mehr als nur zwei Angreifer unschädlich zu machen. Dieselben sahen nur mein Messer und mußten annehmen, daß ich sonst unbewaffnet sei. Das hätte sie jedenfalls zu einer Sorglosigkeit

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