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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sie zurück erhielt, sagte ich so laut, daß alle es hören konnten:
    „Jetzt lade sie abermals in den Lauf und ziele nach dem Brett.“
    Er tat es und schoß. Die Kugel schlug natürlich ein Loch in das Brett.
    „Siehst du, ein solches Loch hätte ich nun in der Brust, wenn ich nicht kugelfest wäre. Jetzt magst du ganz nach Belieben auch auf meine drei Gefährten schießen.“
    Daß die Kugel beim zweiten Male die gewöhnliche Wirkung hatte, obgleich ich vorher nicht getroffen worden war, ja sie aufgefangen hatte, das brachte die schlichten Leute in ungeheure Aufregung. Sie kamen herbei, um meine Hand zu betrachten, und konnten nicht genug Worte finden, ihr Erstaunen darüber auszudrücken, daß auch nicht die mindeste Spur einer Beschädigung an derselben zu sehen war.
    „Allah onun ile – Allah ist mit ihm!“ hörte ich einen sagen.
    „Scheïtan sahibi – er hat den Teufel!“ entgegnete ein anderer.
    „Wie kann der Teufel ihm beistehen, da er den Koran verspeist? Nein, Allah ist groß!“
    Es wurden die verschiedensten Meinungen ausgetauscht, indessen ich dem Schützen drei andere Kugeln gab und Halef, Osco und Omar an den Schuppen postierte.
    Vielleicht hatte diese drei vorher dem Experiment doch nicht getraut. Nachdem dasselbe mir aber nichts geschadet hatte, waren sie ohne Furcht bereit, auf sich schießen zu lassen. Nur die Finte mit dem Auffangen der Kugel mußten sie selbstverständlich unterlassen, da dieselbe ihnen wohl kaum gelungen wäre. Das wollte ich lieber selbst besorgen. Ich stellte mich also neben sie hin und griff beim Losdrücken in die Luft, um dann allemal eine Bleikugel zurückzugeben, mit welcher hierauf die Probe gemacht wurde, daß sie durch das Brett schlage.
    Als auch die drei Gefährten ihre Kugelfestigkeit bewiesen hatten, erhob sich ein Beifallssturm, der gar nicht zu beschreiben ist. Die Leute drängten sich an uns heran, um uns zu betasten, zu betrachten, zu befragen. Es hätte mehrere Tage bedurft, um alle die Erkundigungen zu beantworten, welche an uns gerichtet wurden. Um dem Andrang zu entgehen, retirierten wir uns in die Stube.
    Von dort aus betrachtete ich Toma, den Botenmann. Er hatte seinen Unglauben vollständig aufgegeben, das merkte ich an seinen heftigen, begeisterten Gebärden, mit welchen er jenen Personen, die ferner gestanden hatten, den Vorgang anschaulich zu machen suchte. Ich winkte meinen Hadschi zu mir, zeigte ihm den Boten und sagte:
    „Laß ihn nicht aus dem Auge. Und wenn er geht, so folge ihm unbemerkt nach, um ihn zu beobachten.“
    „Warum, Sihdi?“
    „Ich habe ihn im Verdacht, von den Aladschy beauftragt worden zu sein, uns zu belauern.“
    „Ah! Darum also zogst du das eine Auge zusammen, als du ihn betrachtet hast. Ich habe sogleich gedacht, daß du ihm nicht traust. Aber was kann er uns schaden?“
    „Er wird den beiden Skipetaren melden, daß wir zur Mittagszeit von hier abreisen.“
    „Er sagte doch, daß er nicht reitet.“
    „Er hat gelogen, verlaß dich darauf. Wenn er jetzt heimkehrt, so gehst du zur Stadt hinaus und versteckst dich irgendwo an der Straße, welche nach Radowitsch führt. Wenn er vorüber ist, meldest du es mir.“
    „Und wenn er nicht kommt?“
    „Nun, so kehrst du nach ungefähr zwei Stunden zurück. Es ist anzunehmen, daß er dann nicht reiten wird.“
    Nun erkundigte ich mich nach einem Frisier- und Barbierladen und begab mich dorthin, um mir Haar und Bart stutzen zu lassen. Der Besitzer des Ladens hatte unser Wunder auch gesehen. Im Orient bilden die Stuben der Barbiere einen beliebten Versammlungsort für alle Neuigkeitskrämer; daher war ich gar nicht überrascht, als ich die Stube voll von Menschen fand.
    Diese guten Leute lauerten auf jede meiner Bewegungen und verhielten sich, so lange der Barbier an mir herumschnitt, tief schweigend.
    Einer von ihnen, welcher hinter mir saß, langte immer vor, um die Haarspitzen zu erwischen, welche herunterfielen, bis der Barbier, nachdem seine grimmigen Blicke nichts gefruchtet hatten, ihm einen leidlich kräftigen Fußtritt versetzte und ausrief:
    „Dieb! Was hier herabfällt, ist mein Eigentum. Bestiehl mich nicht!“
    Auf dem Rückweg trat ich in den Laden eines Strumpfwarenhändlers und auch eines Brillenhändlers. Bei dem ersteren kaufte ich ein Paar lange Strümpfe, welche bis zum Oberschenkel hinaufreichten, und beim letzteren eine Brille mit blauen Schutzgläsern.
    In einem dritten Laden erwarb ich mir ein grünes Turbantuch, wie nur die Abkömmlinge des

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