16 Uhr 50 ab Paddington
ist er› geschrien. Dabei hatte ich das Gesicht des Mannes nie gesehen, weißt du, und –»
«Ich hatte schreckliche Angst, dass du das sagen würdest, Elspeth», sagte Miss Marple.
«Das wollte ich auch», sagte Mrs. McGillicuddy. «Ich wollte sagen, dass ich sein Gesicht natürlich nicht gesehen hatte.»
«Das wäre ein verhängnisvoller Fehler gewesen», sagte Miss Marple. «Schau mal, Liebes, er glaubte, du hättest ihn erkannt. Denn er konnte schließlich nicht wissen, dass du sein Gesicht nicht gesehen hast.»
«Welch ein Glück, dass ich den Mund gehalten habe», sagte Mrs. McGillicuddy.
«Ich hätte dich sofort unterbrochen», sagte Miss Marple.
Craddock musste plötzlich lachen. «Sie sind mir schon so zwei!», sagte er. «Ein herrliches Paar! Und jetzt, Miss Marple? Geht die Geschichte gut aus? Was wird beispielsweise aus der armen Emma Crackenthorpe?»
«Über den Doktor wird sie hinwegkommen», sagte Miss Marple, «und ich könnte mir denken, wenn ihr Vater einmal stirbt – und ich halte ihn für weniger robust als er selbst –, dann wird sie wie Geraldine Webb eine Kreuzfahrt machen oder ins Ausland reisen, und daraus könnte sich nur zu gut etwas entwickeln. Hoffentlich ein netterer Mann als Dr. Quimper.»
«Und was ist mit Lucy Eyelesbarrow? Hören Sie auch bei ihr schon die Hochzeitsglocken?»
«Vielleicht», sagte Miss Marple. «Es sollte mich nicht wundern.»
«Für welchen wird sie sich wohl entscheiden?», fragte Dermot Craddock.
«Können Sie sich das nicht denken?», fragte Miss Marple.
«Nein», sagte Craddock. «Sie etwa?»
«Aber ja», sagte Miss Marple.
Und sie zwinkerte ihm zu.
Über dieses Buch
Im November 1957, rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft, erschien Agatha Christies berühmter Roman 4.50 From Paddington. Ursprünglich hatte sie den Roman 4.54 From Paddington genannt – mit diesem Titel wurde der Roman in den USA veröffentlicht. Lösung des Rätsels: Ein befreundeter Archäologe riet ihr, als Abfahrtszeit von Paddington 4.50 zu wählen, da kein tatsächlich verkehrender Zug zu dieser Zeit den Bahnhof Paddington verließ. Agatha Christie nahm die Anregung auf, die Änderung erreichte aber den amerikanischen Verlag nicht mehr rechtzeitig vor Drucklegung. So ist es für die US-Ausgaben – bis heute! – bei 4.54 From Paddington geblieben. Die deutsche Ausgabe des Romans erschien als «16 Uhr 50 ab Paddington» im Jahr 1960 beim Scherz Verlag.
Der Roman ist ein interessanter Fall für die schrullige Meisterdetektivin Miss Marple aus St. Mary Mead, die jedoch bereits das gesegnete Alter von 89 Jahren erreicht hatte. Agatha Christie stellte ihr deshalb bei der Aufklärung des mysteriösen Verbrechens die junge Lucy Eyelesbarrow zur Seite. Von dieser neuen Partnerschaft waren die meisten Kritiker im Übrigen sehr angetan.
1962 verfilmte MGM den Stoff mit Margaret Rutherford. Der Film war an den Kinokassen ein Erfolg, nicht aber in den Augen der Autorin, die sich mit der sehr freien Bearbeitung ihrer Vorlage nicht anfreunden konnte. Auch die Wahl der Hauptdarstellerin gefiel ihr nicht. Margaret Rutherford entsprach so gar nicht ihrer Vorstellung der zierlichen, zerbrechlichen Miss Marple.
Eine weitere Verfilmung, diesmal mit Joan Hickson, produzierte die BBC 1988. Der Drehbuchautor T. R. Bowen hielt sich dabei sehr an die literarische Vorlage. Agatha Christie hätte an dieser Adaption mit der von ihr sehr geschätzten Joan Hickson sicherlich ihre Freude gehabt.
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