GK370 - Das Mumien-Heer
»Was immer geschehen mag, ich laufe nicht weg!« sagte Jim Dickinson grimmig.
Er war ein großer weißhaariger Mann mit entschlossenem Blick und energischem Kinn. Seine Haltung war kerzengerade, obwohl er bereits siebzig war.
»Sie sind ein außergewöhnlich mutiger Mann«, sagte Datu, ein Neger mit pechschwarzer Haut.
Dickinson schüttelte den Kopf. »Du irrst dich, Datu. Ich fühle mich bloß zu alt zum Weglaufen. Folglich werde ich hierbleiben und mich mit der Waffe in der Hand verteidigen.« Dickinson rümpfte die Nase. »Weit habe, ich es gebracht. Ich, Jim Dickinson, ein Mann des Friedens, bin gezwungen, zu kämpfen.« Er machte eine Handbewegung, die die nähere Umgebung einschloß. »Was du hier siehst, Datu, habe ich selbst aufgebaut. Mein Herzblut hängt daran. Im Schweiße meines Angesichts habe ich dem Urwald diesen Platz abgerungen. Es war ein hartes Stück Arbeit, diese Mission zu errichten. Sie ist mein Lebenswerk, und ich bin stolz darauf. Denkst du, ein alter Mann wie ich kann das alles einfach zurücklassen? Wie viele Jahre sind mir noch auf dieser Welt gegönnt? Der Herr im Himmel allein weiß es. Es werden aber bestimmt nicht genug Jahre sein, um hier noch einmal von vorn anzufangen. Verstehst du jetzt meine Beweggründe, weshalb ich von hier nicht wegzubringen bin?«
Datu nickte ernst. »Ja, ich verstehe.«
»Dir steht es natürlich frei, zu gehen«, sagte der Missionar.
Datu blickte ihn beinahe erschrocken an. »Das kommt nicht in Frage. Mein Platz ist an Ihrer Seite.«
Jim Dickinson legte dem Schwarzen seine Hand auf die Schulter. »Bist ein guter Junge, Datu. Der beste Freund, den ich habe.«
Die Dämmerung hatte eingesetzt. Aus dem Dschungel wurde allmählich eine graue, undurchdringliche Wand.
»Gibt es denn keine Möglichkeit, mit ihnen fertigzuwerden?« fragte Datu.
»Bestimmt ist auch gegen sie ein Kraut gewachsen«, erwiderte der Missionar. »Aber wer kennt es?«
Die Mission bestand aus drei Blockhäusern. Das eine diente als Krankenstation, das andere als Behelfsschule und das dritte als Kirche, unter deren Dach sich auch die Unterkünfte der Männer befanden, die hier tätig waren.
Seit kurzem lastete ein Alpdruck auf der Mission. Die Sorgen, die Jim Dickinson hatte, versuchte er für sich zu behalten, denn es wäre unvernünftig gewesen, den Menschen, die mit ihm zusammenlebten, Angst zu machen.
Einige von ihnen ahnten zwar, daß Gefahr im Anzug war, aber niemand sprach offen darüber.
Datu hatte früher den Abend geliebt. Er hatte dann immer auf sein Tagewerk zurückgeblickt und war mit sich zufrieden gewesen.
Doch nun war das anders geworden. Wenn die Nacht anbrach, stellte sich die Furcht ein, und niemand konnte Datu garantieren, daß er den nächsten Morgen erleben würde.
Unheimliche Geschehnisse hatten ihren Lauf genommen. Die Dschungelmission befand sich in einem Gefahrenbereich, in dem es nach Tod und Vernichtung roch.
Grausame Wesen machten den Dschungel unsicher. Der Teufel mußte sie geschaffen haben, und sie fielen über die Menschen mit einer Brutalität her, die einen erschauern ließ, wenn man nur davon hörte.
Zwei Missionen waren in der jüngsten Vergangenheit von diesen Höllenbestien überfallen und dem Erdboden gleichgemacht worden, und nun stellten sich die Menschen in den anderen Missionen die berechtigte Frage: Werden wir die nächsten sein?
Jim Dickinson betete jeden Tag in seiner Holzkirche, der Herr möge seiner Mission ein so schreckliches Schicksal ersparen, aber tief in seinem Inneren nagte ein furchtbarer Zweifel.
Er wurde das Gefühl nicht los, daß sein Gebet nicht erhört wurde. Sein sechster Sinn sagte ihm, daß die tödliche Gefahr wie ein Damoklesschwert über ihm und seiner Mission hing.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis dieses Schwert herunterfallen würde. Daß es dazu kommen mußte, wurde für Jim Dickinson immer mehr zur Gewißheit.
Die Dämmerung schritt rasch voran.
In den Blockhäusern wurden die elektrischen Lampen eingeschaltet.
Den Strom dafür erzeugte ein Dieselmotoraggregat, das etwas abseits unterirdisch arbeitete.
Um zwanzig Uhr hielt Dickinson einen kurzen Gottesdienst ab. Das Missionspersonal sang zwei Gospelsongs. Anschließend gab es Abendessen. Danach machte der Missionar einen Rundgang durch die Krankenstation. Es waren zur Zeit nur vier Betten belegt. Alles leichtere Fälle. Zum Glück keine Schwerkranken, die man im Ernstfall nicht abtransportieren konnte.
Nach einem kurzen Gespräch mit dem
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