160 - Der untote Kreuzritter
Der Gedanke, daß sie während seiner Abwesenheit - die möglicherweise länger als zwei Jahre betragen konnte - mit einem anderen Mann intim sein könnte, machte ihn rasend. Runhild war eine leidenschaftliche Frau, die die begehrlichen Blicke vieler Männer auf sich zog.
„Nie werde ich nochmals heiraten, wenn du stirbst", hatte sie erst gestern gesagt und ewige Treue geschworen. „Solltest du sterben, dann werde auch ich sterben."
Worte, nichts als Worte. Wie würde sie sich tatsächlich verhalten, sollte er sterben? Diese Frage bewegte ihn schon lange Zeit.
Er hatte unzählige Gerüchte über Baphomet gehört, der angeblich über unglaubliche Fähigkeiten verfügen sollte, für die der christliche Glaube keine Erklärung finden konnte.
Vor sechs Tagen hatte er Baphomet besucht und ihm dabei einige Fragen gestellt.
„Man sagt, daß du die Toten lebendig machen kannst. Stimmt das, Baphomet?"
„Es ist mir gelungen, Tote für kurze Zeit zu erwecken, edler Herr."
„Wenn ich nun sterbe, Baphomet, kannst du mich wieder zum Leben erwecken?"
„Das ist eine schwere Frage, edler Herr. Einen Toten zu erwecken, ist äußerst schwierig. Es ist aber möglich, wenn ich ihn darauf vorbereiten kann, solange er noch lebt."
„Du könntest mich also zum Leben erwecken, wenn du bald deine Vorbereitungen treffen könntest?"
Der Zauberer zögerte mit seiner Antwort. „Ja, es könnte gelingen."
„Was verlangst du für deine Dienste", fragte Heinrich erregt.
Baphomets Augen schienen nun zu glühen. „Ich würde es für Euch ohne Gegenleistung tun, edler Herr."
„Und weshalb?"
„Es wäre für mich ein interessantes Experiment. Aber ich müßte wissen, weshalb Ihr nach Eurem Tod auferstehen wollt."
„Das hat dich nicht zu interessieren."
„Dann tut es mir leid, edler Herr. Dann kann ich Euch nicht helfen."
Heinrich wandte sich ab und blickte in das hochlodernde Feuer. Dann erzählte er.
Gespannt hatte Baphomet zugehört.
„Nach meinem Tod will sich Runhild nicht wiederverheiraten und auch mit keinem Mann…"
„Das ist ein Versprechen, das sehr schwer einzuhalten ist, edler Herr."
„Sie hat es mir versprochen. Und nur das zählt."
Danach hatten sie sich noch längere Zeit unterhalten, dabei hatte ihm Baphomet alle möglichen Dinge erklärt. Und nun war er entschlossen zurückgekommen.
„Nun, was ist?" fragte der Ritter ungeduldig. „Triffst du nun die Vorbereitungen, daß ich nach meinem Tod wiedererweckt werde?"
„Wenn Ihr es wünscht, dann tue ich es. Aber ich warne Euch! Es ist äußerst gefährlich. Unheimliche Kräfte werden wirksam werden. Vielleicht findet Ihr dann nach Eurem Tod keinen Frieden mehr und müßt als Geist bis ans Ende der Welt herumirren. Überlegt es Euch gut, edler Herr!"
„Ich habe meine Entscheidung bereits getroffen", sagte Heinrich mit fester Stimme. „Triff deine Vorbereitungen!"
„Setzt Euch, Herr!"
Der Ritter ließ sich auf einen kunstvoll geschnitzten Stuhl nieder. Schweigend sah er zu, wie der Zauberer seine Vorbereitungen traf.
Baphomet holte aus einem Schrank ein bauchiges Gefäß und warf ein paar Kräuter und Wurzeln hinein, die er zerstampfte. Dazu fügte er einige Gegenstände, die ihm Heinrich mitgebracht hatte, wie ein paar Haare seiner Gemahlin. Dann schüttete er heißes Wasser hinzu, und eine giftgrüne Rauchwolke stieg aus dem Gefäß auf. Mit einem scharfen Messer schnitt er Heinrich eine Haarlocke ab, die er in eine Tonschale warf. Dazu legte er ein paar Fingernagelstücke, die er mit einem Silberdolch abgetrennt hatte. Die Schale hielt er unter Heinrichs rechten Daumen, in den er mit einer spitzen Nadel stach. Ein paar Blutstropfen quollen heraus und fielen in die Schale.
„Trinkt das, Herr!" befahl er.
Heinrich griff nach dem bauchigen Gefäß, aus dem noch immer stinkende Rauchwolken aufstiegen. Die ölig schimmernde Flüssigkeit roch eklig, doch tapfer trank er die scharfe Flüssigkeit auf einen Zug hinunter.
„Ihr werdet jetzt nach wenigen Minuten einen stechenden Schmerz in Eurem Unterleib verspüren, Herr. Der Schweiß wird Euch ausbrechen, und Ihr werdet für einige Zeit nicht bei Bewußtsein sein." Heinrich nickte grimmig.
Es kam so, wie es der Zauberer vorausgesagt hatte. Er stöhnte gequält auf, als ein rasender Schmerz seinen Leib zu zerreißen schien. Große Schweißtropfen rannen über seine Stirn. Heinrich wollte aufstehen. Da brach er bewußtlos zusammen.
Baphomet blieb vor dem Bewußtlosen stehen und grinste breit. Aus
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