1607 - Totenlied der Diva
hast!«
Es glich einem Kampf zwischen zwei Blicken. Keiner traute dem anderen. Sheila und ich standen uns zum Greifen nahe gegenüber, aber es waren doch zwei andere Dimensionen. Deshalb traute ich mich nicht, vorzugehen und sie zu fassen.
Der GentlemanKiller machte tatsächlich den Anfang. Er ließ Sheila los und gab ihr einen leichten Stoß. Zugleich ging ich vor, und so kam es zu einem Austausch.
Wir überschritten die magische Grenze in verschiedene Richtungen.
Sheila erlebte die Normalität.
Ich hörte hinter mir Bills und Johnnys Schreie und trat selbst hinein in diese magische Zone.
Dabei hatte ich mich darauf eingestellt, gegen Lipton zu kämpfen, doch genau das traf nicht ein.
Welche Kraft mich da erfasste, wusste ich nicht. Es war ein Strudel, der mich fortriss. Ich hörte noch Liptons hartes Lachen, aber auch etwa anderes.
Es war ein ferner Gesang, der klagend meine Ohren erreichte…
***
Bill Conolly hatte es nicht mehr aushalten können. Er stand schon lange wie unter Dampf. Er lief seiner Frau entgegen, und auf der kurzen Strecke erlebte er so etwas wie ein gewaltiges Glücksgefühl.
Er schrie den Namen seiner Frau und fiel ihr dann in die Arme. Er hörte sich selbst reden und wusste nicht, was er sagte. Plötzlich war auch Johnny da, und Sheila fühlte sich von vier Armen umfasst. Sie hörte Stimmen, bekam nicht mit, was sie sagten, denn sie machte noch immer einen benommenen Eindruck.
Einer beteiligte sich nicht an der Wiedersehensfreude. Das war Suko, der seinen Platz nicht verlassen hatte und auch die Conollys nicht ansah, denn er interessierte sich für das, was hinter der Familie geschah.
John Sinclair war verschwunden. Das Licht hatte ihn verschluckt, und für Suko hatte es so ausgesehen, als hätte er sich vor seinen Augen aufgelöst.
Nur Lipton nicht.
Er war noch da, und er blieb auch, denn nichts wies darauf hin, dass er sich ebenfalls zurückziehen wollte. Er stand im Licht, er war geschützt, und er hatte seinen Degen hervorgeholt.
Suko wusste genau, was auf ihn zukam, und er brauchte Platz. Die Conollys waren noch mit ihrer Wiedersehensfreude beschäftigt. Suko wusste, dass sie kaum ansprechbar waren, und deshalb schob er sie einfach in den Flur hinein.
Er war froh, dass keiner protestierte, und wandte sich seinem Gegner zu.
Lord Arthur Lipton, der GentlemanKiller, war kampfbereit. Er hatte seine Waffe nicht losgelassen, und Suko sah die Degenklinge, die recht schmal war. Die Haltung verriet ihm, dass der Adelige nicht daran dachte, sich zurückzuziehen und es darauf ankommen lassen wollte.
Suko sprach ihn an. »Sieht so dein Versprechen aus?«
»Ja.«
»Und weiter?«
»Ich räume auf. Sinclair ist nicht mehr da. Für ihn ist bereits das Totenlied erklungen, und ich bin hier, um euch den Rest zu geben. Dir und den Conollys.«
»Und warum das alles?«
»Er soll und es wird kein Sinclair-Team mehr geben. Das steckt dahinter. Diese Welt wird frei für uns werden, damit wir unsere Zeichen setzen können. Wir, die verdammt sind, die sich aber zusammengefunden haben, um das Neue aufzubauen. Und damit haben wir bereits angefangen.«
»Ja, das sehe ich.«
»Und du bist der Erste!« Es war kein Bluff, denn Lipton bewegte sich vor. Er war noch immer durch den Zeitstrahl geschützt, aber das war Suko egal. Er war es gewohnt, nicht aufzugeben und alles auf eine Karte zu setzen.
Deshalb ging auch er vor. Und das sehr schnell, denn plötzlich stand er dicht vor Lipton. Er hatte dabei die Normalität verlassen und sich hinein in den Zeitstrahl gestellt. Nichts anderes hatte er vorgehabt, und er hatte Lipton damit überrascht.
Suko tat das, was er tun musste, und er hoffte, dass ihn eine bestimmte Magie nicht im Stich ließ.
Ein schneller Griff, und er hatte den Stab berührt, der ihm eine bestimmte Macht verlieh.
Allerdings nur, wenn er durch ein bestimmtes Wort dafür sorgte. Genau das sprach er aus. »Topar!«
***
Schon beim ersten Schritt spürte Godwin den stechenden Schmerz an seiner linken Hüfte. Er war gehandikapt, daran gab es nichts zu rütteln, aber er dachte nicht daran, aufzugeben. Er konnte sich nur nicht so schnell bewegen und war gezwungen, Randolf auf Distanz zu halten.
Einen ersten Erfolg hatte er erreicht. Das Pferd lag am Boden und regte sich nicht mehr. So war seinem Feind ein Großteil der Bewegungsfreiheit genommen worden.
Im Hintergrund hörte er den Gesang der Diva Landru, und er glaubte auch, dass er lauter geworden war. Er wollte sich allerdings
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