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1610 01 - Der letzte Alchimist

1610 01 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 01 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Dariole, Ihr wollt den endgültigen Beweis, wer von uns der Bessere mit dem Schwert ist. Wartet damit, bis wir an die Küste kommen«, sagte ich zu ihm. »Dort werden wir unser letztes Duell ausfechten. Wenn ich gewinne, seid Ihr tot und Euer Schweigen gesichert. Gewinnt Ihr, dann haben weder der Duc de Sully noch die Königin noch etwas von mir zu befürchten. Klingt das fair?«
    Er schaute mich auf eine Art an, die tatsächlich an Ernsthaftigkeit grenzte. Fast instinktiv strich er mit den Fingern über das Heft seines Rapiers. Er nickte knapp.
    Ich ging, um die Stute zu satteln.
    Monsieur Dariole ist noch jung, dachte ich. Zwar muss ich ihm seine Tapferkeit zu Gute halten, aber er ist und bleibt ein Narr.
    Ich streichelte den geschwungenen Hals der andalusischen Stute. Eine ihrer Qualitäten war ihr auf den ersten Blick nicht anzusehen: Ich hatte sie als Jagdpferd ausgebildet, und so hatte sie keinerlei Probleme damit, wenn in unmittelbarer Nähe eine Waffe abgefeuert wurde.
    Ja, wir werden ein Duell austragen, bevor ich nach England segele, dachte ich und blickte zu Monsieur Dariole, der ebenfalls aufsattelte.
    Oder besser gesagt, wir werden an einen abgeschiedenen Ort reiten, und wenn wir absteigen, um die Schwerter zu ziehen, werde ich zwei geladene Pistolen bereit haben. Die werde ich beim Absteigen ziehen und Monsieur Dariole über den Hals der Stute hinweg erschießen.

Rochefort: Memoiren
Sechs
    Wir ritten im Licht des abnehmenden Mondes.
    Mit dem Alter kommt ein gewisser Gleichmut. Wenn es irgendetwas gibt, worin sich ein junger Mann wie Monsieur Dariole und ich voneinander unterscheiden sollten, dann sind es gut zwanzig Jahre an Erfahrung und damit verbunden die Fähigkeit, Wut und Hass erst einmal beiseite zu schieben und stattdessen darüber nachzudenken, was man tun muss.
    Wut, Hass … und Lust.
    Ich bin kein solcher Dummkopf, als dass ich meine eigene Vernarrtheit ignorieren würde, wenn sie mich quält. Aber wie aufdringlich der Schwanz eines Mannes auch sein mag, das heißt nicht, dass er vor ihm kapitulieren muss.
    Das Mondlicht wurde immer schwächer. Meile um Meile zwang mich meine Sorge um Verfolger weiter nach Westen – viel weiter nach Westen, als ich eigentlich reiten wollte. Wir ritten durch die Nacht, machten kehrt, folgten unseren eigenen Spuren wieder zurück und wandten uns dann nach Norden.
    Die Sorge nagte an mir, dass mir noch immer jemand dicht auf den Fersen sein könnte. Am sechsten Tag nach unserem Aufbruch aus Ivry, als der Mond fast gänzlich verschwunden war, versuchte ich, Tag und Nacht durchzureiten. Nur dann und wann legten wir eine kurze Rast ein, um den Pferden ein wenig Ruhe zu gönnen.
    Unser augenscheinlich langsames Tempo ärgerte Dariole. Er trieb den Falben wütend an und war überrascht, dass ich bei Anbruch der Nacht keinen Gasthof mehr aufsuchte. Auf die gleiche langsame Art – zwei Stunden Reiten, zwei Stunden Rast für die Pferde – ging es auch nach Sonnenuntergang weiter und dann die ganze Nacht hindurch, bis am Morgen ein Gewitter losbrach. Wir befanden uns in offenem Sumpfland, und wäre der Weg nicht kalkweiß gewesen, hätten wir in dem dichten Regen unmöglich sehen können, wohin wir unsere Pferde lenkten.
    Dennoch erreichten wir gegen neun Uhr am folgenden Morgen den Küstenhafen.
    Ich rieb mir die Wangen und spürte meine Bartstoppeln selbst durch die Handschuhe hindurch. Ich kann mich auch ohne Gabriel Santon rasieren, doch vergangene Nacht hatte ich keine Gelegenheit gehabt, Wasser zu erhitzen. Meine Augen klebten vor Müdigkeit. Allerdings tröstete mich, dass unsere Verfolger vermutlich schon zwölf Stunden hinter uns lagen.
    Manchmal zahlen sich Mühen aus, dachte ich und schaute mich in einer kleinen Stadt um, weit größer als das Fischerdorf, das ich erwartet hatte. Es gibt immer einen bedeutenden Augenblick.
    Dariole sagte: »Nun gut, Messire … Bringen wir es jetzt zu Ende?«
    Ich war gerade aus der respektabelsten Taverne am Kai gekommen. Ich beschattete meine Augen, um auf das im Morgenlicht funkelnde Meer hinauszublicken. Jetzt war es ruhig, doch im Sturm der vergangenen Nacht war unweit von hier ein Schiff auf Grund gelaufen.
    Die Handelsbrigg St Willibrod aus Hamburg lag in der Bucht vor Anker, den schmalen Bug Richtung Land. Bis zur Flut konnte sie nicht anlegen; erst dann würde sie genügend Wasser unter dem Kiel haben. Ich musste den Falben verkaufen, um die Passage für mich und die Stute zahlen zu können. Außerdem musste ich

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