1610 01 - Der letzte Alchimist
häretischer Priester sein musste.
Hin und her gerissen zwischen Ironie und Hysterie stemmte ich die Fäuste in die Hüfte. »Kennt hier denn jeder meinen Namen? Ja, ich bin Rochefort. Und?«
»Master Fludd ist aufs Land gegangen.«
»Soviel ist offensichtlich, denke ich.« Ich schüttelte den Kopf. Mitten in einer Verschwörung, um den König zu töten … und weg. Mitten in den Proben für ein Theaterstück … und weg. Das Haus verriegelt und verrammelt, alle Pläne abgebrochen … und weg.
»Mein Name ist Edwin Slaughter.«
Ich musste mir ein Lachen verkneifen. Ich konnte mit kaum einen Menschen weniger als Schlachter vorstellen als diesen hier – obwohl er als Priester in letzter Zeit wohl genug mit dem Tod zu tun gehabt hatte.
»Und?«
»Ich habe auf Euch gewartet, Master Rochefort.« Er blickte mich besorgt an. »Master Fludd hat gesagt, Ihr würdet heute Nachmittag zurückkehren. Er hat mir Eure Beschreibung gegeben: ›ein spanisch aussehender Mann, gut über zwei Schritt groß‹ … Verzeiht mir, Master. Er war dringend darauf bedacht, dass Ihr diesen Brief bekommen sollt.«
Er hat also gesagt, dass ich heute Nachmittag zurückkehren würde. Ist das jetzt eine von Fludds ›Berechnungen‹ oder eine seiner Lügen?
Der Priester räusperte sich höflich. Ich nahm das zusammengefaltete Stück Papier von ihm entgegen, und das Wachssiegel brach in meiner Hand.
Das Datum darauf besagte, dass der Brief einen Tag nach meinem Aufbruch aus London geschrieben worden war, am 26. Mai nach altem Kalender, am 5. Juni nach dem neuem. Er war jetzt eine Woche alt.
Ich las:
»Monsieur …
Ihr wisst, was wir tun müssen. Fahrt fort, es zu tun. Ich werde gelegentlich durch einen Boten mit Euch kommunizieren. Es ist sinnlos, einen von ihnen zu befragen.
Da ich weiß, dass nichts von alledem Eurem eigenen Wunsch entspringt, bedarf es nur weniger Berechnungen, um zu sehen, dass Ihr versuchen werdet, mich bei unserem nächsten Treffen zu töten.
Deshalb habe ich einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Wir werden uns erst wiedersehen, wenn dieses Unternehmen erfolgreich zum Abschluss gebracht worden ist.
Um Euch zu helfen, Monsieur, möchte ich Euch überdies mitteilen, dass ich Mademoiselle Dariole de la Roncière mitgenommen habe, um Eure Kooperation zu garantieren.
Ich flehe Euch an, sie nicht leiden zu lassen. Sie ist bereits verletzt worden, auch wenn das in niemandes Absicht lag. Befolgt die Befehle, die ich Euch schicken werde. Verursacht Ihr keinen weiteren Schmerz.«
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