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1610 01 - Der letzte Alchimist

1610 01 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 01 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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mir das Gesicht, machte mich zurecht und sagte der Wirtin, dass ich mich auf die Suche nach einem Schwertschmied machen würde, der mir die Scheide reparieren konnte.
    Ich bezahlte meine Rechnung und marschierte in Richtung Long-Southwark, wobei ich an drei Kirchen protestantischen Glaubens vorüberkam und schließlich an der großen Kathedrale von Southwark. Niemanden schien es zu stören, dass die Kirchhöfe und Knochenhäuser von allen Seiten von Hurenhäusern und anderen zwielichtigen Etablissements umringt waren. Handwerksbetriebe gab es jedoch nur wenige; dafür musste man zur London Bridge gehen.
    Es wäre besser, wenn Monsieur Ravaillac gestehen würde, schloss ich nun, da mein Kopf nach dem wenigen Schlaf wieder ein wenig klarer war. Tatsächlich halte ich das sogar für ausgesprochen wichtig.
    Sie würden den Mann schon bald hinrichten, der den Vater Frankreichs getötet hatte. Aber wenn er gestand, welche Rolle ich dabei gespielt hatte, dann würden ich und der Duc de Sully vor dem Tribunal Zeugnis ablegen müssen – öffentlich. Ravaillac musste mich also verraten. Was er angesichts der Folter, der er ausgesetzt gewesen war, auch ohne Zweifel getan hatte, Prophezeiungen hin oder her …
    Ohne dass ich es wollte, wurde ich plötzlich langsamer.
    Ich starrte vor mich hin und kam dann wieder zu mir.
    Vor mir erhob sich eine Kirche aus grauem Stein mit einer Statue daneben, die mich vermuten ließ, dass sie dem heiligen Boto geweiht war. Daneben warf eine Eiche ihre Schatten, und davor stand ein Mietstall.
    Die Seite mit der Eiche schien nicht ganz so belebt zu sein wie die andere, und es befanden sich Schuppen an der Kirchenwand. Ich vermutete, dass dort Werkzeug zum Ausheben von Gräbern untergebracht wurde.
    Eine weiße Gestalt stand vor dem von mir am weitesten entfernten Schuppen.
    Daneben eine weitere, kleinere Gestalt.
    Schlamm platschte unter meinen Stiefeln, als ich den Friedhof betrat und über das vom Tau nasse Gras zwischen den niedrigen Grabsteinen ging. Die weiße Gestalt – die Gestalt eines Mannes im Nachtgewand oder einem anderen Kleidungsstück aus Leinen – senkte die Hand mit einer mir überaus vertrauten Geste.
    Eine gekrümmte Stahlklinge blitzte auf, hell wie ein Juwel.
    Die zweite Gestalt rieb sich verschlafen die Augen. Zum Schutz vor der morgendlichen Kälte hatte sie sich ein viel zu großes Wams um den Leib geschlungen; ihre Finger ragten kaum aus den Ärmeln heraus.
    Sie – sie beide – waren ganz eindeutig auf einem Friedhof …
    Dem Stroh nach zu urteilen, das im Schuppen zu erkennen war, hatten sie die Nacht hier zwischen den Werkzeugen des Totengräbers verbracht.
    Tanaka Saburo steckte das krumme Schwert wieder weg und wandte sich in erklärendem Tonfall an Dariole. »Roshfu-san, Roshifu desu.«
    Dariole schloss den Mund, den sie zum Gähnen weit aufgerissen hatte, und hob den Blick. Ein Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel, und diese geschwungenen Lippen waren mir inzwischen so vertraut wie mein eigenes Spiegelbild.
    »Messire Rochefort«, sagte sie und runzelte plötzlich die Stirn. »Hey, was ist denn mit Eurem Gesicht passiert?«
    Ich fand meine Stimme kaum. Schließlich gelang es mir dann doch zu sprechen, und meine Stimme klang tatsächlich normal, ja weltmännisch. »Eine weitere Verschwörung zur Ermordung eines Königs.«
    »Eines Königs? Noch eines?«
    Da wir Französisch sprachen, schaute Saburo nur verwirrt drein.
    »Des englischen Königs James.« Ich neigte den Kopf zu einer leichten Verbeugung, wiederholte die Geste für Saburo und wechselte ins Englische.
    »Ich entschuldige mich für meine Abwesenheit. Englische Verschwörer haben sich an mich gewandt, damit ich ihnen helfe, ihren König zu ermorden.«
    Dariole kratzte sich das vom Schlaf zerzauste Haar und gähnte ein zweites Mal ausgiebig; dann schaute sie mich verwundert an. »Den englischen König James töten? Was ist das nur mit Euch und diesen Mordanschlägen, Messire? Ist das so eine Art Berufsrisiko?«
    Ich hätte die Wahrheit nie so offen sagen sollen, auch nicht vor lauter Enthusiasmus, die beiden lebend zu sehen. Paradoxerweise musste ich mich schwer beherrschen, nicht zu lächeln. So gab ich mich mit einem ernsten Nicken zufrieden, während ich mich innerlich unerklärlich freute. »Genau, Mademoiselle. Verschwörungen sind mein Beruf. Nachdem ich König Heinrich von Frankreich ermordet habe, bin ich offenbar ein gefragter Mann.«
    » Merde !«, rief sie.
    Instinktiv trat ich noch in

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