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Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Prolog
    Mit fünf wünschte ich mir, Ponyprinzessin zu werden. Ich wollte tagsüber im Schlüpfer die Taiga von Dortmund-Eving bereiten und abends die Schweife meiner behuften Freunde flechten. Mein Onkel Hubsi, Muttis ältester Bruder, war blond und schütter, trug gern grün und hasste Ponys. Zwei Monate nach meinem sechsten Geburtstag erwarb er eine Schreckschusspistole auf dem Flohmarkt, einen Trommelrevolver mit einem sechsfachen Patronenlagerblock und einem kindsdaumengroßen Abzugshahn. Ich mochte Onkel Hubsi nicht, hatte aber was übrig für seine Knarre. Mit sieben durfte ich den Hahn spannen, mit acht eine Feuerwerkspatrone in die Wolken ballern. Danach begann sich der Traum von der Ponyprinzessin vor meinem inneren Auge aufzulösen. Ponyprinzessinnen brauchten keine Ballermänner. Ich aber wollte unbedingt einen.
    In den Sommerferien vor meinem Schulwechsel feuerte mein Onkel meiner Tante Pelagia eine Signalpatrone zwischen die Schulterblätter und wir bekamen Besuch von der Kripo, zwei jungen Männern mit verdreckten Straßenschuhen und gehalfterten Schießeisen unter den Achseln, die Paps mit einer gereiften Portion Respekt ins Haus komplimentierte. Ich hatte eine vage Erinnerung an ein blondes Kantholz mit dünnen Augenbrauen, dessen Testosteronüberschuss sich vor allem während des Kaffeetrinkens bemerkbar machte: Er hatte keinen Adamsapfel, er hatte eine Adams melone . Der zweite war aus meiner Erinnerung verschwunden. Ich wusste noch, dass er dunkel und schweigsam war, eine formlose Gestalt. Alles andere allerdings blieb mir im Gedächtnis haften: Die Melodie der Stimmen. Die gewetzte Stimmung, die die Luft zäh und trübe machte. Die Knarren.
    Mir gefiel die Superheldennummer. Und von da an wollte ich nur noch Polizistin werden. Eine Kripobeamtin in Zivil, mit einem schicken Wagen und einem eigenen Blaulicht im Handschuhfach sowie einer Respekt einflößenden Wumme mit einem Mordsabzugshahn.
    Tante Pelagia zog nach Herne, Onkel Hubsi kam für sechs Jahre in den Knast. Dann zog auch er nach Herne. Ich bemühte mich in der Zwischenzeit darum, meine Vorstellungen von einer coolen Bullenfrau endlich Wirklichkeit werden zu lassen: Ich achtete auf meine Deutsch- und Mathenoten und hörte auf, die Kleineren beim Schulfußball zu foulen. Es half meiner Sportnote, aber nichtsdestotrotz kam meine Kondition einfach nicht aus dem Quark. Ein Umstand, der auch dem Ausbildungsbeauftragten der Polizei nicht entging: »Selbst meine Mutter läuft schneller als Sie. Und die ist 59. Sie sollten sich schon etwas mehr anstrengen.«
    Im Folgejahr, mit 17, wurde ich zur Eignungsprüfung nicht einmal mehr eingeladen und mein Bestreben, den Pfad einer coolen und agilen Mordermittlerin zu beschreiten, verpuffte wie Eierkohlenstaub im Feuer des Kohleofens.
    Um das Jahr zu retten, vermittelte Paps mir eine Ausbildungsstelle als Sozialversicherungsfachangestellte. Nach einer dreijährigen Lehre folgten 14 Jahre Krankenkasse; acht Jahre davon unter Gudrun Götschenberg, einer wasserstoffblonden Lichtgestalt ohne Hals und mit Kiemen hinter den Ohren. Gudrun konnte reden, ohne zu atmen, und unterbrach Ersteres nur, wenn es unbedingt nötig war. Essen gehörte nicht zu diesen Notwendigkeiten, denn dank ihrer Kiemen konnte Gudrun beides gleichzeitig – essen und reden.
    Mit 30 bekam ich meine erste Midlife-Crisis, was weniger mit dem Geburtstag als vielmehr mit dem Mann zu tun hatte, der zur besten Zeit des Tages, nämlich zur Feierabendzeit, durch die Tür unseres BKK-Großraumbüros schritt. Er war groß, geschoren und hatte eckige Schultern. Charisma tropfte wie Honig von seinen Schultern, in seinen Augen spiegelte sich die Arroganz eines körperlich Überlegenen. Er kam in einem Regenmantel. Aus den Rillen seiner Profilsohlen kreuchte die Dortmunder Schlacke auf den Teppich, was ihm nicht einmal ein Wimpernzucken entlockte. Stattdessen marschierte er querfeldein zum Tisch der Grünen Gundi, durchleuchtete ihre Stirn mit einem argwöhnischen Blick und warf schließlich einen knitterigen Hefter auf die Tischplatte, welchen die Gundi sich mit einem gehauchten »Danke« zwischen die Finger schob. Er verließ, ohne ein einziges Wort gesprochen zu haben, den weiß gespachtelten Quader und im Büro wurde es wieder zwei Grad wärmer.
    »Wer war das denn?«, fragte ich die Gundi, deren blasse Wangen sich schweinchenrosa gefärbt hatten. Die Hautfarbe war drollig, doch sie bekam ihren grünen Augen nicht, die sie mit grüner

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