163 - Der Flaschenteufel
schmiedeeisernen Dreifuß über dem Feuerchen dampfte der Mokka, der aus winzigen Täßchen geschlürft wurde.
„Mögen die glücklichen Tage deines Lebens so zahlreich sein wie die Früchte an den Bäumen des Sultans vom Goldenen Horn", begann der alte Refyik. „Allah sei gepriesen, der meine Sinne erhellte und mich die Wahrheit erkennen ließ über den Mann, dem ich meine geliebte Tochter Ahsali zum Weibe geben wollte. Wohl wird dir nicht entgangen sein, du meiner Wertschätzung versicherter Jüngling, daß am heutigen Morgen eine der Brieftauben einflog, die ich mit diesem nichtsnutzigen Nachkömmling eines Kamels und eines durchlöcherten Wasserschlauchs tauschte. Oh, mögen seine Gebeine in der Dschehenna zu Asche verbrannt werden! Weh mir, hätte ich doch beinahe die Zukunft der schönen Ahsali zerstört. Denn wie die Botschaft sagt, wurde eben dieser üble Kerl, Halsabschneider und Betrüger noch in den Nachtstunden von den Bütteln des Emirs von Ahaiza abgeholt und in den dunkelsten Kerker geworfen. Er ist zahlreicher Verbrechen angeklagt worden, und es gibt keine Zweifel an seiner Schuld."
Er nippte wieder am Mokka, während Mahmed den Redeschwall über sich ergehen ließ. Er fragte sich, was dies für eine Bedeutung hatte. Doch das sollte er alsbald erfahren.
„Doch selbst wenn dieser räudige Schakal seinen wertlosen Hals wieder aus der Schlinge ziehen könnte - allein der böse Verdacht, der auf ihm lastet, verbietet es mir, ihm meine Tochter zum Weibe zu geben. Denn sie würde mit in die Schande hineingezogen werden. So betrachte ich das Verlöbnis als gelöst. Indessen stellt sich das Problem, daß Ahsali, gepriesen sei ihr Liebreiz, im heiratsfähigen Alter ist. Ihre Haut ist so zart wie die eines jungen Pfirsichs, sie beherrscht alle Künste einer erfahrenen Frau und ist dabei jung wie eine Rosenknospe im Morgentau. Ihre Schönheit ist eine Ode an Allah, den Weltenschöpfer, und… doch was sage ich. Ich schwor, als ich die enttäuschende Wahrheit über jenen Sohn einer stinkenden Ratte erfuhr, daß ich meine Tochter eher dem Ärmsten dieser Karawane zum Weibe gäbe als ihm. Verzeih meine Direktheit, doch der Stand deines Vermögens und der deiner Familie ist nicht gerade groß, so daß du für die Erfüllung meines Schwurs in Frage kommst. Zudem kenne ich dich von Kindheit an als einen unbescholtenen und fleißigen Jüngling, und ich bin sicher, daß Ahsali es bei dir gut haben wird. So habe ich mit deinem Vater gesprochen, daß ich euch beide gern vermählen will, und ihm ist's recht, dem Weisesten aller Weisen." Mahmed neigte den Kopf.
„Ich danke dir, oh Vater der schönsten Tochter dieser Welt. Es wird mir eine große Ehre sein, und ich werde Ahsali, die Liebliche, in Ehren halten mein Leben lang!"
„So wollen wir deine Hochzeit feiern statt die jenes üblen Schurken", verkündete Muhammad Refyik.
Später unterhielt Mahmed sich mit Akbar, dem Großen in der Kugelflasche. „Ich hatte es für unmöglich gehalten", gestand er, „und doch ist es dir gelungen, meinen größten Wunsch zu erfüllen und Muhammad Refyik anderen Sinnes werden zu lassen…"
Für mich ist nichts unmöglich - das weißt du.
„Aber… es kommt so überraschend. Sicher, ich weiß, daß Refyik mit dem anderen Schönling über Brieftauben in Verbindung steht. So kann die Nachricht wirklich gekommen sein. Was aber ist an seiner Verhaftung wahr, o Akbar?"
Es ist nicht immer gut, alles zu wissen, Effendi,
sagte Akbar.
Nimm die Dinge hin, wie sie kommen, heirate deine Ahsali und werde mit ihr glücklich. Und denke an mich, wenn du wieder ein Problem hast, für das du Hilfe benötigst.
Und so geschah es.
Die Zeit verging. Als die beiden im Namen Allahs getraut wurden, ging ein reißender Stich durch Mahmed. Derselbe reißende Stich, als er sich gen Mekka verneigte und ein Gebet sprechen wollte. Seither mochte der Muezzin rufen, wie er wollte - Mahmed ließ sich zwar noch wie jeder Gläubige auf die Knie nieder, drückte die Stirn auf den Boden, aber er hütete sich, die Gebete zu sprechen, die der Koran vorschrieb. Schon bald dachte er sie nicht einmal mehr. Er ahmte die Gebete nur noch nach, mehr nicht. Er hatte Allah vergessen. Denn Allah hatte ihm die Frau nicht geben können, die er begehrte, Akbar aber hatte es getan.
Die schöne Ahsali starb bei der Geburt des ersten Kindes, und das Kind starb mit ihr. Niemand war trauriger als Mahmed, und er forderte von dem Flaschengeist, er solle wenigstens Ahsali aus
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