163 - Der Flaschenteufel
schenken… so gern, Mahmed… aber es ist unmöglich. Und ich danke dir, daß du mich nie gedrängt hast…"
„Ich wollte dich wohl schon drängen, Blüte der Schönheitsblume, aber ich weiß, daß das alles zerstören würde… und ich wünsche dir, daß dein Leben nicht zu unglücklich wird. Versuche einfach, mich zu vergessen."
„Das kann ich nicht." Sie schmiegte sich eng an ihn, zerrte die Decken enger um ihre beiden Körper. Irgendwie kam seine Hand frei und grub sich in den kalten Sand, auf dem sie, durch Dünen geschützt, lagen. Er berührte etwas, das warm war.
Sicher, die unteren Sandschichten waren warm. So schnell konnte die Nacht den Boden nicht abkühlen. Nur die oberste dünne Schicht war kalt. Aber was er da fühlte, war zudem auch noch hart und glatt!
Er stutzte.
Ahsali merkte, was vorging. „Was hast du?" fragte sie lächelnd. Sie bedauerte, daß er es in der Dunkelheit nicht sehen konnte. Er liebte ihr Lächeln. Zuweilen, wenn niemand zuschaute, lüftete sie für ihn den Schleier und schenkte ihm ihr Lächeln. Dann sah sie, wie glücklich er darüber war. Manchmal träumte sie davon, daß sie ein Paar waren, daß sie möglicherweise sogar in der abendländischen Welt lebten, in der alles viel freier war, nicht so unglaublich streng geregelt nach den alten Traditionen.
„Da ist was", sagte er. „Ein Stein. Ich glaube, hier sind Steine im Boden, ganz dicht unter dem Sand." Er hob den Kopf. Auch Ahsali richtete sich auf, und jetzt, als er ihr den Kopf zudrehte, konnte er ihr Lächeln sehen. Sie trug, wenn sie bei ihm war, keinen Schleier, und sie trug diesmal, so wie oft, überhaupt nichts, nur ein wenig Schmuck.
„Steine?" Sie lachte auf. „Wo sollen hier Steine herkommen? Hier gibt es doch nur Sand, auf viele Meilen nur Sand. Die Steine… die liegen vielleicht ein paar Mannslängen tiefer, aber doch nicht direkt hier an der Oberfläche!"
„Dann möchte ich doch zu gern einmal wissen, was das hier ist", stieß er hervor. Ahsali lächelte immer noch. Sie kannte doch ihren Mahmed. Der hatte sich jetzt in den Kopf gesetzt, diesen vermeintlichen Stein zu untersuchen, und das würde er auch tun. Selbst, wenn es auf Kosten der Nachtstunden ging, die ihnen schon bald überhaupt nicht mehr gehören würden…
Die Decken verrutschten. Mahmed schien die Kälte nicht zu spüren, aber Ahsali rollte sich enger ein. Mit bloßen Händen schaufelte Mahmed den nachrutschenden Sand zur Seite und legte den gefundenen Gegenstand frei.
Es war eine Flasche.
Es mußte ein dunkles, rötliches Glas sein, wie Mahmed vermutete. Genaueres konnte er im Sternenlicht nicht erkennen. Die Flasche war kugelförmig und besaß einen hochgezogenen, zugekorkten Hals. „Sieht aus wie eine von diesen altertümlichen Bomben", sagte Ahsali. „Fehlt nur die Zündschnur."
„Ich möchte wissen, was darin ist", sagte Mahmed. Er hielt die nicht ganz eine Handspanne durchmessende Kugelflasche mit der einen Hand fest, mit der anderen versuchte er den Korken zu lösen. Es gelang ihm nicht.
„Ah, was soll es schon", sagte er schließlich unzufrieden. „Ich werde es im Lager versuchen, wenn wir wieder zurück sind. Jetzt…"
„Still", flüsterte Ahsali plötzlich. „Hörst du?"
Der Nachtwind brachte leise knirschende Schritte heran, auch unterdrückte Stimmen. Menschen kamen.
„Oh, nein", flüsterte Mahmed. „Nicht das… sie suchen uns! Sie müssen unsere Spuren gefunden haben, obgleich ich sie sorgfältig verwischte…"
Noch waren die Stimmen weit entfernt und jenseits der Düne. „Los, laß uns fliehen. Wir müssen auf Umwegen wieder ins Lager zurück. Niemand darf uns sehen." Hastig glitten sie aus den Decken und kleideten sich an. Mahmed rollte die Flasche in die Decken ein. Dann liefen sie. Die Stimmen und die Schritte waren schon ganz nah.
Niemand darf uns sehen… niemand darf uns sehen…
Irgendwann sahen sie die Zelte vor sich auftauchen. Im Rücken des Wächters fanden sie sich vor ihren eigenen Zelten ein und schlüpften hinein. Ahsali wohnte mit einer Schwester zusammen, die Allah mit einem besonders tiefen Schlaf segnete, so daß sie von Ahsalis nächtlichen Ausflügen niemals etwas bemerkt hatte. Mahmed dagegen bewohnte sein kleines Zelt allein.
Hastig rollte er sich in seine Decken und wartete ab. Zum weiteren Verwischen der Spuren hatte es keine Zeit gegeben. Die Sucher würden also zwangsläufig wieder hier im Lager eintreffen. Aber dort war das Spurendurcheinander im Sand so wirr, daß selbst
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