1639 - Las Vegas-Wölfe
gut gefüllt, dann tranken wir. Stella leerte das Glas in einem Zug.
Ich hatte sie nicht aus den Augen gelassen und wunderte mich über ihr Verhalten. Die große Angst war verschwunden. Sie machte auf mich einen normalen, beinahe schon zufriedenen Eindruck, was ich kaum verstehen konnte.
»Haben Sie sich überlegt, Stella, wie es für Sie weitergehen soll?«
»Das habe ich.«
»Und?« Ich war schon ein wenig verwundert über die Sicherheit, die Stella an den Tag legte.
»Ich habe mich entschlossen, mein Leben selbst in die Hände zu nehmen. So ist das.« Sie nickte.
»Bravo«, murmelte ich. »Und wie siehst das aus? Darf ich danach fragen, Stella?«
Sie lachte. »Das dürfen Sie. Ich werde meinen Weg nach Las Vegas fortsetzen.«
»Gut. Und was ist mit Ihrem Engagement?«
»Das werde ich antreten.«
»Ohne Ihre Schwester?«, wunderte sich auch Abe Douglas.
»Ja. Ich muss mich an den Vertag halten. Ich will meinen guten Willen beweisen. Es kann ja auch sein, dass meine Schwester wieder zurückkehrt. Sie wissen ja, man soll nie nie sagen.«
»Stimmt. Nur hatten John Sinclair und ich das Gefühl, dass Ihre Schwester nicht mehr so gesund ist.«
»Das sehe ich auch so. Aber sie wird es wieder werden. Davon bin ich überzeugt. Wir haben uns schon vielen Stürmen des Lebens entgegengestellt. Wir haben einiges durchgemacht, und ich kann behaupten, dass uns so leicht nichts umwirft.«
Ich nickte ihr zu und fragte zugleich: »Was bedeutet das genau?«
»Ganz einfach. Dass ich fahre.«
»Jetzt?«
»Ja, so schnell wie möglich. Ich muss nach Las Vegas. Wir haben dort einen Stellplatz gemietet. Ich hoffe, dass ich noch heute Nacht auf den Campground komme. Sonst warte ich eben bis morgen früh davor.«
»Klar.« Ich lächelte sie an. »Wir haben verstanden. Aber Sie werden nichts dagegen haben, dass wir Sie mit unserem Wagen begleiten, denn wir möchten sicher sein, dass es in dieser einsamen Gegend nicht noch zu einem weiteren Angriff kommt.«
»Was sollte ich dagegen haben?«, fragte sie fast fröhlich. »Nein, nein, ich freue mich.«
»Gut, dann können wir starten.«
»Ja, ich fahre vor.«
***
Erst als wir in den Jeep geklettert waren, fand Abe Douglas die Sprache wieder.
»Verstehst du das?«
»Meinst du damit das Verhalten unserer Freundin?«
»Ja.«
»Hm, das ist schon komisch, da hast du recht. Ihr Stimmungsumschwung in dieser kurzen Zeit ist ungewöhnlich. Da könnte etwas passiert sein, während wir draußen in der Dunkelheit waren.«
Unser Gespräch stockte, weil sich das große Wohnmobil in Bewegung setzte und wir ihm nachfahren mussten. Warum die Schwestern vorher nicht die normale Straße benutzt hatten, wussten wir nicht. Jetzt jedenfalls lenkte Stella das Fahrzeug in diese Richtung, und es dauerte nicht lange, bis wir uns auf dem Wüsten-Highway befanden und dort zügiger fahren konnten.
Richtung Osten. Immer dem Schein nach, der seinen Glanz gegen den Himmel geworfen hatte.
Da der Gman fuhr, hatte ich Gelegenheit, meine Blicke schweifen zu lassen. Viel sah ich nicht, vor allen Dingen keine Verfolger oder irgendwelche Tiere, die sich in unserer Nähe aufgehalten hätten. Und als wir den Highway erreichten, mussten wir erleben, dass selbst in der Nähe von Las Vegas der Verkehr irgendwann mal einschlief, denn weitere Fahrzeuge entdeckten wir nicht.
Alles war wie immer. Es gab keine Gefahren. Dennoch wollte die innere Unruhe in mir nicht weichen. Ich hatte das Gefühl, dass etwas völlig daneben gelaufen war und wir nur die zweite Geige spielten, was mir ganz und gar nicht gefiel.
Ich traute Stella plötzlich nicht mehr. Meinen Stimmungsumschwung sah Abe Douglas mir an, als er einen Blick zur Seite warf.
»Dir gefällt die Sache nicht, John.«
»So ist es.«
»Und weiter?«
»Na ja, wir hätten Stella fragen sollen, ob sie Kontakt mit ihrer Schwester gehabt hat.«
»Und weiter?«
Ich lachte. »Gut gefragt. Du glaubst, dass sie ihn nicht zugegeben hätte.«
»Genau das.«
»Da kann ich nur zustimmen.«
»Okay, wir werden sehen, wie es weitergeht.«
Zunächst mal näherten wir uns der Stadt in der Wüste, die nicht schläft.
Hier kamen mehrere Straßen zusammen. Leuchtende Reklameschilder lockten die Gäste. Grellbunte Werbung und gleißende Lichter machten die Nacht zum Tag, und wie vom Himmel gefallen waren auch die Autos da.
Die Stadt schluckte uns. Eine grelle Hölle inmitten der Einsamkeit. Wer dieser künstlichen Umgebung mit ihren Hotelpalästen einmal verfallen war,
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