TS 71: Flitterwochen in der Hölle
Blut
(BLOOD)
Von und Dreena, die letzten Vampire, flohen in ihrer Zeitmaschine in die Zukunft, um der drohenden Vernichtung zu entgehen. Sie hielten sich an den Händen und trösteten sich gegenseitig über ihren quälenden Hunger hinweg.
Im zweiundzwanzigsten Jahrhundert hatte sie der Mensch entdeckt und hatte herausbekommen, daß die Vampire keinesfalls jahrhundertealte Sagengestalten, sondern sehr lebendig und wirklich waren. Man hatte sie mit allen verfügbaren Mitteln ausgerottet bis auf diese zwei, die sich eine Zeitmaschine gebaut hatten und rechtzeitig in die Zukunft fliehen konnten. In die Zukunft – so weit in die Zukunft, daß niemand mehr das Wort Vampir kannte und sie wieder unbehelligt leben konnten.
„Ich bin schrecklich hungrig, Vron“, sagte Dreena.
„Ich auch, meine Liebe. Wir werden bald wieder halten.“
Sie hatten schon viermal haltgemacht und waren jedesmal nur mit knapper Mühe dem Tod entgangen. Man hatte sie noch nicht vergessen. Ihr letzter Aufenthalt hatte ihnen gezeigt, daß die Welt buchstäblich vor die Hunde gegangen war – die Menschen waren ausgestorben, und die Hunde waren menschenähnlich geworden. Sie waren aber trotzdem erkannt worden. Einmal hatten sie sich an dem Blut einer jungen Hündin satttrinken können, aber dann waren sie in ihre Zeitmaschine zurückgehetzt worden und hatten nur mit knapper Not fliehen können.
„Danke für das Anhalten“, sagte Dreena. Sie seufzte.
„Du brauchst dich nicht zu bedanken“, antwortete Vron grimmig.
„Von hier ab geht es nicht mehr weiter. Wir haben keinen Treibstoff mehr und werden auch keinen bekommen – alles Uran ist jetzt schon zu Blei geworden. Entweder gelingt es uns, hier zu leben oder …“
Sie gingen auf Erkundung aus. „Sieh mal“, sagte Dreena aufgeregt und deutete auf etwas, das auf sie zuging. „Ein neues Lebewesen! Die Hunde sind verschwunden, und etwas anderes hat ihren Platz eingenommen. Sicher sind wir längst vergessen!“
Das seltsame Wesen war ein Telepath. „Ich habe eure Gedanken gelesen“, sagte eine Stimme in ihren Gehirnen. „Sie fragen sich, ob wir wissen, was Vampire sind – wir wissen es nicht …“
Dreena umklammerte Vrons Arm. „Freiheit!“ murmelte sie hungrig, „und Essen!“
„Sie wissen offensichtlich nichts über meine Herkunft und meine Entwicklung. Auf der Erde ist jetzt alles Leben pflanzlich.“
Es verbeugte sich tief vor ihnen. „Ich, ein Mitglied der herrschenden Rasse, war einmal das, was die Menschen als Erbse bezeichneten.“
Ein ganz durchschnittlicher Mann
(MAN OF DISTINCTION)
Nemand, der Al Hanley auf der Straße an sich vorbeischlurfen sah, hätte jemals gedacht, daß dieser Mann einmal etwas Besonderes darstellen würde. Wenn man seinen Lebensweg bis zu dem Tag verfolgt hätte, an dem die Darianer kamen, hätte man erst recht nicht geglaubt, daß Hanley zu etwas fähig sei, wofür ihm die gesamte Menschheit dankbar sein müßte.
Als das alles geschah, war Hanley betrunken. Für ihn war das durchaus nichts Außergewöhnliches – im Gegenteil, er befand sich schon seit längerer Zeit in diesem Zustand und hatte den festen Vorsatz, möglichst nie wieder nüchtern zu werden. Das wurde allerdings immer schwieriger, denn zuerst ging ihm das Geld aus und bald darauf die Freunde, von denen er sich etwas leihen konnte. Er hatte schon sämtliche Bekannten angepumpt und mußte froh sein, wenn er jemand um zwei Dollar erleichtern konnte.
Schlimm war nur, daß er jedesmal meilenweit laufen mußte, bis er jemand fand, den er noch nicht um Geld gebeten hatte. In der frischen Luft verflüchtigte sich natürlich ein Teil des Alkohols, den er vorher zu sich genommen hatte – und schließlich war er genauso weit wie zuvor.
Es hatte keinen Sinn zu versuchen, den ersten Kerl, der einem über den Weg lief, um seine Brieftasche zu erleichtern, denn die Polizei war in den letzten Wochen ganz scharf auf Leute, die auf diese Art ihre Finanzen aufbessern wollten. Wer dabei geschnappt wurde, saß garantiert sechs Wochen – und sechs Wochen ohne Alkohol waren so ziemlich das Schlimmste, was Hanley sich vorstellen konnte. Nach zwölf Stunden ohne Alkohol bekam er Wahnvorstellungen, gegen die ein delirium tremens geradezu ein Vergnügen war.
Im delirium tremens hat man schließlich nur Halluzinationen – wenn man das ein paarmal mitgemacht hat, weiß man, daß alles nur Einbildung ist und findet es vielleicht sogar ganz unterhaltend. Aber Wahnvorstellungen
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