1655 - Die »Heiligen« von London
gekillt hat?«
Die Frage traf Sanders wie ein harter Schlag. Für einen Moment verlor er die Übersicht, ein rotes Tuch entstand vor seinen Augen. Das blieb nur für kurze Zeit, verschwand, und als er wieder klar sah, da waren die beiden Männer verschwunden. An ihm vorbei waren sie nicht gegangen. Sie konnten sich nur auf der Toilette befinden, und Derek hatte nicht vergessen, was ihm gesagt worden war. Sinclair interessierte ihn jetzt nicht mehr. Er wollte mehr über den Tod seines Bruders wissen und vergaß alle Vorsicht. Mit hastigen Schritten legte er die kurze Strecke zurück und wuchtete die Tür zu den Toilettenräumen auf.
Es gab nur einen Raum. Und darin befand er sich allein. Sanders blickte sich um. Drei Kabinen, vier Urinale, zwei Waschbecken, aber die Männer bekam er nicht zu Gesicht. Er saugte den komischen Geruch ein und fragte sich, was er hier überhaupt tat. Zudem hörte er nichts. Weder aus dem Lokal noch etwas in seiner unmittelbaren Nähe. Dennoch glaubte er nicht an eine Täuschung. Er hatte die beiden Gestalten gesehen, und sie waren auch zum Toilettenraum gelaufen.
Dass die drei Türen der Kabinen geschlossen waren, nahm er als normal hin. Sie waren immer zu, wenn sich niemand dort aufhielt. Aber waren sie auch leer? Es wäre einfach gewesen, die Türen der Reihe nach zu öffnen und nachzuschauen. Doch tief in seinem Innern schreckte Sanders davor zurück. Dieses Gefühl nahm er wie eine Warnung wahr.
Im selben Moment überraschte ihn das Geräusch. Der Laut war für ihn nicht zu identifizieren. Es hätte ein leises Krächzen oder Lachen sein können. Er drehte den Kopf nach links und sah dorthin, wo sich die drei Kabinen befanden. Aus einer von ihnen hatte er das Geräusch vernommen.
Bei Sanders läuteten sämtliche Alarmglocken.
Da war jemand!
Harmlos oder nicht?
Plötzlich überkam es ihn. Es war wie ein Windstoß, der ihn vorantrieb. Derek Sanders wollte alles schnell erledigen. Er riss die erste Tür auf - nichts. Danach war die mittlere an der Reihe. Auch die zerrte er auf oder wollte es, aber er kam nicht mehr dazu. Jemand stemmte sich von innen dagegen, und dann wuchtete die Tür auf ihn zu, und zwar so schnell, dass er ihr nicht mehr entkommen konnte. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er einen Schatten, der in Wirklichkeit keiner war, sondern ein kompakter Gegenstand, dem er nicht mehr ausweichen konnte und der deshalb gegen seinen Kopf prallte.
Derek Sanders bekam den Schlag gegen die Stirn voll mit. In den folgenden Sekunden war er teilweise weggetreten. Er sah nicht, was um ihn herum geschah, aber er merkte schon, dass er zurückwankte und plötzlich in Hüfthöhe einen Widerstand spürte. Er war gegen eines der Urinale geprallt.
Dieser Schmerz war nicht mit dem zu vergleichen, der durch seinen Kopf tobte. Wobei der auch nachließ und Sanders in die Lage geriet, wieder klar zu schauen. Sie waren da. Beide hatten die Kabine verlassen. Recht kleine Gestalten, böse aussehend, kichernd. Sie hielten lange Messer in den Händen, die fast schon an Kurzschwerter erinnerten.
»Töten!«, schrie eine hohe Stimme.
»Ja, töten!«, antwortete die zweite Gestalt.
Derek Sanders wusste, was ihm bevorstand. Er wollte weg von seinem Platz, aber sie ließen ihm keine Chance.
Plötzlich war eines der Messer nah an seiner Kehle. Den Kopf bekam er nicht mehr zur Seite. Ein irrer Schmerz wühlte sich in seinen Hals. Derek Sanders wollte noch Luft holen, was nicht mehr möglich war. Etwas füllte seinen Mund aus. Eine dicke Flüssigkeit, die ihn nicht mehr atmen ließ. Das eigene Blut erstickte ihn, dann war es auch mit dem Halt vorbei. Er sackte zusammen, während die rote Flüssigkeit aus seiner Halswunde rann. Doch das merkte er nicht mehr.
Seine Mörder starrten sich an. Sie kicherten, klatschten sich ab und suchten das Weite. Es gab da ein Fenster, mehr breit als hoch, es stand auch offen, sodass frische Luft in den Raum drang.
Sie sprangen hoch, und wer ihnen zugeschaut hätte, der hätte gesehen, dass etwas mit ihren Körpern geschah. Ei-hätte nur nicht genau sagen können, was es war. Sie blieben irgendwie die Gleichen und hatten sich trotzdem verändert. Dann waren sie weg.
Nur ein paar Blutstropfen vor dem Fenster erinnerten daran, welchen Weg sie genommen hatten…
***
Mein Gefühl war nicht nur ungut, sondern verdammt schlecht, als ich mich mit schnellen Schritten auf den Weg machte, um der Toilette einen Besuch abzustatten. Trotz aller Eile wollte ich nichts
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