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1657 - Der weibliche Golem

1657 - Der weibliche Golem

Titel: 1657 - Der weibliche Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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der Füße im Schnee, das jedoch nicht lange anhielt. Als es verstummt war, wusste Sheila, dass die zweite Untote sie erreicht hatte…
    ***
    Bill Conolly war verschwunden. Harry Stahl und Pavel Hawelka hielten sich zu zweit in der Nähe des weiblichen Golems auf. Harry glaubte jedes Wort, das Hawelka gesprochen hatte. In dieser Figur steckte eine Macht, die ungeheuerlich war.
    Dieser Mann hatte es geschafft, etwas Künstliches lebendig werden zu lassen. Man konnte nicht behaupten, dass diese Statue lebte, sie würde nicht normal laufen können wie ein Mensch, aber in ihrem Innern hatte sich eine Macht ausgebreitet, hinter der die Kräfte der Hölle standen.
    »Jetzt sind wir allein«, flüsterte Harry. »Und wir können ganz ehrlich zueinander sein.«
    Hawelka schüttelte heftig den Kopf.
    »Nein, nein«, flüsterte er, »wir sind nicht allein.« Er lachte mit hoher Stimme.
    »Überhaupt nicht. Sie ist bei uns…« Er deutete auf sein Kunstwerk.
    »Ja, das sehe ich. Hat sie einen Namen?«
    Der Bildhauer spitzte seine Lippen und fing an zu kichern. »Nein, sie hat noch keinen Namen. Aber wenn Sie wollen, kann ich ihr einen geben.« Er legte den Kopf schief.
    »Oder haben Sie eine Idee, mein Herr?«
    Das darf nicht wahr sein!, dachte Harry. Er fühlte sich als Darsteller in einem absurden Theaterstück und konnte nur immer wieder den Kopf schütteln, aber das war ernst. Der Mann vor ihm meinte jedes Wort so, wie er es sagte.
    »Nein, die habe ich nicht.« Da hatte Harry nicht die Wahrheit gesagt. Er hatte schon eine Idee. Die würde er auch, wenn möglich, in die Tat umsetzen, denn er wollte das unheilvolle Kunstwerk vernichten. Noch behielt er es für sich und ließ Pavel reden. Der schnappte nach Luft. Dabei drückte er sich gegen sein Kunstwerk und konnte einfach nicht aufhören, es zu streicheln. Seine Augen glänzten dabei. Er wirkte wie ein Mensch, der neben seiner Geliebten stand.
    »Sie wird einen Namen erhalten«, flüsterte er, »das muss sie einfach. Das ist sie wert. Sie ist nicht nur etwas Besonderes, sie ist auch etwas Einmaliges. Sie ist ein Wunder, denn es gibt sie nicht zum zweiten Mal auf dieser Welt. Und ich habe sie erschaffen.«
    Er tippte gegen seine Brust. »Ich, Pavel Hawelka aus Prag. Ich, der Nachfolger des großen Rabbiners Low. Das wird die Welt aufrütteln.« Erneut streichelte er sein Kunstwerk. »Diese noch Namenlose ist das Bindeglied zwischen der Hölle und mir. Es kann wieder Leben erschaff en werden. Und das aus der Leichenstarre heraus.«
    »Nein, Pavel, nein. Das ist kein Leben. Da hast du dich geirrt. Es ist nur eine Existenz ohne Seele. Ebenso wie deine Statue keine Seele hat. Sie besteht aus Marmor. Du hast sie geschaffen. Sie ist ein Kunstwerk, das gebe ich gern zu. Aber du, Pavel, bist nicht Gott, daran solltest du denken.«
    »Hör auf damit! Ich bin jemand, der Kontakt mit der Hölle gehabt hat. Und sie hat mich akzeptiert!« Er schrie los.
    Er war erregt. Speichel erschien als Schaum vor seinen Lippen und nässte den Bart.
    »Das weiß ich. Aber ich weiß auch, dass die Hölle kein verlässlicher Partner ist. Sie wird dich fallen lassen, wenn du nicht mehr das erfüllst, was sie verlangt.«
    »Das werde ich immer erfüllen!«, keuchte er.
    »Bist du sicher?«
    »Ja! Denn wer sollte mich daran hindern?«
    »Ich!«
    Pavel Hawelka ging einen Schritt zurück, öffnete seinen Mund und musste lachen. Dann fuhr er Harry an: »Das schaffst du nicht. Das schafft niemand. Ich bin nämlich zu stark geworden. Du hast dich überschätzt.«
    Harry blieb gelassen, was ihm nicht leichtfiel. »Das glaube ich nicht, Pavel!«
    »Ha, was willst du denn dagegen tun?«
    »Dein Werk zerstören!«
    Hawelka sagte zunächst nichts. Er war zu sehr überrascht worden. Dann hob er seine Hand und wischte die Speichelreste aus seinem Bart. Die Hand sank langsam wieder herab und er flüsterte mit heiserer Stimme: »Hast du das wirklich gesagt?«
    »Ja.«
    »Niemand«, keuchte der Künstler, »niemand kann mein Werk vernichten! Auch du nicht! Ist das klar? Oder soll ich es noch ein paar Mal wiederholen?«
    »Nein, nein das habe ich schon gehört. Wir stehen auf zwei verschiedenen Seiten, und ich werde mich um dein Werk kümmern müssen. Es sieht nicht mal schlecht aus, aber es darf nicht sein, dass es sich noch länger auf dieser Welt befindet.«
    Endlich hatte der Bildhauer begriffen. Er stierte Harry an. In seinen Augen war zu lesen, wie sich seine Gefühle veränderten.
    Bisher hatte er seinen Emotionen

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