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166 - Sohn dreier Welten

166 - Sohn dreier Welten

Titel: 166 - Sohn dreier Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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dem Blutbaum und legte eine Hand an dessen Stamm. Zärtlich ließ er sie daran entlang gleiten, wieder und wieder. Er streichelte über die schlaffen Blätter, fing ein herabfallendes ab und legte es sacht auf die Erde der Tonschale. Dann drehte er sich um.
    »Er ist so krank«, sagte Daa'tan mitfühlend. »Er muss in den Schatten! Das Licht tut seinen Blättern weh!«
    Der Gartenhüter lachte auf. »In den Schatten? Bei dem dunklen Holz? Das ist ja lächerlich!«
    Daa'tan fuhr herum. Seine Augen funkelten vor Zorn. »Er muss in den Schatten!«, knirschte er zwischen den Zähnen hervor. Der Gartenhüter wich zurück. Verunsichert rief er ein paar Helfer herbei, und gemeinsam zerrten sie die Schale in eine überdachte Ecke.
    Avi Senna, der die Szene schweigend beobachtet hatte, trat hinzu. »Das ist alles?«, fragte er. »Ich meine: dass der Baum in den Schatten soll?«
    »Nein!« Daa'tan zeigte auf die Tonschale. »Die quält seine Wurzeln! Zerschlagt sie!«
    Unruhe entstand unter den Gartenhütern. Was dachte sich dieser Junge eigentlich? Sie wandten sich an Avi Senna, doch der nickte nur und forderte: »Tut, was er sagt!«
    Jemand holte einen Stein und schlug ihn mit Wucht gegen die Schale. Aus dem Loch, das entstand, liefen Risse wie von Zauberhand durch den Ton, immer weiter, immer schneller. Da war ein Ächzen, und man hörte das Splittern des Gefäßes.
    Urplötzlich knallte es auseinander. Bleiche Wurzeln peitschten heraus. Sie pendelten einen Moment in der Luft herum, streiften mit den Spitzen wie suchend über den Boden – und verschwanden darin.
    Daa'tan nickte. »Jetzt ist es gut«, sagte er, und die roten Blätter begannen sich aufzurichten.
    »Ich bin beeindruckt, Junge!«, hob Avi Senna an. Weiter kam er nicht, weil plötzlich von den Türmen der ehemaligen Moschee ein Schrei erscholl, der den Heiler und seine Besucher herumfahren ließ. »Tuurks! Tuurks!«
    ***
    Die Warnung verbreitete sich in Windeseile. Von allen Straßen her waren Rufe und Fußgetrappel zu hören; die Bewohner ergriffen ihre Waffen und rannten zu den Wildkräutergärten am Stadtrand. Dort kam die Handelsstraße wie eine Rampe aus der Ebene hoch. Sie führte auf direktem Weg ins Zentrum. Gelang es den Tuurks, bis dorthin vorzudringen, würde Isfa'an fallen.
    »Sie wollen den Blutbaum holen!«, stieß Avi Senna hervor, während er hinter den Stadtwächtern her lief. »Er ist sehr selten und gilt in Tuurk als heilig. Ich verstehe nicht, woher sie wissen, dass wir ihn haben!«
    Daa'tan rannte neben ihm durch die Pflanzungen, gefolgt von anderen Heilern und von Maduuk, der sich redlich bemühte, Schritt zu halten.
    Avi Senna schüttelte im Laufen den Kopf. »Hör zu, Junge: Dies ist nicht dein Kampf! Ich bitte dich nochmals, mit Maduuk zu fliehen!«
    »Wohin? Vor den Stadtmauern ist nur kahles Land, da könnten wir uns nirgendwo verstecken«, sagte Daa'tan und fügte hinzu: »Außerdem laufe ich nicht weg!«
    Es klang sehr heroisch, und einen Moment lang fühlte sich der Junge auch so. Dann sah er die Angreifer. Sie waren draußen in der Ebene unterwegs – vierzig, fünfzig Mann auf hochbeinigen Pferden. Schwarze Pluderhosen flatterten im Reitwind. Die Tuurks schwangen Krummschwerter, und an ihren Gürteln schimmerte ein Messerarsenal.
    Vorneweg ritt der Anführer. Man konnte ihn an seiner Kleidung erkennen: rote Hosen, goldbeschlagene Stiefel. Unter ihm bewegte sich ein mächtiger weißer Hengst. Daa'tan schluckte. Er kannte diesen Tuurk!
    Wachen drängten vorbei, um sich mutig als lebende Straßensperre aufzustellen. Daa'tan zählte zwanzig Mann. Er stutzte, zählte noch einmal und wandte sich dann verblüfft an Avi Senna: »Ihr könnt diesen Kampf niemals gewinnen!«
    »Ich weiß«, sagte der Heiler. »Aber wir müssen es wenigstens versuchen! Im Haus des Wissens lagern unzählige Schriften mit den Ergebnissen unserer Pflanzenforschung! Es sind unwiederbringliche Kostbarkeiten, die können wir nicht einfach preisgeben.«
    Daa'tan fand es unlogisch, Schriften zu retten statt deren Verfasser, und es war ihm auch egal, ob die Menschen von Isfa'an lebten oder starben. Aber was ihm nicht egal war, das war dieser Anführer! Ihm verdankte der Junge die erste Niederlage seines Lebens. In Bulgarien hatte er an dem Tuurk seine mentalen Kräfte ausprobiert und war gescheitert! Der Mann sollte ihm den Schimmel geben. Stattdessen hatte er Daa'tan in Ketten gelegt.
    Maduuk kam herangekeucht. »Verflucht! Wie haben diese verdammten Sklavenfänger

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