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1665 - Boccus Traum

Titel: 1665 - Boccus Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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aufzuschreien. Kruff hatte aus dem Wald Krauter, Blätter und Wurzeln geholt und daraus eine Salbe bereitet, die er dem jungen Nasran dick auf den versengten Körper strich.
    Er wusch ihn jeden Tag und redete, redete, redete.
    Das einzige, was Boccu verstand, war, daß er Kruff hieß und von den Göttern ausersehen sei, ihn, den Erhabenen, gesund zu pflegen. Es gab noch viel weniger Wortähnlichkeiten mit der Sprache der Nasran als bei den Kirillaa. Es waren nur Gesten und in den Boden gezeichnete Bilder, durch die sich Kruff ein wenig verständlich machen konnte. So machte er Boccu auch klar, daß der Rest des Stammes sich in den Wäldern versteckt hielt und erst dann zurückkehren würde, wenn er, der Erhabene, in Frieden gegangen sei. „In Frieden", sagte Boccu einmal zu Kruff. „Nach dem, was ihr mir angetan habt? Die Götter sollten euch alle...!"
    Aber es war so sinnlos. Der andere verstand ihn nicht.
    Boccu war ihm dennoch dankbar, als er aufbrach, um seine Wanderung fortzusetzen.
    Dieser Wilde hatte ihm, aus welchen geheimnisvollen Gründen auch immer, das Leben gerettet. Was er von den Göttern und einem Erhabenen faselte, möchte Unfug sein.
    Boccu wollte darüber nicht länger nachdenken. Es zog ihn weiter - vor allem fort von diesem grausamen Stamm.
    Kruff begleitete ihn bis dorthin, wo es für den Wilden nicht mehr weiterging. Vor Boccu lag hügeliges Gelände. Die Sicht reichte nicht weiter als im Nasran-Land. „Danke", sagte er zu Kruff, und er reichte ihm zum Abschied die Hand.
    Dabei kam ihm schon wieder eine dieser seltsamen Fragen, die ihn seit seinem Aufbruch plötzlich überraschten. Im Talkessel seines Volkes hatte er viel gegrübelt, aber an solche Dinge hatte er nicht gedacht.
    Weshalb, fragte er sich auf einmal, sehen wir alle so verschieden aus? Die ganzen Stämme in der großen, weiten Welt? Wir sind keine Pflanzen und keine Tiere, sondern etwas, das noch darübersteht. Wir können sprechen, und einige Wörter bedeuten überall das gleiche.
    Er wollte gehen, da hielt ihn der Wilde noch einmal fest.
    Kruff deutete auf sich und das Land voraus, das er wahrscheinlich niemals betreten würde. Dann zeigte er zurück in die Richtung, wo seine Dorfinsel lag. „Das ist deine kleine, begrenzte Welt, du armer Narr", sagte Boccu. „Und? Was willst du mir zeigen?"
    Kruff machte mit beiden Armen eine Geste. Er breitete sie aus, so wie einer, der die Luft zu teilen versuchte. Doch Boccu begriff, was er damit meinte, als Kruff sich wieder umdrehte, auf sein Dorf zeigte und ein Zeichen der Verneinung machte. „Weit", murmelte Boccu. „Du meinst - nicht eng wie deine kleine Welt, sondern weit."
    Er bekam große Augen und spürte, wie sein Herz schneller schlug. „Unendlich weit?"
    Kruff nickte heftig, so als hätte er die fremden Worte der Nasran-Sprache sofort verstanden.
    Boccu geriet ganz außer sich. Sollte es sein, daß ihm die Götter hier doch ein Zeichen gaben? Vielleicht als Entschädigung für die Qualen, die er erlitten hatte? „Du ... du meinst das Weite Land?" fragte er aufgeregt. Auch er machte diese Geste mit den Ärmchen, und dann legte er die Hände über die Augen und tat so, als drehe er sich einmal um sich selbst und blicke weit, unendlich weit in jede Richtung.
    Kruff war jetzt ganz aufgeregt. Er bejahte, indem er die Fäuste fest zusammenschlug.
    Dann richtete er sich zur vollen Größe auf, hob den rechten Arm und zeigte mit ernstem Gesicht in eine Richtung. „Dort... dort soll ich das Weite Land suchen?" entfuhr es dehn Nasran. „Kruff, weißt du, was du mir da zeigst? Wie kann ein Wilder wie du wissen, wo das Weite Land liegt?
    Sicher, auch ihr kennt bestimmt die Legende, aber..."
    Kruff knurrte ungehalten. Es sah ganz so aus, als wollte er böse werden, weil Boccu an ihm zweifelte. Er wiederholte all seine Zeichen und stieß die Faust immer wieder in die gleiche Richtung. „Danke", flüsterte Boccu, als er die Überraschung halbwegs verdaut hatte. „Danke, mein Freund. Ich werde dieser Richtung folgen, und sollte ich dort das Weite Land finden, dann ..."
    Nein, hierher zurückkommen würde er bestimmt nicht. Vielleicht rettete ihn beim nächstenmal kein Wunder mehr vor dem Ende als Braten. Er drehte sich abrupt um und begann, von dem Hügel, auf dem sie standen, hinunter zum Fluß zu watscheln.
    Ihm wollte er folgen, solange es ging. Er und der Fluß, so schien es, hatten vorerst das gleiche Ziel.
    Boccu verstand inzwischen überhaupt nichts mehr. Immer wenn er

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