169 - Der Weltenwanderer
Heimatplaneten und in eine Zeit, die etwa siebzigtausend Umläufe vor der Entstehung des Homo sapiens lag, und dreißig Mal tauchten die Pioniere aus dem Ork'huz-Meer auf und schossen blaue Signalmunition in die Luft.
Am einunddreißigsten Licht ging Gilam'esh in die Schaltzentrale, bevor er sich zu seinem vertrauten Platz auf der Liegequalle begab. Der Maddrax-Geist hatte ihn gebeten, so oft wie möglich die Schaltzentrale aufzusuchen. Während Gilam'esh die Tastfelder am Rande der Fusionsmodulationsplattform betrachtete und die mathematischen Zeichen in der Sichtfeldmembran studierte, spürte er, wie der andere in ihm sich konzentrierte und jede Einzelheit einprägte.
Nur Leg'wanot und Wanil'ama traf er in der Schaltzentrale an. Das war ungewöhnlich, denn außer ihnen gab es einen Stab von insgesamt zwölf Hydreeforschern, die in Dreierteams und in Schichten von je sechs Stunden hier arbeiteten. Die beiden Ikairydree leiteten die Aufsicht über diese Teams zusammen mit Ramyd'sam. Für den Ork'huz-Meister hatte man noch keinen Nachfolger gefunden. Und jetzt arbeiteten nur die beiden Ersten Forscher hier? Gilam'esh konnte sich keinen Reim darauf machen.
Sie wollen mit dir reden, raunte der Maddrax-Geist in sein Bewusstsein. Gilam'esh horchte auf. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf Leg'wanot und Wanil'ama, und tatsächlich: Sie strahlten Anspannung aus, etwas Bedrückendes sogar, und ihre Gedanken – auch das spürte er – waren traurig.
Gilam'esh merkte, dass sie ihn verstohlen beobachteten, während er sich mit den Steuerelementen der Tunnelfeldanlage beschäftigte. Er ließ sich mehr Zeit als sonst, doch da sie ihn nicht ansprachen, beschloss er, in die Haupthöhle hinauf zu gehen. Es war höchste Zeit für die nächste Weltenwanderung.
»Warte noch einen Moment«, sagte Leg'wanot, als Gilam'esh sich der Eingangsluke zuwandte. »Wir müssen mit dir reden.«
Der raue Unterton in Leg'wanots Stimme beunruhigte Gilam'esh. »Ja?«
»Vor neun Lichtern kam die große Ratsversammlung der Ikairydree in unserer Hauptstadt Ikairy'danut zusammen.«
»Ach!« Gilam'esh war ehrlich überrascht. »Das wusste ich gar nicht.« Sonst lud ihn die Elite der Ikairydree zu jeder ihrer Ratsversammlungen ein.
»Es war eine geheime Zusammenkunft. Wir mussten über eine Entscheidung beraten, die ausschließlich uns Ikairydree angeht.«
Gilam'esh sah erst Leg'wanot, dann seine Erste Forscherin an. Wanil'amas Scheitelkamm war nicht silbrig, sondern hellgrau, und ihre Miene wirkte wie aus einem Korallenriff gemeißelt. »Und dennoch wollt ihr mich von diesem geheimen Beschluss unterrichten?«
Wanil'ama nickte, und Leg'wanot sagte: »Seine Umsetzung kann nicht geheim bleiben. Du sollst es als Erster erfahren.«
Seine Gestalt straffte sich, etwas Feierliches ging plötzlich von ihm aus. »Wir Ikairydree werden den Rotgrund nicht verlassen.«
Gilam'esh verschlug es zunächst die Sprache. Er schluckte und spürte die Anspannung des Maddrax-Geistes in seinem Hirn. »Was sagst du da, verehrter Leg'wanot?« Er blickte zu Wanil'ama. Die nickte nur.
»Zu verbunden sind wir dem Rotgrund und seinen Meeren«, sagte Leg'wanot. »Wir gehören hierher und wollen hierbleiben.«
»Alle?«
»Es ist eine Empfehlung des Hohen Rates. Doch sie hätte nicht ausgegeben werden können, wenn nicht die Mehrheit unseres Volkes so dächte. Die endgültige Entscheidung bleibt selbstverständlich jedem Ikairydree selbst überlassen. Doch wie es aussieht, werden fast alle fünftausendfünfhundert Ikairydree auf Rotgrund bleiben… und sterben. Wir wissen bisher nur von dreiundsechzig Ikairydree, die durch das Tunnelfeld in die Zukunft des dritten Planeten gehen wollen.«
»Aber…« In einer hilflosen Geste hob Gilam'esh beide Arme. »Aber die Hydree brauchen fähige Wissenschaftler wie euch. Gerade ihr beide seid…«
»Lass es gut sein«, schnitt Leg'wanot ihm das Wort ab. »Die Entscheidung ist gefallen. Unterrichte bitte die Räte und Meister der Ditrydree davon, verehrter Gilam'esh. Wir wollen von niemandem darauf angesprochen werden, richte auch das aus. Und nun geh. Wir wünschen dir eine gute Geistreise, Weltenwanderer…«
***
Der Strudel aus Formen und Farben beunruhigte ihn längst nicht mehr. Die grellbunt leuchtenden Spiralringe waren ihm inzwischen vertraut. So vertraut wie die rätselhafte Kraft, die ihn in das Tunnelfeld hineinsaugen wollte – mittlerweile konnte er sie steuern und in ihr gleiten und fliegen, wie er auf dem Rotgrund
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