169 - Der Weltenwanderer
Erinnerung stieg in ihm auf. Und plötzlich war ihm auch der Name der Frau wieder präsent. Chandra…!
Die dritte Gestalt, die eines zweiten Mannes, sah er nur verschwommen, wie durch Nebel hindurch. Ein seltsam flirrendes Feld hüllte sie ein. Das Stasisfeld… die Archivkammer… Und wirklich: Es war der Raum, von dem aus Matthew Drax neunzig Jahre zuvor in ein fremdes Hirn gestürzt war, und in eine Vergangenheit, deren zeitliche Entfernung kein menschlicher Geist erfassen konnte.
Noch bevor er das blonde Haar des Mannes hinter dem Stasisfeld und seine verschwommenen Gesichtszüge erkannte, wusste er, wer dieser Mann war: er selbst, Matthew Drax. Und schon löste sich der Raum wieder auf, zerfaserten die drei Gestalten in rötliche Linien und Punkte. Drax sah, wie die Farbwirbel um ihn herum sie einfach aufsaugten. Er selbst war wie erstarrt und erwartete jeden Moment, sich ebenfalls in Farbpunkte und Linien aufzulösen und mit dem Nichts zu verschmelzen…
***
Manil'bud berührte Leg'wanot am Arm und deutete hinauf zur ersten Galerie-Ebene. Krieger der Ditrydree schwammen dort zwischen den Säulen der Balustrade hindurch in die riesige Höhle hinein. Leg'wanot nickte nur – er hatte sie längst gesehen. Ihr Anführer tauchte auf ihn und Manil'bud zu: Mosh'oyot von Dibr'dryn, der Erste Hochrat der Ditrydree.
»Was geschieht hier?«, rief Mosh'oyot schon von weitem.
»Warum habt ihr die Anlage hochgefahren?« Vor Leg'wanot und Manil'bud sank er auf den Felsboden. Er trug einen dunkelgrauen Fischlederanzug mit Umhang. Ein schwarzer Kombacter steckte in seinem Hüftgurt.
»Wir testen sie, verehrter Mosh'oyot. Oder besser: Der Meister des Tunnelfelds testet sie.«
»Niemand hat ohne mein Einverständnis die Anlage hochzufahren oder gar zu testen!« Mosh'oyot war aufgebracht.
»Habt ihr vergessen, dass ich die Schirmherrschaft über das Projekt ›Tunnelfeld‹ habe?«
»Du bist der Erste Hochrat der Ditrydree«, sagte Leg'wanot kühl. »Ich jedoch bin ein Ikairydree. Wie käme ich dazu, deine Anweisungen entgegenzunehmen? Und vergiss nicht, dass ihr Ditrydree diese Anlage meinem Volk verdankt.«
Feindselig musterte Mosh'oyot den zierlichen, silberschuppigen Hydree aus schmalen schwarzen Augen.
Natürlich wusste er, dass Leg'wanot Recht hatte. »Was soll sie uns denn nützen, diese Anlage? Wohin in Raum und Zeit sollen wir uns denn retten, wenn uns die Luft auf dem Rotgrund ausgeht? Ihr beschäftigt euch mit einer Illusion!« Der Erste Hochrat ballte die Fäuste, sein Scheitelkamm strahlte plötzlich in einem dunklen Violett. »Und was noch schwerer wiegt: Es ist im Grunde eine Verhöhnung der Schöpfer!« Wie einen Spieß streckte er die Rechte nach Gilam'eshs Liegequalle aus und spreizte die Schwimmhäute zwischen seinen Fingern.
»Von einem Traumtänzer habt ihr euch verführen lassen! Von einem rebellischen Geist!«
»Wir haben das Tunnelfeld auf den dritten Planeten unseres Sonnensystems gerichtet, verehrter Mosh'oyot.« Leg'wanot blieb die Ruhe selbst. »Auf den, den Gilam'esh ›Erde‹ nennt…«
»Die Chroniken der Ditrydree kennen keinen Planeten dieses Namens«, fuhr ihm Mosh'oyot scharf ins Wort.
»Du weißt, dass ich von Ork'huz spreche, verehrter Mosh'oyot.« Aus den Augenwinkeln sah Leg'wanot, dass Manil'buds Scheitelkamm sich verfärbte. Sonst türkisfarben und blau, hatte er plötzlich eine ockergelbe Färbung mit rötlichen Einsprengseln angenommen. Ein untrügliches Zeichen, dass Gilam'eshs Gefährtin wütend wurde. »Nach Gilam'eshs Theorie herrschen auf Ork'huz gute Voraussetzungen für die Entwicklung von Leben. Auch die Atmosphäre könnte…«
»Ein Traumtänzer, sage ich es nicht?!« Mosh'oyot winkte ab. »Ein rebellischer Geist, der unsere Völker in Verwirrung stürzt, statt sie in Würde auf ihren Untergang vorzubereiten!«
»Sprach man so nicht einst auch von dem großen Euso'lot?«
Jetzt platzte es aus Manil'bud heraus. Sie war so wütend, dass sie sogar auf eine höfliche Anrede verzichtete. »Heute wissen wir, dass er der fähigste Wissenschaftler gewesen ist, der jemals die Ozeane des Rotgrunds durchquert hat! Seine Generation verachtete ihn als Träumer und Querulanten, dabei entwickelte er die Grundlagen für die Bionetik! Ohne ihn hätten wir heute weder Städtebau, noch Langstreckenverkehr, geschweige denn eine Energiewirtschaft! Er, der angebliche Träumer und Verächter der Schöpfer, war es, der es wagte, den Glutkern von Rotgrund anzubohren und…«
»Wie
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