1693 - Vierzehn Berserker
Simusense-Vernetzung psychische Schäden erlitten hatte, die so etwas unmöglich machten. Damit hatte sie sich aber schon lange abgefunden.
Ganz plötzlich hatte sie das Gefühl, mit jemandem über ihre Sorgen und Gedanken sprechen zu müssen. Das war ungewöhnlich und bisher in ihrem Leben so gut wie nie vorgekommen.
Der angekündigte oder halb vollzogene Rausschmiß mußte eine Sperre in ihr gelöst haben, so daß sie solche Gedanken und Gefühle entwickeln konnte. Sie wunderte sich nicht darüber.
Es kam ab und zu vor, vielleicht alle drei oder vier Jahre, daß sie bei der Begegnung mit unbekannten Dingen etwas merkwürdig reagierte. Wahrscheinlich wurden dabei unbewußte Erinnerungen an irgendwelche verschütteten Simusense-Träume oder an auch vergessene Erlebnisse der Wirklichkeit geweckt. Ihr Bewußtsein lieferte dann ein Verhaltensmuster mit, das ebenfalls tief in den untersten Schichten der Erinnerungen verborgen geblieben war.
Sie wollte sich nicht aus dem aktiven Berufsleben zurückziehen. Der Gedanke beherrschte sie ebenfalls mit aller Kraft. Innerlich stemmte sie sich gegen den Rausschmiß durch Kallo a Genso.
Ihr Blick fiel auf den Eingang zu einer öffentlichen Transmitterstation. Sie ließ sich von ihren Gefühlen treiben und betrat das Gebäude. Außer ihr war niemand anwesend.
Ihre Finger huschten über das Feld mit den Sensortasten. Auch hier vermied sie jede bewußte Steuerung.
Ein Schriftzug leuchtete auf und verriet ihr das Ziel, das sie eingegeben hatte: TERRANIA - RAUMHAFEN - GÜTERABFERTIGUNG.
Iunoy Wataka! schoß es Cidem durch den Kopf. Vor wenigen Tagen hatte sie eine Nachricht von der Freundin erhalten, die sie vor langer Zeit während ihrer Ausbildungszeit bei der Kosmischen Hanse kennengelernt hatte. Iunoy war ebenfalls eine Einzelgängerin, die nur bei ihren Spezialeinsätzen für Homer G. Adams mit anderen Agenten zusammenarbeitete.
Die Mitteilung von Iunoy, die Cidem in ihrer Wohnung in Komol-Ton vorgefunden hatte, besagte ganz knapp, daß die Freundin von einem längeren Einsatz zurückgekehrt war und wieder für einige Zeit ihren normalen Dienst bei der Hanse versah. Sicher würde Adams sie bald wieder zu einer neuen Mission schicken, und dann wäre die Zeit für ein Wiedersehen verstrichen, Iunoy arbeitete aus Tarnungsgründen zur Zeit auf dem Raumhafen in den Abteilungen „Güterabfertigung" und „Versorgung von Fremdraumschiffen".
Die Reaktionen ihres Unterbewußtseins waren somit leicht zu durchschauen, sagte sich Cidem Kassiopeia. Zuerst war der Wunsch gewesen, jemanden zu sprechen. Einen Freund oder eine Freundin. Die Nachricht von Iunoy hatte Cidem praktisch schon vergessen, ihr Unterbewußtsein natürlich nicht. Schließlich suchte sie nach einem Ausweg aus ihrer persönlichen, etwas verfahrenen Situation, die durch die Kündigung entstanden war. Aber ob Iunoy Wataka ihr helfen können würde, mußte die Reporterin selbst stark bezweifeln. Irgend etwas stimmte in ihrer Gedankenkette folglich nicht. Sie würde es herausfinden.
Sicher, Iunoy besaß einen sehr guten Draht zu Adams. Aber einen Job bei der Kosmischen Hanse wollte Cidem Kassiopeia nicht. Wenn sie die Freundin traf, würde es folglich bei einem harmlosen Gespräch bleiben. Zumindest sah es jetzt so aus, als sie die Transmitterplattform betrat und die Taste zur Aktivierung berührte.
In der Frau regte sich die Hoffnung, ihr alter Instinkt könnte neu erwacht sein und sie wieder an Brennpunkte des Geschehens führen. Mit der Hoffnung rührten sich aber auch die Zweifel.
Die Begeisterung der früheren Jahre und das sichere Gefühl, den richtigen Weg zu gehen, fehlten.
Sie verließ die Transmitterstation am Zielort. Als sie die Straße betrat, regnete es heftig. Ihr fiel ein, daß sie es wieder einmal versäumt hatte, am Morgen die Wetteransagen zu studieren.
Mit solchen Kleinigkeiten fängt es an ,schimpfte sie mit sich selbst. Und bei den wichtigen Dingen hört es auf. Du bist einfach zu nachlässig geworden, Cidem. Du hast dich nicht genügend für alles interessiert, was in der Milchstraße passierte. Das muß wieder anders werden!
Sie ging zum Informationsstand der Transmitterstation. Über ein öffentliches Terminal ließ sich der Wetterablauf abrufen. Der schwere Regen würde noch sieben Minuten andauern, erfuhr sie. Sie wartete die Zeit mißmutig ab und hing ihren trüben Gedanken nach.
Früher war sie in der Lage gewesen, logischer und zielstrebiger zu denken. Zumindest glaubte sie das
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