Fingerspiele - Caprice: Erotikserie (German Edition)
Hamburg wirkte im Regen genauso übellaunig, durchweicht und ungemütlich wie alle Städte, egal, an welchem Punkt der Erde sie sich befinden. Dazu passend eilten genauso griesgrämig wirkende Passanten die Bürgersteige entlang, quollen aus den U-Bahn-Stationen und passierten die Übergänge, Regenschirme über sich aufgespannt und die Köpfe zwischen die aufgestellten Kragen ihrer Jacken und Mäntel gezogen.
Unter dem schiefergrauen Himmel, der über dem Alsterjuwel lastete, schien sich sogar der Michel zu ducken. Die Straßen glänzten vor Nässe und das Wasser der Elbe sah grau und trübe aus wie Wischwasser.
Schon der Januar hatte sich nicht gerade von seiner besten Seite gezeigt, der Februar schien diesen aber noch übertrumpfen zu wollen.
Maren Janson ließ den Michel links liegen und trieb im Strom der morgendlichen Rushour in nördlicher Richtung, wo sich im Stadtteil Barmbeck, unscheinbar geduckt zwischen Industriebauten und roten Backsteinhäusern, das Redaktionsgebäude der traditionsreichen Zeitschrift BLITZ befand.
Die Zeitschrift zählte zu den beliebtesten Boulevardblättern des Landes. Ihre Popularität verdankte sie unter anderem ihren topaktuellen Berichten aus aller Welt sowie den Reportagen über Politiker, Wirtschaftsbosse und alle Menschen, die reich, schön und/oder berühmt sind.
Wer die BLITZ kaufte, wollte aufregende Bilder von und Interviews mit internationalen Stars aus TV, Film, Sport oder der Musikszene nachlesen und wissen, ob zum Beispiel Seal und Heidi Klum entgegen aller Ankündigungen nun doch einen Rosenkrieg eröffnet hatten oder ob das Fürstenpaar von Monaco endlich Nachwuchs erwartete.
Maren Janson gehörte zu jener Sorte Journalisten, die diese Nachrichten besorgten. Das war nicht immer einfach, denn die meisten echten Stars waren, anders als die vielen Eintagsfliegen im Showbizz, nicht sehr auskunftsfreudig. Aber im Laufe der Jahre hatte Maren sich ein Netzwerk an Informanten aufgebaut, die nicht nur bereit waren, aus dem Nähkästchen zu plaudern, sondern auch die notwendigen Kontakte herstellen konnten.
Die Straße vor dem Zeitungsverlag war wie immer zugeparkt, aber für ihren Smart fand sich immer eine Lücke. Wenige Minuten später eilte Maren quer über die Straße und betrat gleich darauf das Redaktionsgebäude.
Noch bevor Maren ihr winziges Büro erreicht hatte, das gerade einmal Platz bot für ihren Schreibtisch, einen Stuhl und einen Garderobenständer, wurde sie von Lori Stein aufgehalten, die gerade aus dem Büro des Chefredakteurs kam.
»Ah, guten Morgen, Maren.« Sie lächelte Maren mit dezent roségeschminkten Lippen an. »Was für ein Wetter, nicht wahr?« Sie wartete Marens Antwort nicht ab. »Herr Stein möchte dich sehen«, teilte sie der Journalistin mit. »Gleich …« Hier hob Lori die fein gezupften Brauen. »Du weißt ja, wie er ist. Es muss immer alles und sofort passieren.«
»In Ordnung, danke, Lori.« Maren nickte der Chefsekretärin zu. Doch sie ging nicht sofort zu ihrem Vorgesetzten, sondern deponierte erst einmal ihre Laptoptasche in ihrem Büro und überprüfte im Spiegel neben dem Garderobenständer ihr Aussehen.
Was sie sah, stellte sie zufrieden. Ihr blondes Haar, das sie sich erst vorgestern von einem bekannten Friseur zu einem schicken Bob hatte schneiden lassen, saß perfekt, das zarte Make-up verlieh ihr ein jugendlich weiches Aussehen und das eng anliegende Kostüm betonte ihre schlanke Figur.
Da sie recht groß gewachsen war, verzichtete Maren auf allzu hohe Absätze. Die Pumps, die sie heute trug, machten sie nur fünf Zentimeter größer, genug für Walter Stein, der sich in Gegenwart hochgewachsener Frauen immer unwohl fühlte.
Was typisch war für Menschen wie ihn. Mit seinen einen Meter achtundsechzig pflegte er nämlich einen ausgewachsenen Napoleonkomplex, weshalb er glaubte, seine mangelnde Körperlänge durch besonders cholerisches und despotisches Gebaren ausgleichen zu müssen.
Die Tür zu seinem Büro stand offen. Trotzdem klopfte Maren kurz an, ehe sie den Raum betrat. Demonstrativ ließ Walter Stein sie einige Sekunden warten, ehe er von seinem Bildschirm aufblickte.
»Ah, da bist du ja endlich.« Er musterte Maren über den Rand seiner Lesebrille hinweg, dann sah er erneut auf den Bildschirm.
»In Berlin beginnt in zwei Tagen die zweiundsechzigste Berlinale«, verkündete er Maren schließlich etwas, das sie ohnehin schon wusste. »Wie ich soeben erfuhr, hat auch Alejandro Forates sein Erscheinen
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