170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo
können, mit einem solchen Gesellen verhandeln zu wollen? Er war im Vorteil – in jeder Hinsicht.
„Aber Lord Wrexton wird nicht zulassen …“
„Bedaure, Euer Graf ist im Augenblick hinter seinen Falken her!“, lachte er grob. „Wird kaum Zeit finden, seiner edlen Dame zu Hilfe zu eilen.“
„Ihr habt die Falken gestohlen?“, rief Keelin entrüstet.
Er schüttelte den Kopf. „Das waren mein Bruder und irgendein dahergelaufener Narr, den er aufgegabelt hat. Ein netter Zeitvertreib, was denkt Ihr?“
Sie starrte ihn entsetzt an.
„Die alte Vettel hatte alles genau geplant. Wenn Ned erst einmal weit genug weg ist, lässt er die armen Vögel einfach im Schnee liegen, damit der Graf seine gefrorenen Tierchen findet.“ Der Mann kam wieder auf Keelin zu, doch sie wich zurück und suchte nach einer Möglichkeit, dem Kerl zu entkommen. „Er wird mit seinen wertvollen Falken beschäftigt sein, und wenn er sich dann nach Euch auf die Suche macht … nun, ja …“ Lüsternheit glomm in seinen bedrohlichen Augen.
„Nein.“
Der Dieb lachte nur grimmig auf und kam ihr beängstigend nahe. „Genug der Worte“, grollte er mit erbarmungsloser Härte. „Dieses Geschwatze hat mich ein wenig aufgewärmt.“
23. KAPITEL
Der Schneefall ließ etwas nach, sodass Marcus ein wenig schneller vorankam. Er ritt in Richtung eines kleinen Tals, das nicht mehr zu seiner Grafschaft gehörte, sondern bereits auf walisischem Boden lag. Es gab dort ein altes, verlassenes Gehöft, und vielleicht hatte Keelins Pferd es bis zu diesem Unterschlupf geschafft, auch wenn es dort sicher kalt und unwirtlich war.
Aber was wäre, wenn der Dieb ebenfalls in dem verfallenen Gebäude Schutz suchte, da es sonst weit und breit keine andere Zuflucht gab? Dann würde Keelin dem Schurken dort in die Arme laufen.
Marcus hatte nie ein schlimmeres Wetter erlebt, und nach all den Stunden im Sattel war es immer noch finster. Zumindest glaubte er, dass es noch Nacht war, doch er war sich nicht sicher, ob es am Tag viel heller wäre bei diesem Schneesturm.
Er ritt weiter, versuchte, nicht an die Kälte zu denken, und war in tiefer Sorge um Keelins Sicherheit. Inständig betete er, dass sie in der alten Hütte Schutz gefunden hatte und dass der elende Schurke Bren eine andere Richtung genommen hatte.
So hielt er sich mühsam Meile um Meile im Sattel. Sein Gesicht war taub vor Kälte und seine Brauen mit Schnee überzogen, als er die Anhöhe erreichte, von der aus man bei gutem Wetter das verwaiste Gehöft sehen konnte.
Sein Kampfinstinkt war erwacht.
Schemenhaft zeichnete sich der Umriss eines Pferdes direkt vor dem alten Gebäude ab. Als Marcus langsam näher heranritt, sah er, dass das Tier noch gesattelt war und sich Schutz suchend dicht an die Hauswand drückte. Es konnte sich nicht um das Pferd handeln, das Keelin genommen hatte. Sie hätte das arme Tier gewiss niemals in der eisigen Kälte gelassen.
Ihm sank das Herz. Er musste sie irgendwo verpasst haben.
Marcus zog sein Schwert und ritt vorsichtig weiter. In der Hütte konnte sich in diesem Augenblick kein anderer Kerl aufhalten als der üble Geselle, der Keelins Lanze geraubt hatte.
Plötzlich zerriss ein gellender Schrei die Stille.
Keelin!
Marcus trieb sein Ross voran und sprang aus dem Sattel, als er den Eingang der Hütte erreicht hatte. Er stapfte behände durch den hohen Schnee und stieß die Tür auf. Im schwachen Licht des Raumes sah er, dass Keelin von dem niederträchtigen Schurken neben der Feuerstelle zu Boden gedrückt wurde, während der üble Geselle versuchte, ihr die Kleider vom Leib zu reißen.
Der Mann brüllte vor Wut, als er Marcus im Türrahmen erblickte, und war bereits im Begriff, Keelin wie ein Schutzschild vor sich zu halten. Doch sie wehrte sich aus Leibeskräften und entwandt sich seinem Griff.
„Marcus!“, rief sie voller Angst. Ihre Stimme überschlug sich vor Entsetzen, und verzweifelt versuchte sie, ihr zerrissenes Gewand zusammenzuhalten. Der Dieb hatte sie in eine Ecke gedrängt, sodass sie sich nicht bewegen konnte.
Marcus kochte vor Zorn. Wie konnte der elende Schurke es wagen, sich an dieser Frau zu vergreifen!
Keelin versuchte, sich aus der Ecke zu befreien, doch der Mann stemmte sich mit dem Rücken gegen sie und hinderte sie mit ausgestreckten Armen daran, ihm zu entkommen. Er grinste Marcus boshaft an. „Ich könnte der Kleinen noch ziemlich wehtun, bevor ich gehe, Mylord“, drohte er unverhohlen.
„Lass sie los!“, rief
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