1700 - Möbius
nichts gemein, außer der mattschwarzen Farbe.
„Alaska Saedelaere! Was willst du? Du stiehlst meine Zeit."
„Die STYX ist auf dem Weg nach Charon", stellte er nüchtern fest.
„Selbst mit einem Schiff wie dem deinen dürfte das den ganzen Tag dauern. Du bist also ohne Beschäftigung, Moira."
„Unsinn. Du redest von Dingen, die du nicht verstehst. Mit Langeweile wird man nicht zwei Millionen Jahre alt."
Saedelaere versuchte, aus ihrer Mimik schlau zu werden, mußte jedoch erkennen, daß er außer einer perfekten Maske nichts zu sehen bekam. Der Kopf war kantig, die Nase breit, und ihre Augen lagen in tiefen, knochigen Höhlen. In die gelbe Iris waren violette Pupillen eingebettet.
Durch einen fünf Zentimeter breiten Spalt in ihrem Helm wuchs eine widerspenstige, manchmal zuckende Haarpracht, zu knotigen Strängen geflochten. Hängen blieb sein Blick allerdings am karpfenartigen, nach unten gewölbten Mund, der ihr einen beklemmenden Gesichtsausdruck verlieh.
„Ich will mit dir über Mila und Nadja Vandemar sprechen. Ich habe mit den beiden Pläne, für die ich deine Hilfe benötige."
Moira horchte sichtbar auf.
Was immer sich in ihrem Geist abgespielt, welche Gedanken sie auch verfolgt hatte, in diesem Moment erwachte ihr Interesse.
Spiegelsehen war etwas, das sie als faszinierend empfand. Ihr Interesse an der Mutantenfähigkeit der Zwillinge war Saedelaere bekannt. Und wenn er etwas zur Verfügung hatte, womit er die Söldnerin manipulieren konnte, so nutzte er diesen Umstand ohne Scheu.
„Nenne die Hilfe, die du brauchst."
„Bist du in der Lage, auf psionisch veranlagte Gehirne in irgendeiner Weise einzuwirken? Damit meine ich keinen operativen Eingriff. Ich denke vielmehr an eine Art von Strahlung."
„Das wäre machbar, wenn du mir sagst, was du anstellen willst."
Alaska Saedelaere erklärte es ihr.
*
Kurz darauf bat er Mila und Nadja Vandemar in seine Kabine.
„Setzt euch! Mila, Nadja - wir haben zu reden."
Im Gegensatz zu früher hatten sie sich zu eindeutig gereiften Charakteren entwickelt. Die lange Reise an Bord der STYX, allein mit Moira und Alaska Saedelaere, hatte viel dazu beigetragen.
Zu wirklich großen Persönlichkeiten, im Stil eines Perry Rhodan etwa, fehlte allerdings ein ganzes Stück.
Die beiden jungen Frauen fühlten sich alles andere als wohl. Als wüßten sie bereits, was ihnen bevorsteht. Saedelaere war ein fähiger Analytiker. Er konnte sehen, was in ihnen vorging.
„Was ist los, Alaska?" fragte Nadja, die etwas redefreudigere der zwei ausgesprochen schweigsamen Persönlichkeiten.
„Wir müssen entscheiden. Über euch beide."
Mila bewegte sich unruhig.
Abkapselung, Abwehr, verstellte Flucht.
Saedelaere war ein sehr zurückhaltender Mann, der das Schweigen einer Predigt immer vorzog. Aber manchmal, so hatte er gelernt, gab es keinen anderen Weg, den man gehen konnte.
Seine bestimmte Geste bannte sie an den Platz.
„Mila und Nadja, ihr verfügt über eine Mutantenfähigkeit, die immer noch rätselhaft ist. Ich vermisse euren unbedingten Willen, an der Gabe zu arbeiten. Von euch beiden kommt nichts, immer nur Angst. Diese Art Stillhaltepolitik ist jedoch nicht angebracht."
Er, der ein halbes Leben lang eine Plastikmaske getragen hatte, um nicht mit dem Anblick seines entblößten Gesichtes andere Menschen in den Wahnsinn zu treiben, betrachtete sie mit verstecktem Mitleid.
„Insgeheim denkt ihr immer noch, ihr seid einsam, isoliert, auf euch gestellt. Es geht vielen Menschen so. Die meisten werden die Geister der Vergangenheit niemals los, im ganzen Leben nicht. Aber ihr zwei seid dazu gezwungen. Euer ganzes Leben - das wird sehr lange dauern. Man kann sich wehren. Gegen das ganze Universum, und auch gegen die Schranken, die der eigene Geist einem auferlegt."
Nadja Vandemar hob den Kopf und sah ihm gerade in die Augen.
Er konnte Trotz erkennen, Ärger über einen ungerechten Vorwurf.
Früher wäre sie zu einem solchen Blick nicht fähig gewesen.
„Wir wollen nicht auf diese Weise kämpfen, die du dir vorstellst, Alaska. Wir brauchen einfach Zeit. Sind wir nicht potentiell unsterblich? Laß es doch hundert Jahre dauern. Dann sind wir sicher da, wohin wir wollen."
„Lernen ist immer eine bittere Angelegenheit", entgegnete er nach einer Weile. „Für euch zwei gibt es aber keinen leichten Weg. Ich habe das sichere Gefühl, daß es in hundert Jahren längst zu spät ist.
Euch wird nichts geschenkt. Jeder Sieg ist mit Schmerzen verbunden,
Weitere Kostenlose Bücher