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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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MIN
     
     
    Zerschlagen, müde bis in die Knochen und zutiefst verdutzt ging Min Donner kurz nach Warden Dios’ Rückkehr von Holt Fasners Firmensitz ins VMKP-HQ an Bord der Rächer. Seit dem Tag vor ihrem Besuch bei Sixten Vertigus hatte sie nicht mehr geschlafen, seit dem Rückflug von Suka Bator ins VMKP-HQ nichts mehr gegessen.
    Sie hatte ein Gefühl, als würde rings um sie ihr ganzes Leben neu geschrieben; gänzlich uminterpretiert, mit einer Bedeutung versehen, für die sie sich nie entschieden harte, die sie nicht verstehen konnte.
    Weshalb?
    In gewisser Hinsicht hatte Warden diese Frage beantwortet. Es ist so, daß ich Anlaß zu der Annahme habe, hatte er während ihres letzten Gesprächs – zu ihrem größten Staunen zu ihr gesagt, Morn Hyland könnte überleben, was ihr zugestoßen ist. Möglicherweise kommt sie mit dem Leben davon. Und obwohl er ihr längst die Überzeugung eingeredet gehabt hatte, Morn Hyland sei seinerseits aufgegeben, mit Leib und Seele verkauft worden, hatte er hinzugefügt: Und für diesen Fall möchte ich von jemandem dafür gesorgt haben, daß sie am Leben bleibt, durch jemanden, dem ich vertraue. Das heißt, durch Sie. Mit dieser Begründung zog er Min von ihren Dienstpflichten im VMKP-HQ ab und schickte sie hinaus in den Kosmos. Wenigstens hatte es diesen Anschein.
    Allerdings erklärte seine Begründung überhaupt nichts. In Wirklichkeit ersah sie daraus nur, daß sie angelogen worden war; daß er sie monatelang systematisch belogen hatte.
    In Gottes Namen, was war eigentlich los? Sein Abschiedsgruß erreichte sie per Funk, während sie in ihrem Dienstshuttle zur Tach-Übersprungszone flog, in deren Bereich die Rächer schon gewendet hatte und Vorbereitungen zur Auswärtsbeschleunigung traf; doch sie übermittelte ihm keine Antwort. Sie hatte ihm nichts mehr zu sagen. Statt eine inhaltslose Bestätigung oder ein Grußwort zurückfunken zu lassen, schüttelte sie auf diesbezügliche Fragen der Shuttlecrew nur den Kopf. Sollte Warden Dios seinen guten Glauben an sie beibehalten, so wie sie ihm guten Glauben schenken mußte. Er hatte ihr keine andere Möglichkeit gelassen, um ihrer bitteren Verwirrung Ausdruck zu verleihen; und ebensowenig ihrer blinden, mit Fassungslosigkeit vermischten Hoffnung.
    Mit soviel gewohnheitsmäßiger, grimmiger Entschlossenheit, wie sie aufbringen konnte, ließ sie, auch innerlich, Kaze und Mordanschläge hinter sich und konzentrierte sich statt dessen auf die bevorstehende Aufgabe.
    Bei oberflächlicher Betrachtung hatte sie ganz leicht begreifliche Befehle erhalten. Sie war instruiert worden, an Bord des erstbesten abkömmlichen VMKP-Polizeiraumschiffs zu gehen – in diesem Fall der Rächer – und den Kombi-Montan-Asteroidengürtel anzufliegen. Im Ortungsschutz des Asteroidengürtels sollte sie »die künftige Entwicklung im Umkreis Thanatos Minors beobachten und entsprechend darauf reagieren«. Mit anderen Worten, sie hatte zu beobachten, zu welchem Resultat Angus Thermopyles verdeckte Aktion gegen Kassafort führte und sich voraussichtlich mit den Folgen zu befassen.
    Soviel war offenkundig. Aber weshalb sollte dazu das Erfordernis bestehen? Auf Fasners Anordnung befand sich jetzt der gesamte Human-Kosmos längs der Grenze zum von den Amnion beherrschten Bannkosmos – vor allem in der weiteren Umgebung der KombiMontan-Station und des dortigen Asteroidengürtels – unter der Überwachung des dichtesten Observations- und Kommunikationsnetzes, das Menschen je etabliert hatten. Jede entzifferbare Information aus der Richtung Thanatos Minors erreichte das VMKP-HQ innerhalb von Stunden, ob sie, Min Donner, sich persönlich im Asteroidengürtel aufhielt oder nicht.
    Welche Art von ›künftiger Entwicklung‹ erwartete Warden? Entweder hatte Josua alias Angus Thermopyle Erfolg, oder er hatte keinen Erfolg. Gelang seine Aktion, war Nick Succorso erledigt, die Gefahr, die er verkörperte, aus dem Weg geräumt. Dann erwiese Mins Argwohn gegen Milos Taverner sich als überflüssig. Falls Angus hingegen versagte, war jeder und alles verloren. Morn wäre nur einer von zahlreichen Abgängen.
    So oder so gab es wahrscheinlich für Min nichts zu tun; es sei denn, etwaige Überlebende zu bergen oder amnionische Verfolger abzuschrecken. Dazu wäre allerdings auch die KombiMontan-Station imstande. Ebensogut wäre es trotz ihrer Gefechtsverschlissenheit und insgesamt beeinträchtigten Verfassung die Rächer zu leisten fähig gewesen, ohne daß Min an Bord

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