1703 - So grausam, schön und tödlich
sie so schnell wie möglich einen leeren Raum gesucht, und den hatten sie auch gefunden. Es war eine große Dusche. Was hier abgewaschen wurde, wussten sie nicht, denn es gab keine Reste auf dem Boden, die darauf hindeuteten.
Sie befanden sich nicht im Zentrum. Aber sie hörten, dass gearbeitet wurde. Das Schreien der Tiere, bevor man sie tötete, drang nicht an ihre Ohren, das musste in einem anderen Teil dieses großen Schlachthauses passieren.
Besonders glücklich waren sie über diesen Fluchtweg nicht. Sie wären lieber nach oben in das Lokal gegangen. Da wären sie auch nicht unbedingt aufgefallen, was hier der Fall sein würde, wenn man sie erst mal entdeckt hatte. Als Geschöpfe der Nacht fühlten sie sich in der Dunkelheit wohler als hier im hellen Schein.
Es war zum Glück ein künstliches und sehr kaltes Licht und nicht das der normalen Sonne.
Beide schauten sich an.
»Gehen wir?«, fragte Fiona.
»Müssen wir wohl.«
»Ich will endlich Blut trinken.«
Rachel lachte nur. Sie machte den Anfang und ging auf den offenen Eingang zu. Es war ein Rechteck in der Wand. Dahinter lag ein Betongang. Sie mussten sich zur linken Seite wenden, denn dort sahen sie die breiten und schweren Kunststofflappen, die den Eingang zu einer großen Halle bildeten. Das glaubten sie zumindest. Dahinter war es heller, da hörten sie dann auch Stimmen.
Beide schlichen vor. Die Kunststoffbahnen bewegten sich zitternd vor ihnen. An manchen Stellen sahen sie dunkle Flecken. Blutspritzer, die an der Innenseite klebten.
Rachel machte den Anfang. Sie drückte sich in die Lücke zwischen zwei Bahnen und hatte es als Erste geschafft. Sofort ging sie vor, um Fiona Platz zu machen.
Ja, sie befanden sich in einer Halle, und so sahen sie einige Schweinekörper, die an Haken hingen und über eine unter der Decke hängende Transportbahn in einen anderen Teil der Halle geschafft wurden, wo Männer mit Sägen standen und auf die Körper warteten. Im Moment stand alles still, und sie hörten aus dem Hintergrund der Halle das Geschrei.
Die Stimmen der Arbeiter hallten. Deshalb hörte es sich an wie ein Schreien, lautes Schreien.
Die Leute selbst waren nicht zu sehen. Sie standen hinter den Schweinen, die einen Schutz bildeten.
»Sollen wir?«, fragte Rachel.
»Warte noch.«
»Warum?«
»Wenn die Tiere weiter wandern, haben wir mehr Deckung. Dann können wir sie erwischen.«
Rachel leckte über ihre Lippen. Sie zitterte nicht, aber sie vibrierte. Die Sucht nach dem Blut der Menschen steigerte sich bei ihr von Sekunde zu Sekunde.
So etwas wie eine blechern klingende Sirene dröhnte auf. Sogar die Vampirinnen schraken zusammen. Dann setzten sich die Schweine wieder in Bewegung. Es gab ein kurzes Pendeln, wenn sie gegeneinander stießen, danach waren sie wieder auf dem Weg, um von den Arbeitern in Stücke geschnitten zu werden.
Dafür sorgten die Kettensägen der Männer. Die Geräusche erzeugten bei manchen Menschen eine Gänsehaut, nicht so bei den Blutsaugern, sie blieben davon unbeeindruckt.
Beide bewegten sich in Deckung der toten und leicht schwingenden Körper. Noch war ihnen kein Blick in den zweiten Teil der Schlachthalle gestattet, das änderte sich erst, als sie eine Kurve hinter sich gelassen hatten.
Jetzt war ihr Blick frei, und selbst sie blieben überrascht stehen, als sie sahen, was da passierte.
Etwa ein halbes Dutzend Männer arbeiteten an den Schweinen. Sie trugen Schutzkleidung, dicke Handschuhe, und ein großer Teil der Kleidung war mit dem Blut der Tiere besudelt.
Sie gingen mit ihren Kettensägen perfekt um. Sie brauchten die Werkzeuge nur einmal anzusetzen, um die Schweine in zwei Hälften zu teilen. Beide fielen nach unten und landeten auf einem breiten Transportband, das sie in eine Nebenhalle schaffte, wo sie weiter verarbeitet wurden.
»Und?«, fragte Fiona.
»Ich brauche Blut.«
»Versuchen wir es hier?«
»Wo sonst?«
Fiona hatte noch Bedenken. »Was ist mit den Kettensägen?«
»Damit werden nur Schweine geteilt. Ich glaube nicht, dass sie uns damit angreifen. Sie werden denken, in einem Film zu sein, wenn sie uns sehen.«
»Dann nichts wie los.«
Es war kalt in dieser Umgebung. Als Menschen hätten Fiona und Rachel gefroren, nicht aber als Vampire. Für sie gab es weder Hitze noch Kälte, nur das Blut der Menschen, und mit einem Blutgeruch oder Blutgestank wurden sie konfrontiert, aber es war nicht der Geruch, den das Menschenblut abgab.
Schritt für Schritt kamen sie näher. Noch waren die
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