1704 - Teuflische Abrechnung
Schlag gegen die Stirn.
Von einem Augenblick zum anderen wurde es dunkel um ihn. Larkin kippte nach hinten, und noch bevor er bewusstlos wurde, hörte er die Stimme eines Mannes sagen: »Endlich habe ich dich, du verdammte Bestie …«
***
Irgendwann erwachte Lex Larkin. Er lag noch immer auf dem Boden, aber er konnte sich nicht bewegen, das stellte er schnell fest. Man hatte ihn gefesselt. Um Hand- und Fußgelenke lagen eiserne Ringe.
Um ihn herum war es nicht mehr still. Er sah die Männer nicht, er hörte sie nur. Hin und wieder sprachen sie auch über ihn, aber sie kümmerten sich vor allen Dingen um die junge Frau, die Glück gehabt hatte und noch am Leben war.
»Er ist wach, Sir.«
»Danke.«
Larkin wusste, dass er nicht schauspielern konnte. Er nahm alles hin und öffnete die Augen. Da er auf dem Rücken lag, schaute er in die Höhe und sah das Gesicht eines Mannes, den er nicht kannte.
Es war ein seltsamer Typ. Zuerst fiel ihm der Hut auf, den der Mann nicht abgenommen hatte. Eine mausgraue Kopfbedeckung, die der Mann nach hinten geschoben hatte, sodass sein zerknittertes Gesicht frei lag. Der Mann kniete neben ihm. Er trug einen grauen Anzug und einen ebenfalls grauen Mantel. Eigentlich sah sein Gesicht nicht so schlimm aus, wären da nicht die Augen gewesen, die ihn so kalt anschauten, dass ihm vom ersten Moment an klar war, dass er von dieser Person keine Gnade zu erwarten hatte.
Der Mann schlug ihm jetzt zweimal gegen die Wangen.
»Wer sind Sie?«
Larkin lachte, obwohl ihm danach nicht zumute war. »Das weißt du doch, Bulle.«
»Sie sind also Lex Larkin.«
»Stimmt.«
Der Mann in Grau stand etwas mühsam auf. Er schaute verächtlich auf den Mann am Boden hinab. Durch die Nase holte er Luft und sprach dann die Worte aus, als wollte er sich durch sie von einer schweren Last befreien.
»Ich verhafte Sie wegen vierfachen Mordes. Ab jetzt kann das, was Sie sagen, vor Gericht gegen Sie verwendet werden.«
Larkin verzog das Gesicht. Er hatte alles verstanden und musste trotzdem gegen die Schmerzen in seinem Kopf ankämpfen, aber die waren jetzt zur Nebensache geworden.
»Es ist mir scheißegal, warum du mich verhaftest. Ich bin nicht tot, ich lebe. Ich werde auch weiterhin leben, denn ich habe den Schutz von oben. Die Engel schauen auf mich nieder und werden mich nicht im Stich lassen.«
»Engel?«
»Ja.«
»Darüber kann ich nur lachen. Engel kümmern sich nicht um Bastarde, wie Sie einer sind.«
»Wer sagt das?«
»Ich! Chiefinspektor Tanner.«
»Danke, dass Sie mir Ihren Namen gesagt haben. Dann weiß ich, mit wem ich es zu tun habe.«
»Und ich weiß es auch. Wir werden uns noch mal vor Gericht sehen, und dort werde ich triumphieren.« Tanner hatte diesem Mann genug gesagt. Er drehte sich zu seinen Männern um und sagte nur: »Schafft ihn mir aus den Augen!«
Das taten sie. Tanner war froh. Er spürte die Erleichterung, die ihn durchdrang. Für einen Moment drehte sich die Welt vor seinen Augen und er musste sich gegen die Wand lehnen, um sich einige Sekunden Ruhe zu gönnen.
Er hatte es geschafft. Einer der gefährlichsten Killer war ihm endlich ins Netz gegangen …
***
Der Prozess ließ nicht lange auf sich warten. Er fand knapp vier Wochen später statt, und Tanner war geladen, um seine Aussagen zu machen. Er hasste es, in der Zeitung sein Bild zu sehen, konnte aber nicht vermeiden, dass er fotografiert wurde, denn vor dem Gerichtssaal lauerten die Reporter.
Endlich war der Engelmacher verhaftet worden. Vier Opfer hatte es gegeben, eine fünfte Frau war gerettet worden. Die Ärzte hatten sie als traumatisiert bezeichnet. Sie würde lange brauchen, um über das Geschehen hinwegzukommen.
Tanner musste seine Aussage machen. Er empfand sie als überflüssig, aber so war nun mal das Prozedere. Also betrat er den Gerichtssaal und hatte die Tür kaum hinter sich geschlossen, als er von einem scharfes Lachen begrüßt wurde.
Lex Larkin hatte es ausgestoßen. Er hockte neben seinem Verteidiger, war gefesselt und hob seine Hände jetzt an, weil er auf den Chiefinspektor deutete.
»He, da bist du ja!«
Tanner blieb für einen Moment stehen. Er schaute Larkin an, gab aber keinen Kommentar ab. Er ging zu seinem Platz im Zeugenstand. Von dort aus schaute er auf den Richter. Er sah den Staatsanwalt, den Verteidiger, der vom Staat bestellt worden war, und er sah auch die Schöffen, die mit bewegungslosen Gesichtern auf ihren Stühlen saßen und sich ihre Gefühle nicht anmerken
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