1708 - Geheimsache Gender
die Unterschrift der Ersten Terranerin.
Der Schleusensyntron tastete dagegen den unsichtbaren Chip ab - und kam zum selben Ergebnis. Man hatte den derzeit wichtigsten Entscheidungsträger des Solsystems vor sich. Und das war ein nicht ganz unwichtiges Detail, mit dem sich Sheremdoc selbst noch anfreunden mußte.
Ein Posten an der Schleuse flüsterte aufgeregt in den Interkom. Kurz darauf war die Kommandantin zur Stelle, eine hochgewachsene, dunkelhäutige Frau namens N'Violae. Sie hatte eine breite, momentan gerümpfte Nase, dazu sehr helle Augen, deren Blick mit sichtbarer Abneigung den Fremden musterte.
„Dein Name ist Geo Sheremdoc?" fragte sie mit hochgezogenen Brauen. „Das ist richtig."
„Ich hab' von dir gehört. Du genießt einen zweifelhaften Ruf. Weshalb bist du hier?"
Ihre Körpersprache machte deutlich, daß sie nicht gewillt war, sich allein dem Ausweis widerspruchslos zu beugen.
Der Glatzkopf musterte N'Violae kalt von oben bis unten - bis sie den Blick senkte und sich seiner Autorität geschlagen gab.
„Ich will Timmersson Gender sehen. Du kommst bitte mit, Kommandantin. Vielleicht benötige ich die eine oder andere Erläuterung."
Er kannte sich mit dem Aufbau moderner Raumer aus. Also ging er voran in die Medo-Abteilung, N'Violae immer hinterher.
Von da an übernahm sie selbst die Führung. „Hier entlang. Wir haben ihn in der Quarantänestation untergebracht."
Die fraglichen Räume besäßen nur einen einzigen Zugang. N'Violae hatte ihn durch einen aktivierten Schutzschirm und zusätzlich durch Kampfroboter sichern lassen. Keine der Maschinen regte sich, als die zwei Besucher sich der Quarantänestation näherten.
Plötzlich blieb die Kommandantin stehen.
„Merkwürdig", sagte sie. „Es wäre die Pflicht der TARA-V-UHS, uns spätestens jetzt zu überprüfen."
„Das haben sie vermutlich auch getan", antwortete Geo Sheremdoc.
„Mein LFT-Siegel besitzt aber eine gewisse Eigenstrahlung, die sie durch geschlossene Taschen wahrnehmen. Kein Roboter wird mich oder meine Begleiter im Solsystem aufhalten."
Sheremdoc wartete nicht, bis N'Violae den Schutzschirm mit ihrem Kodegeber erlöschen ließ. Die Automatik reagierte auf das Siegel, genau wie die Roboter. Im grünen Energievorhang entstand eine Strukturlücke, die zunächst ihn, dann die Kommandantin passieren ließ.
N'Violae zeigte auf die verschlossene Tür ganz rechts.
„Da drinnen. Ich nehme an, er schläft noch immer."
Zwei Mediziner schauten aus einem der Nebenräume um die Ecke; sie verschwanden aber wieder, als sie die Kommandantin erkannten.
Sheremdoc legte seine Hand auf den Öffnungskontakt. Er betrat mit gespannten Sinnen ein geräumiges Zimmer, in dessen Mitte ein Antigravbett stand.
In den unsichtbaren Polstern schwebte ein Mann von etwa zwei Metern Größe. Seine Halbglatze sowie das Gesicht und die Hände wiesen eine häßliche, verbrannte Farbe auf. Die Haut würde sich unter Einwirkung von Medikamenten an diesem Tag noch abschälen; darunter käme dann neue, unzerstörte Haut zum Vorschein.
Sheremdoc näherte sich dem Mann sehr vorsichtig. Das war Timmersson Gender. Ein Bote von ES? Oder nur ein großes Gefahrenpotential; vor dem man gar nicht genug Respekt haben konnte?
All seine inneren Antennen richteten sich angesichts dieses Mannes in höchster Alarmbereitschaft auf.
Timmersson Gender roch seltsam. Aber das lag an den Medikamenten. „Warum trägt er immer noch diesen braunen Anzug?" flüsterte Sheremdoc.
„Wir sind nicht in der Lage, diese Folienkombination auszuziehen. Es scheint sich um eine unbekannte Vorrichtung zu handeln. Jedenfalls ist der Stoff nicht mit der Haut verwachsen. Der feste Kontakt kommt erst zustande, wenn wir versuchen, die Verschlüsse zu öffnen. Man kann ihm nicht einmal diese Schuhe abnehmen."
„Habt ihr schon versucht, die Folie aufzuschneiden?"
„Ja. Wir verfügen allerdings über kein Gerät, das mit dem Stoff fertig würde. Vibratormesser zerbrechen, und Mikro-Desintegratoren sind wirkungslos."
Sheremdoc musterte die Mokassins an Genders Füßen genau, stellte jedoch nichts Ungewöhnliches fest.
„Die Kleidung hat ihm das Leben gerettet", fügte N'Violae hinzu.
„Wir glauben, daß die Haut darunter völlig unversehrt ist."
Sheremdoc und die Frau traten auf den Korridor hinaus und schlossen hinter sich leise die Tür.
„Hat der Mann irgendwas gesagt?" fragte er.
„Nur ein paar Sätze, ein halb bewußtloses Gemurmel. Die Mediker meinen, es wäre besser, ihn
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