1708 - Geheimsache Gender
du annimmst, ernenne ich dich zum LFT-Kommissar."
„Es gab lange Zeit keinen mehr."
„Nein. Aber die Unsterblichen sind weg. Wir müssen allein klarkommen, und das ist mir ausnahmsweise sogar sehr lieb."
„Was geschieht mit meinem Feuerbefehl von Riomasch?"
An ihrer Miene konnte er sehen, daß er an ein brenzliges Thema rührte. Doch Sheremdoc war nicht dafür, die Dinge unter den Teppich zu kehren.
„Gar nichts." Koka Szari Misonan lächelte schief. „Die LFT stellt sich hinter dich, falls es zu Protesten kommen sollte."
„Da das geklärt ist, akzeptiere ich die neue Aufgabe."
„Gut. Du darfst dich hiermit als ernannt betrachten. Du hältst bitte ständig Kontakt zu mir und zu NATHAN."
Koka Szari Misonan hielt kurze Zeit inne und faßte sich an den Kopf, als habe sie Schmerzen.
„Ach übrigens", sagte sie leise, „es gibt ein Problem am Rande. Und zwar unser derzeit fähigster Wissenschaftler im Solsystem. Sein Name ist Boris Siankow."
„Siankow? Der Nexialist ist mir gut bekannt."
„Das spart Erklärungen. Boris war daran interessiert, Timmersson Gender selbst zu übernehmen. Ich habe abgelehnt. Etwas zu grob, fürchte ich; du solltest mit ihm reden."
„Das werde ich ganz sicher. Ich werde seine Mitarbeit brauchen."
Der Glatzkopf stellte sich mitten in den Raum und sprach laut: „NA-THAN? Kannst du mich hören?"
„Ausgezeichnet, Geo."
„Bin ich als LFT-Kommissar akzeptiert?"
„Selbstverständlich."
„Dann folgt jetzt meine erste Order. Ich erkläre den Alarmzustand für das gesamte Solsystem, für sämtliche Planeten, Monde und Raumstationen. Allerdings unterste Stufe. Die Angehörigen der LFT und der Kosmischen Hanse halten ab sofort nach ungewöhnlichen Ereignissen Ausschau. Ich will, daß zu jeder Tages- und Nachtzeit hundert bewaffnete Großraumschiffe startbereit sind. Von eventuellen Beobachtungen werde ich unverzüglich unterrichtet. Und wenn sie noch so bedeutungslos scheinen."
„Alles klar, Geo."
„Ich benötige einen Ausweis-Chip."
„Du wirst ihn bekommen."
Geo Sheremdoc fiel erschöpft in den Sessel zurück.
Er bemerkte, daß die Erste Terranerin ihn seltsam ansah.
„Versteh mich nicht falsch", Sagte sie, „es ist natürlich deine Entscheidung. Aber denkst du nicht, daß du ein wenig übertreibst?"
„Nein. Ich hab' ein häßliches Gefühl bei der Sache."
Geo Sheremdoc verließ den STALHOF, bezog zehn Kilometer entfernt eine Kabine und legte sich sechs Stunden schlafen. Erschöpfte Menschen begingen Fehler; die konnte er sich nicht leisten.
*
Sein morgendliches Trainingsprogramm dauerte eine halbe Stunde.
Es bestand aus Bauch- und Kreislaufübungen, die andere Menschen als brutal empfunden hätten. Für ihn war es normal, täglicher Standard.
Frühstück, fünfzehn Minuten: Es entsprach seiner persönlichen Philosophie, den Körper als leistungsfähiges, aber auch empfindliches Instrument zu betrachten. Wenn er dessen Leistungskraft erhalten wollte, mußte er ihn pflegen und zugleich auch fordern.
Er besaß weder Freunde noch einen Ehevertrag oder Kontakt mit Verwandten. Er war vollkommen frei in seinen Entscheidungen. Es gab niemanden, der ihn an Bord der BO GOND vermissen würde. Keinen, dem er eine Erklärung schuldete.
Also nahm er unbeschwert die eigentliche Arbeit auf.
Im Vorraum seiner Kabine lagen verschiedene Dinge bereit, die er am gestrigen Tag bestellt hatte. Dazu ge hörten ein leichter Schutzanzug, der wie Straßenkleidung aussah, den er ab jetzt regelmäßig tragen wollte, ein High-Tech-Armbandorter mit einge bautem Hyperfunkgerät und der Ausweis eines LFT-Kommissars.
Sheremdoc fand sich unter der Mondoberfläche schnell zurecht. Im Rahmen seiner Ausbildung hatte er sich häufig hier aufgehalten.
Es war Neujahr, und ungefähr die Hälfte aller Passanten machte einen sichtlich abgekämpften Eindruck. Kein Mensch nahm den neuen Mann zur Kenntnis. Allein in diesem Sektor NATHANS mußte es viele tausend Personen Besatzung geben.
Per Kurzstrecken-Transmitter erreichte er Lunaport 39: ein riesiges Landefeld inmitten meteorgeformter Mondoberfläche. Die SUCCATICON war etwa drei Kilometer entfernt. Von einer Hochdruck-Vakuumkapsel ließ sich Sheremdoc ans Ziel schießen. Er passierte ein wahres Labyrinth von Abflugtoren, Vorratshallen, Ersatzteillagern.
Um an Bord zu gelangen, zeigte er zum erstenmal seinen neuen Ausweis vor.
Die Mannschaft der SUCCATICON war bestens geschult.
Jedermann erkannte auf Anhieb das strahlende Siegel,
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