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1719 - Totenmarsch

1719 - Totenmarsch

Titel: 1719 - Totenmarsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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können. Die Angst, alles verloren zu haben, die tiefe Depression.
    Und Father Gregor sah das Kreuz. Für ihn war es bis zum heutigen Tag der große Hoffnungsträger gewesen. Nun musste er mit anschauen, wie es seine Farbe verlor, nicht mehr hell strahlte, sondern in eine tiefblaue Schwärze versank.
    Dass es einen starken seelischen Schmerz geben konnte, erlebte Father Gregor in diesen Sekunden. Er wusste selbst nicht, wer er noch war. Alles war anders geworden. Sein eigenes Ich zerfloss. Er saß am Tisch, aber er war nicht mehr als eine Marionette. Eine ohne jegliches Gefühl, denn das war ihm genommen worden.
    Er konnte nicht mehr. Er glaubte, sein Menschsein verloren zu haben, und wenig später meldete sich die Stimme des Eindringlings zum ersten Mal.
    »Kannst du dir denken, wer ich bin?«
    Gregor hätte jetzt antworten müssen, doch er schaffte es nicht. Es war ihm nur möglich, den Kopf zu schütteln.
    »Du weißt es wirklich nicht?«
    »Nein …«
    »Dann will ich es dir sagen. Ich bin ein Engel, der stärkste Engel, den es gibt, denn das höchste Wesen überhaupt hat mich zu seinem Ersten Diener gemacht, damit ich seine Botschaft in die Welt trage …«
    Father Gregor wunderte sich über sich selbst, dass er plötzlich wieder klar geworden war. Er hatte jedes Wort mitbekommen und war zudem in der Lage, darüber nachzudenken. Er ließ sich die Worte durch den Kopf gehen und war nicht weit von einer Lösung entfernt. Manche hätten sich gefreut, einem Engel gegenüberzustehen. Das war der Traum vieler, und Gregor erinnerte sich, in seinen Predigten früher auch viel über Engel erzählt zu haben.
    Die jedoch hatten anders ausgesehen. Er hatte sie so positiv beschrieben, wie sie seiner Fantasie entsprungen waren, aber nie hatten seine Engel ausgesehen wie sein Besucher. Sie hatten den Menschen auch Freude gebracht und keine tiefe Angst.
    Dieser Engel war anders. Er gehörte nicht zum Himmelreich. Er war jemand, der von der anderen Seite zu ihm gekommen war. Und dafür gab es nur einen Begriff.
    Die Hölle!
    Das Blut schoss ihm in den Kopf, als er daran dachte und zugleich das Lachen hörte, das nur kurz aufflackerte und dann verstummte, weil der Besucher sprechen wollte.
    »Ich bin der Engel Luzifers. Er hat mich zu seinem Vertreter gemacht. Ich bin die personifizierte Hölle, und ich bin zugleich ein Fresser der Engel, an die du glaubst. Ich habe viele Freunde, und einige von ihnen hast du gesehen. Es ist meine Gruppe, die erschienen ist und ihre Zeichen setzen wird.«
    Dem Geistlichen stockte der Atem. Er wollte etwas erwidern und dabei ein Gegenargument bringen. Es war ihm nicht möglich. In den vergangenen Sekunden war sein Weltbild zerstört worden. Er hatte an die Macht des Guten geglaubt und musste nun erkennen, dass es genau umgekehrt war.
    Für ihn war es so etwas wie der Beginn einer Apokalypse. Und vielleicht auch das Ende seines bisherigen Lebens, denn Gnade konnte er nicht erwarten.
    Er wusste auch nicht, weshalb diese Gestalt erschienen war. Es konnte ihr doch nicht nur darum gehen, ihn auszuschalten. Da musste es noch einen anderen Grund geben.
    Nach ihm traute sich Gregor nicht zu fragen. Etwas anderes drängte in ihm hoch, und das musste er einfach loswerden, bevor er daran erstickte.
    »Sieht so der Teufel aus?«, fragte er mit einer zitternden und ihm fremd vorkommenden Stimme.
    »Was soll die Frage? Hast du nicht zugehört? Ich bin nicht der Teufel. Nicht Luzifer. Ich bin sein erster und sein wahrer Diener. Ich bin Mensch und Engel, ich stehe auf seiner Seite und werde immer das tun, was er von mir verlangt.«
    »Ja, das glaube ich dir. Aber warum bist du zu mir gekommen? Bitte, ich will es wissen.«
    »Kannst du dir das nicht denken?«
    »Nein, das kann ich nicht. Ich habe mein Leben immer so geführt, wie es sein sollte, und …«
    »Ja, und das war ein Fehler. Es muss dir doch klar sein, dass du mit deinem Leben bei mir nicht punkten kannst. Du würdest dich nie auf meine Seite stellen, was ich auch nicht will. Aber meine Freunde brauchen freie Hand, und das werde ich ihnen ermöglichen, indem ich dich aus dem Weg schaffe.«
    »Du bist mein Mörder?«
    »So ist es.«
    Gregor hatte es begriffen. Er wollte es nur nicht wahrhaben. Er war plötzlich fähig, sich zu erheben, und tat dies mit einem heftigen Ruck.
    »Nein, Satan, nein! Ich werde dir nicht folgen, ich werde auch jetzt meinen Weg gehen. Ich habe mein Leben in die Hände des Allmächtigen gelegt und weiß, dass er mich

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