1731 - Die Beaumortels
wurde zu einem unregelmäßig ausgezackten Loch, das Einblick in eine durchlöcherte Mundhöhle bot.
Nach allem, was Joseph von Moiras Erklärungen verstanden hatte, erschien es nun so, daß die Chamäleon-Moleküle dieses Pseudowesens ihre letzten Reserven aufgeboten hatten, um Mund und Stimmbänder zu regenerieren. Nachdem dies getan war, schienen die Chamäleon-Moleküle ihre Reserven aufgebraucht zu haben und mußten sich wieder der Zersetzung überlassen. Joseph sprach seine Gedanken nicht aus.
Hinter ihm konnte ein Beausoleil seinen Mageninhalt nicht mehr halten und übergab sich. Einige andere würgten ebenfalls, alle waren blaß.
Keiner, dem der Anblick dieses entsetzlich zugerichteten, bedauernswerten Pseudolebens nicht naheging.
„Wer könnte der Sprecher sein, Joseph, was meinst du?" fragte Lugia unbehaglich; sie war die einzige, die ihre Fassung halbwegs bewahrt hatte.
„Das läßt sich nicht mehr sagen", antwortete Joseph kopfschüttelnd.
„Der geringen Größe nach sind lediglich einige wie Alex, Bebe oder Zach auszuschließen. Es könnte die kleine Karla sein oder der Muskel..."
Joseph hielt betroffen inne, als er feststellte, daß bei Nennung ihrer Namen die Bilder der Kameraden von früher schmerzhaft in seinem Geist erwachten. Sein Schmerz verwandelte sich in von Mitleid geprägte Wut.
„Was spielt das jetzt noch für eine Rolle?" sagte er nur noch.
Die Hamiller-Tube meldete sich.
„Es sollte keine Schwierigkeiten bereiten, den Beaumortels ein reges Bordleben vorzugaukeln, obwohl die BASIS inzwischen geräumt worden ist", sagte sie in verschwörerischem Flüsterton, als fürchte sie, von den Beaumortels gehört zu werden; dieses irrationale Verhalten war einer der gelegentlichen menschlichen’ Züge der Tube. „Ich werde ihnen einfach alte Archivaufnahmen vorspielen, sie damit täuschen und in Sicherheit wiegen."
„Das ist eine gute Idee", stimmte Lugia geistesabwesend zu.
Sie beobachtete die verschiedenen Bildausschnitte, in denen Vergrößerungen der Beaumortels zu sehen waren. Sie begannen damit, sich umständlich von ihren SERUNS zu befreien. Es war erschütternd, mit ansehen zu müssen, wie unter den Anzügen die ausgemergelten, grotesk anmutenden, von Verwesung heimgesuchten Körper zum Vorschein kamen.
„Aber sei vorsichtig bei der Auswahl der Szenen, Hamiller", bat sie.
„Keine Sorge, darin bin ich perfekt", flüsterte die Hamiller-Tube. „Ich bin das Herz der BASIS. Das eigentliche Nervenzentrum. Ich werde meine Möglichkeiten virtuos ausschöpfen." Nach einer kurzen Pause fuhr die Hamiller-Tube mit erhobener Stimme fort: „Eigentlich ist diese Geheimnistuerei gar nicht nötig. Die Beaumortels haben keine Möglichkeit, uns zu belauschen. Ich habe sie nun völlig unter Kontrolle. Ich werde sie bei Laune halten und einlullen."
„Und wie lange willst du das durchhalten und ihnen das Wiegenlied vom ungetrübten Bordleben vorspielen?" erkundigte sich Arlo Rutan, der in diesem Moment die Hauptzentrale betrat.
„So lange wie nötig", antwortete die Hamiller-Tube. „Bis sie von selbst vergehen. Bis ihr Pseudoleben erlischt. Das kann nicht mehr lange dauern.
Ein paar Tage vielleicht. Womöglich nur noch Stunden."
Eigentlich war der Tube kein Vorwurf zu machen, weil sie von den Beaumortels wie von einer Sache sprach, die sich von selbst erledigen würde. Sie waren keine Lebewesen im Sinne des Wortes, und sie hatten bis zuletzt einen rücksichtslosen Feldzug gegen alles wahre Leben und dessen Werte geführt.
Mitleid war eigentlich fehl am Platz. Dennoch verband Joseph mit ihnen die Erinnerung an gute Freunde, die für immer unvergessen bleiben würden.
Und er fragte sich, was in diesen Pseudolebewesen aus Chamäleon-Molekülen der Abruse von ihren Vorbildern eigentlich geblieben war.
Trug die Pseudo-Karla noch etwas von den Wünschen und Sehnsüchten der kleinen Karla in sich? Erinnerte sich Pseudo-Alex noch an die wilden Sessions, die Alex mit Joseph und seiner Cajun-Band veranstaltet hatte?
Was mochte in diesen dahinsiechenden Scheinlebewesen in diesen letzten Momenten ihrer entwürdigten Existenz vor sich gehen?
„Hamiller!" rief Lugia in diesem Moment entsetzt. „Was tust du da?"
Joseph folgte ihrem Blick zu dem Projektionsblock, der die verschiedenen Szenen aus Archivaufnahmen zeigte, wie sie den Beaumortels als Live-Aufnahmen dargeboten wurden.
Ein Ausschnitt zeigte den Freizeitpark Bayou, in dem sich die Beausoleils und andere drängten. Die Leute
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