Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
ERSTES KAPITEL
    Es war der erste sonnige Samstag nach vierzehn Tagen Dauerregen, die Temperatur kletterte schon um neun Uhr in der Früh auf zwanzig Grad, die Eifel atmete auf. Vor dem Haus schrie mein Kater Satchmo zum Gotterbarmen. Wahrscheinlich war er gerade dabei zu verhungern, er verhungert ständig. Sein Kumpel Paul saß mitten in der Hofeinfahrt und sicherte das Gebäude durch intensives, Furcht erregendes Umherstarren. Das war auch nötig, denn oben aus der Kurve der Dorfstraße drohte der so genannte Kampfkater mit einem Besuch, ein widerlicher Macho. Das Viech hatte die Angewohnheit, mit hoher Geschwindigkeit die Fressnäpfe meiner beiden Lieblinge zu leeren – in der Regel schon dann, wenn sie noch gar nicht entdeckt hatten, dass es etwas zu fressen gab. Insgeheim bewunderte ich diesen Rabauken, durfte das aber natürlich nicht zeigen.
    Aus der Küche tönte Vera mit fieser Stimme: »Es ist erstaunlich, dass du aufgestanden bist.«
    »Eine satte Leistung!«, pflichtete Emma ihr bei.
    »Ich streite mich nicht mit dem Personal«, murmelte ich. »Wo ist Rodenstock?«
    »Der sitzt im Wohnzimmer und bildet sich. Er liest Zeitung. Willst du einen Kaffee?«
    »Schleimt euch nicht ein«, erwiderte ich hoheitsvoll. »Ich bin und bleibe unbestechlich.«
    Ich ging hinaus auf den Hof und kraulte Satchmo, der sich immer noch bemühte, einen bemitleidenswerten Eindruck zu machen. Es hätte nur noch gefehlt, er hätte gehaucht: »Fremder, helfen Sie dem Vater vieler frierender und hungernder Kinder!«
    Paul beachtete mich nicht, Paul beobachtete den Kampfkater, der das tat, was er immer tat: Er trollte harmlos auf der anderen Straßenseite auf dem Gehsteig heran und gönnte mir und meinen Katern nicht einen einzigen Blick. Er roch mal da an einem Grashalm, dort an einem Zweig der Rosen und bewegte sich dabei so, als sei er schwer ermattet und dicht vor dem körperlichen Zusammenbruch.
    »Passt auf«, sagte ich halblaut, »er wird angreifen, wenn er an dem Rosenbeet vorbei ist. Ich will euch siegen sehen, Jungs.«
    Er war ein grau getigertes Tier mit mächtiger Brust, und sein rechtes Ohr gab es nur noch halb. Wahrscheinlich kannte er jedes weibliche Wesen im Umkreis von zehn Kilometern, war pro Jahr für zweihundert bis vierhundert Junge gut und nummerierte seine Eroberungen der Einfachheit halber durch.
    Nun hatte er das Ende des Rosenbeetes erreicht. Pauls Rücken bildete einen eindrucksvollen Bogen. Dann folgte die Sichelstellung, höchst elegant. Er fauchte und machte ein paar Steppschritte zur Seite.
    Das Monster schien nicht im Geringsten beeindruckt, tappte müde auf unsere Seite der Straße, hielt aber einen Abstand von etwa vier Metern. Er erreichte Pauls Gebiet und wollte wie selbstverständlich durch die Gartenpforte zu den Fressnäpfen wischen.
    Paul startete durch und warf sich mit voller Wucht auf den Feind. Laut fauchend und kreischend bildeten sie sofort ein unentwirrbares, schnell kreisendes Knäuel. Haarbüschel flogen, die beiden schrien wie wütende Kinder, unterbrochen von dumpfen, sehr kehligen Lauten. Das alles war von erschreckender Ernsthaftigkeit.
    Die Kampfmaschine löste sich und wich ein paar Zentimeter zurück. Sie sah wirklich gut aus, so eine Art Charles Bronson unter den Brücker Katzen. Und sie war ein wütender Charles Bronson. Der Kater legte den Kopf ganz flach nach vorn und berührte beinahe die Erde. Dann wackelte er mit dem Arsch und stemmte die Hinterläufe ein.
    Ich wollte gerade »Gott sei euch gnädig!« hauchen, als er abhob. Er war einfach besser als mein Paul, viel gerissener. Wie von einer Sehne geschnellt schoss er auf Paul zu, der sich tief auf den Boden schob. Aber das Monster wollte Paul gar nicht vertrimmen, das Monster hatte ein ganz anderes Ziel. Wunderbar leicht flog er über Paul hinweg, touchierte den Zigarettenautomaten und landete sicher auf meiner Natursteinmauer. Jetzt war er fast anderthalb Meter über Paul positioniert und hatte das Sagen.
    »Paul, du bist eine Knalltüte!«, äußerte ich wegwerfend wie ein Bundesligatrainer. »Das müssen wir beide noch einmal gründlich üben.«
    Dann rief ich nach Satchmo, weil ich die linke Absicht hatte, das Monster in die Zange zu nehmen, aber Satchmo hatte sich verdrückt.
    Das Monster thronte hoch über meinem Paul, dicht neben zwei schneeweißen Blütenrispen des wilden Knöterich. Der Junge wusste scheinbar genau, was ihn schmückte.
    Paul entspannte sich und sah mich an, bewegte sich nicht von der Stelle. Rein

Weitere Kostenlose Bücher