Coming-out 3
Florian, Inhaber von »Flo‘s Fahrschule«, sprach in seinem Büro mit dem Vater einer Interessentin. Er schaute kurz hoch: ein junger Mann stand vor dem Schreibtisch seiner Sekretärin und gab ihr seine Anmeldung. Was‘n das für‘n geiler Knackarsch! , dachte er amüsiert und widmete sich erneut seinem Besuch. Aber er registrierte sehr wohl, dass Adrenalin durch seinen Körper schoss, der Pulsschlag sich erhöhte.
Sebastian ließ seinen Blick noch einmal durch den Laden schweifen und bemerkte seinen zukünftigen Fahrlehrer. Seine dunkelbraunen Augen blitzten für Sekundenbruchteile auf. Er lächelte und freute sich auf die erste Theorie in ein paar Stunden.
Wenn Du mich weiter so anschaust ..., schoss es Flo durch den Kopf. Er hatte sich in den dunklen Augen seines neuen Schülers verloren.
Lässig an seinen Schreibtisch gelehnt, stand der sympathische Fahrlehrer während des Unterrichts vor seiner Klasse. Kurze, schwarze Haare, Dreitage-Bart und eine athletische Figur. Fast alle Fahrschülerinnen himmelten ihn an. Die engen Jeans und das kurze, ärmellose T-Shirt, das einen winzigen Blick auf seinen nackten Bauch freigab, wenn er sich streckte, tat sein übriges. Obwohl er ab und zu mit einer von ihnen flirtete, hatte keine eine wirkliche Chance. Es war bekannt, dass es keine Frau gab in seinem Leben. Und die Tatsache, dass er Single war, machte ihn für seine weiblichen Fans noch anziehender. Regelmäßig bekam er während der Fahrstunden eindeutige Angebote, die er genauso regelmäßig dankend ablehnte.
»Keine Beziehung mit Schülerinnen ... obwohl der Gedanke reizvoll ist«, war seine Standard-Entschuldigung. »Ich bin doch viel zu alt für Dich!«, fügte er in der Regel noch spitzbübisch lächelnd hinzu. Mit dieser nett verpackten Abfuhr kamen sie klar. Dass Flo sich aus Frauen überhaupt nichts machte, ahnte niemand. Er sah bis jetzt keinen Anlass, das jedem in der Fahrschule gleich auf die Nase zu binden. Das tun Heteros ja auch nicht, dachte er oft.
Diese Gedanken drängten sich ihm auf, während er von Sebastians braunen Augen gefangen war. Mit Gewalt musste er sich losreißen.
Er räusperte sich. »So Leute. Die offizielle Stunde ist beendet. Wer hat Lust, noch einen Test-Prüfungsbogen auszufüllen?« Er schaute fragend in die Runde und grinste, weil sich alle gemeldet hatten. »Brav! Ihr lasst das Herz jedes Fahrlehrers höher schlagen!«, neckte er sie. »Frank teilst Du bitte die Bögen aus? Und wer noch Zeit und Lust hat: In 45 Minuten im Saftladen.«
Florian hatte die Fahrschule vor einem Jahr übernommen und führte sie seitdem mit großem Erfolg. Die meisten Schüler waren gerade erst 17 oder 18. Flo selbst war 29 und duzte seine Schüler von Anfang an, wenn sie einverstanden waren. Nach dem theoretischen Unterricht ging er mit denen, die Lust hatten, noch in den Saftladen. Ein Lokal ein paar Straßen weiter, in dem ausschließlich alkoholfreie Getränke ausgeschenkt wurden.
Die jungen Leute liebten diese Treffen. Flo‘s Fahrschule war bekannt dafür, dass kaum ein Schüler durch die Prüfung rasselte. Bei ihm freute man sich sogar auf die Theorie!
Viele ehemalige Schüler, die längst den Führerschein besaßen, gesellten sich ab und zu noch zu der Flo-Runde . Und einige ehemalige Schülerinnen versuchten weiter hartnäckig, Flo zu verführen ... aber Flo ließ sie auch jetzt noch abblitzen.
»Ihr habt 30 Minuten. Wer früher fertig ist, kann den Fragebogen abgeben und ins Wochenende starten«, erklärte er lächelnd seinen Schülern. »Die Neuen haben heute Glück, Eure Bögen werte ich nicht aus«, fügte er mit einem Blick auf Sebastian hinzu. Er und zwei Mädchen hatten sich heute erst angemeldet.
Die Schüler begannen, die Fragen zu studieren. Machten Kreuze, radierten sie wieder weg, kauten auf ihren Bleistiften oder grübelten Löcher in die Luft. Flo schlenderte durch die Reihen und überflog die Antworten. Sebastian starrte auf seine Aufgaben, ohne jedoch irgendetwas davon zu erkennen, geschweige denn, zu verstehen. Er konnte die Blicke des Fahrlehrers fast auf seiner Haut spüren. Die Schmetterlinge in seinem Bauch waren erwacht. Ein Kribbeln durchzog seine Lenden.
Letzte Woche erst hatte seine Freundin mit ihm Schluss gemacht. Sie hatte sich beschwert, dass er keinen Sex wollte. Sebastian wusste es nicht erst seit heute. Er wehrte sich seit jenen Tagen dagegen, dass er sich mehr für Jungs interessierte, als für Mädchen. Damals ... Er schrak
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