1733 - Projekt Sonnenschild
stabil."
„Wir führen den Vorgang mit gleichmäßigem Tempo fort", sagte Delacre.
Sie wich damit von dem ursprünglich vorgesehenen Verfahren ab, das eine Beschleunigung in der Endphase vorsah. Ein Anlaß dazu bestand nicht. Rein gefühlsmäßig dachte Delacre, daß es sinnvoll sein mußte, die einmal erreichte Stabilität zu erhalten.
Der Reigen der Reflexe verlor an Übersichtlichkeit. Ein Karussell aus Tasterimpulsen und wirren Energiewerten erreichte das Beiboot und veranlaßte den zuständigen Automaten, die Auswertung zu stoppen und eine Überprüfung einzuleiten.
Delacre unterband den zeitraubenden Prozeß. Wichtig waren allein die Mittelwerte aus dem, was derzeit an Impulsen erzeugt wurde. Und diese Mittelwerte stimmten sekundenweise mit den Berechnungen überein.
Dazwischen wichen sie um bis zu elf Prozent davon ab; das lag innerhalb der Toleranzgrenze.
Ein persönliches Signal von Avanata erreichte sie. Die Heerführerin rief sie wieder einmal zu sich.
Die Chefwissenschaftlerin gab Anweisung, das System in einen möglichst stabilen Zustand zu überführen und dort zu halten. Dann suchte sie den Rand der Hohlkugel auf, wo außerhalb des Sonnenkordons die GLANZ DER HEIMAT schwebte. In dem mächtigen Leib des Flaggschiffes öffnete sich das Tor eines kleinen Hangars. Delacre lenkte das Beiboot hinüber und schleuste ein. Sie stieg aus - und traute ihren Augen nicht.
Avanata holte sie persönlich im Hangar ab. So etwas war noch nie dagewesen.
„Hast du dir schon einmal darüber Gedanken gemacht, wer einst meine Nachfolgerin sein wird?" empfing Avanata sie.
Delacre verneinte. Sie konnte es sich nicht vorstellen.
„In meiner Armada finden sich Hunderte, sogar Tausende von fähigen Kämpferinnen von unterschiedlichem Rang. Keine besitzt soviel Intelligenz, Umsicht und eine solche wissenschaftliche Kapazität wie du."
Delacre wich zur Tür des Beiboots zurück. Ihr Verstand weigerte sich zu verarbeiten, was ihre Ohren hörten.
„Du phantasierst", würgte sie schließlich hervor. „Niemals wird ein solcher Zeitpunkt eintreten. Meine Jugend läßt es nicht zu, daß ich dir nacheifere. Und außerdem hast du selbst noch ein langes Leben vor dir."
„Erinnere dich an meine Worte, wenn es soweit ist. Sieh her!"
Avanata deutete zur Seite auf die Wand des Hangars. Dort entstand ein elektronisch verstärktes Ortungsbild.
„Die Truppen der Abruse rücken näher. Ihr Abstand beträgt noch zwölfhundert Lichtjahre. Sie wollen die Vorgänge wohl aus der Nähe betrachten. Noch zögert die Abruse in ihrem Herzen. Sie schwankt in ihrer Meinung, was sie von unseren Arbeiten halten soll. Die Gefahr wächst, die Armada befindet sich in höchster Alarmbereitschaft. Wenn die Kristallschiffe erst einmal angreifen, dann wird es knapp. Dann wirst du die Armada führen, Delacre. Und ich werde hierbleiben und meinen Traum erfüllen. Die Erprobung des Sonnenschildes an den Kristallschiffen.
Dies habe ich mir zur Lebensaufgabe gemacht. Wenn ich versage, wirst du meine Aufgabe fortführen."
„Du verlangst zuviel von mir", stammelte Delacre. „Für eine solche Aufgabe fehlen mir viele Jahrzehnte Erfahrung."
„Du wirst sie dir innerhalb kurzer Zeit aneignen. Und jetzt kehre zu deinen Technikerinnen zurück."
Avanata ließ sie einfach stehen, und das verunsicherte Delacre noch mehr als die Andeutung eines möglichen Wechsels in der Führung der Armada. Wortlos wandte sie sich um und verschwand im Beiboot.
*
Die Blasen reagierten untereinander. Sie bildeten dünne Fäden aus, die sich im Überraum verbanden. Die Öffnungen in den Normalraum hinein begannen zu schrumpfen; Delacre erkannte rasch die Gefahr, die in dieser Entwicklung lag.
„Schickt sofort den Schwerkraftprojektor los", sagte sie.
Der Kasten erhielt den gespeicherten Kodebefehl und aktivierte die Antriebssektion. Er beschleunigte mit Höchstwerten und bremste erst kurz vor dem Ziel ab. Dann verschwand er in einer neu geschaffenen Blase, die sich sofort hinter ihm schloß.
Überall arbeiteten die Ortungsgeräte; sie beobachteten den Normalraum im Umkreis von fünfhundert Lichtjahren. Es fand kein Überwechseln eines Gegenstandes in den Normalraum statt. Folglich hing der Kasten irgendwo in seiner Blase und folgte seinem Programm.
Auf das, was jetzt kam, hatten die Ayindi keinen Einfluß. Sie gaben sich mit der Rolle der Beobachter zufrieden.
- Der Kasten projizierte ein hyperenergetisches Rotationszentrum, das seine Grenzen in den Ausmaßen
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