1745 - Die Ketzerbibel
herumstand.
»Scheiße.«
»Genau.«
»Das kann es nicht geben. Das ist doch verrückt und unerklärlich. Das glaube ich einfach nicht.«
Sein Kumpan sagte nichts. Er starrte dorthin, wo Glenda mal gewesen war. Er wollte es nicht glauben, und es sah beinahe lächerlich aus, wie er mit seiner Waffe herumfuchtelte. Aus seinem Mund löste sich schließlich ein Krächzen, und er sah aus, als würde er anfangen zu weinen.
»Aber sie war da. Das hast du doch auch gesehen. Oder nicht?«
»Natürlich war sie da.«
»Und wo ist sie jetzt?«
»Das weiß ich nicht!«, keuchte der Killer. »Ich habe keine Ahnung. Die – die – hat sich aufgelöst...« Er fing an zu lachen. »Ja, die hat sich aufgelöst, verstehst du?«
»Nein.«
»Aber es ist so gewesen.«
»Ich weiß...«
Nach dieser Antwort herrschte zunächst mal das große Schweigen. Die beiden Killer schauten sich an, bevor sie sich umdrehten und ihre Blicke durch die Hütte gleiten ließen.
Sie sahen die Werkzeuge, den Rasenmäher, die rauen Holzwände, aber keine dunkelhaarige Frau mehr, die sie hatten umbringen wollen.
»Meinst du, dass sie wirklich verschwunden ist?«
»Klar. Siehst du sie hier?«
»Nein.«
»Eben.«
»Und was machen wir jetzt?«
Der Angesprochene verzog seine Lippen zu einem Grinsen. »Das ist ganz einfach. Wir haben unseren Job erfüllt. Wir haben das Buch und werden damit verschwinden.«
»Und was ist mit der Frau?«
»Vergiss sie. Die ist nicht mehr wichtig.«
Der Killer dachte kurz nach, bevor er nickte. »Ja, du hast recht. Wir nehmen das Buch und verschwinden.«
»Okay.«
Beide verließen die Hütte mit der Gewissheit, ihre Pflicht trotz allem getan zu haben...
***
Was war mit Glenda Perkins passiert?
Ich wusste es nicht, und doch machte ich mir Gedanken, und die waren alles andere als positiv. Es gab da einen Druck um meinen Magen herum, der einfach nicht weichen wollte. Mit jedem Schritt, den wir zurücklegten, stiegen meine Sorgen. Wir passierten einen wunderschönen mediterranen Garten, doch das interessierte mich nur am Rande.
Glenda Perkins war wichtig. Alles andere konnte ich vergessen.
Wir suchten nach einer Spur. Nach Abdrücken im Boden, nach einem Hinweis zwischen den Bäumen oder Pflanzen, aber wir sahen nichts. Glenda war wie vom Erdboden verschluckt.
Dafür entdeckten wir die Hütte. Das helle Holz malte sich vor dem Hintergrund ab. Sie hätte keinen Schönheitspreis gewonnen, deshalb stand sie auch so weit im Hintergrund – und wir sahen in ihrer unmittelbaren Umgebung eine Bewegung.
Jemand verließ die Hütte.
Es waren zwei Männer, und sie sahen nicht so aus, als gehörten sie zum Hotelpersonal. Sie kamen auf uns zu und wirkten leicht verunsichert. Das jedenfalls glaubten wir zu erkennen.
Wir hatten sie gesehen, und die sahen auch uns. Für einen winzigen Moment stoppten sie, schienen zu überlegen, wie sie uns einstufen sollten, gingen dann aber weiter.
Ihre dunkle Kleidung störte mich. Die Gesichter waren genau zu erkennen, aber beim Näherkommen sah ich schon, dass es zwei harte Visagen waren.
Und ich wurde den Gedanken einfach nicht los, dass sie etwas mit dem Verschwinden von Glenda Perkins zu tun hatten. Nicht nur wir beobachteten sie, auch wir wurden von ihnen angestarrt, aber das störte uns nicht weiter.
Dann gingen sie schneller, nachdem sie kurz miteinander gesprochen hatten. So passierten sie uns, ohne uns noch einen weiteren Blick zu gönnen.
»Die sind nicht normal«, murmelte Suko.
»Das denke ich auch.« Ich drehte mich um. Jetzt schaute ich auf die Rücken der beiden Männer und sah, dass der rechte der beiden etwas unter seinen Arm geklemmt hatte, das mir vorher nicht aufgefallen war. Ich schaute genauer hin und erkannte den Gegenstand, der nicht eben groß war.
Es war ein Buch!
Genau in dem Moment klingelte es in meinem Kopf. Um ein Buch ging es hier. Ich hatte von der Ketzerbibel gehört, und plötzlich wusste ich, was dieser Mann unter den Arm geklemmt hatte.
Ich machte Suko darauf aufmerksam. Viel brauchte ich nicht zu sagen, bis er nickte und sofort einen Entschluss gefasst hatte.
»Die holen wir uns, John!«
Da hatte er genau in meinem Sinne gesprochen...
***
Glenda konnte nicht sagen, wie lange sie unterwegs gewesen war, aber sie erinnerte sich an den letzten Gedanken, der ihr vor dem Phänomen in den Sinn gekommen war. Sie hatte dabei an ihr Hotelzimmer gedacht, in dem sie sich so wohl gefühlt hatte. Es war für so etwas wie eine kleine Fluchtburg, und
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