1745 - Die Ketzerbibel
meinen Freund kannte, wusste ich, dass er das Spiel nicht mehr lange durchziehen würde.
So war es auch. Suko lief in einen Angriff hinein, tauchte dann seitlich ab und setzte noch in der Bewegung zu einem Tritt an, der den Messerhelden am Hals traf.
Der Mann gurgelte, schüttelte sich, bückte sich dann und torkelte auf unsicheren Beinen noch einige Schritte weiter, bevor er zu Boden ging und dort liegen blieb.
»Ja, das war es dann wohl«, sagte Suko und rieb seine Hände. »Du hast geschossen, John?«
»Ja, aber der Kerl ist nicht tot. Ich traf seinen Oberschenkel und danach musste ich ihn bewusstlos schlagen.«
»Gut.« Mein Freund bückte sich und hob das Buch auf. »Das haben wir sicher.«
Ich wollte etwas sagen. Doch der Ruf einer Frau hielt mich davon ab. Zudem hörte ich meinen Namen. Ich drehte mich auf der Stelle und schaute auf die Rückseite des Hotels.
Auf einem winzigen Balkon stand die Ruferin und winkte.
Es war Glenda Perkins...
***
Erst jetzt durchflutete mich die Erleichterung, und ich wusste, dass es Suko ebenso erging. Beide winkten wir zurück und hörten, wie Glenda rief: »Ich bin gleich bei euch!«
»Okay.«
Mein Schuss war gehört worden. Nicole hatte es nicht mehr an ihrem Platz im Hotel gehalten und war in den Garten gelaufen. Nicht weit von uns entfernt stand sie unbeweglich auf dem Fleck und wusste nicht, wohin sie zuerst schauen sollte.
»Keine Sorge, Madame, niemand ist tot.«
»Ja, ja!«, rief sie zurück. »Aber muss ich nicht die Polizei holen?«
»Darum werden wir uns kümmern.«
Zunächst mal mussten wir Glenda begrüßen, die es eilig hatte und in meine Arme flog.
»Meine Güte, John, das ist knapp gewesen.«
»Wie bist du entkommen?«
Da lachte sie auf. »Das Serum in meinem Körper hat mich gerettet. Wäre es nicht gewesen, dann hätten mich die beiden Killer gnadenlos umgebracht. Dass sie so etwas können, das haben sie leider bewiesen. Ihr seid hier, und das hätte ich fast nicht mehr gedacht.«
»Nun ja, wir sind nicht die Schnellsten, aber immerhin haben wir uns bemüht.«
Glenda sah Suko neben uns stehen. Auch ihn begrüßte sie mit einer Umarmung. Dann sah sie das Buch in seiner Hand.
»Ah – du hast es an dich genommen?«
»Klar. War es ein Fehler?«
»Nein, das war genau richtig. Ich hoffe, dass seinetwegen keine Menschen mehr sterben. Sollen wir es denn behalten und seinen Inhalt studieren?«
Suko fragte. »Was meinst du, John?«
Ich sagte: »Zumindest für eine Weile. Dann können wir es weitergeben, denn auch der Vatikan interessiert sich sehr für diese Ketzerbibel. Vielleicht lernen wir so einen Teil der Vergangenheit besser kennen.«
»Wäre nicht schlecht«, meinte Glenda. »Und hier sind noch zwei Typen, die uns bestimmt mehr sagen können.«
Ich sah Glendas Worte als Aufforderung an, einen Blick auf die beiden Killer zu werfen.
Sie lagen am Boden.
Das wäre normal gewesen, wenn ihre Körper nicht unkontrolliert gezuckt hätten. Das fing bei den Schultern an und hörte erst bei den Füßen auf. Ich verbiss mir einen Fluch, als ich mich bückte und mir die Männer anschaute.
Schaum zischte vor ihren Lippen, aus den geöffneten Mündern drang mir ein Geruch nach Bittermandeln entgegen. So roch Zyankali. Die Killer mussten die Kapseln irgendwo im Mund versteckt gehalten haben und hatten sie jetzt zerbissen.
Ich musste nur einen Blick in ihre Augen werfen, um zu wissen, dass die Killer nicht mehr lebten.
Wir würden aus ihnen nichts mehr herausbekommen, und so war die Verbindung zu den Hintermännern leider gekappt.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Glenda.
»Wir werden die Kollegen in Nizza informieren und sehen, dass alles wieder in Ordnung kommt.«
»Ja«, sagte Glenda, »wobei mein Urlaub jetzt auch endgültig zu Ende ist...«
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Nr. 1743 »Die Templer-Gruft«
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