1756 - Das Grauen hieß Elvira
stand...
***
Jetzt spürte ich die Hitze. Da hatte sich das Höllenfeuer in ein normales verwandelt, das jedenfalls nahm ich an. Und die heiße Lohe traf mich wie ein Gluthauch. Der ganze Wagen war von einer Flammenhülle umgeben, und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann er in die Luft fliegen würde. Da wurde es für mich Zeit, dass ich das Weite suchte.
Ich wollte nicht in einer Feuerhölle untergehen.
Längst heulten die Sirenen. Rauch quoll über das Deck hinweg. Er hüllte die Autos ein, er nahm mir die Sicht, aber ich konnte ihm ausweichen und rannte nicht zu den Fahrstühlen, sondern zu einer Tür, hinter der ein Treppenhaus begann. Es war ein Notausgang, ein Fluchtweg bei Katastrophen, und der kam mir jetzt zupass.
Hier brannte auch Licht, nackte Glühbirnen sah ich unter der Decke. Die Treppenstufen waren nicht eben schnell und sicher zu laufen. Sie waren eigentlich zu hoch und auch nicht immer gleich.
Da es ein dünnes Eisengeländer gab, hatte ich eine Hilfe. Ich konnte mich dort abstützen und immer drei, vier Stufen auf einmal nehmen.
Stimmen hörte ich nicht. Es war keiner auf die Idee gekommen, sich auf diesem Weg in Sicherheit zu bringen. Möglicherweise waren nur die Sirenen zu hören gewesen, aber vom Brand oben auf dem Dach hatte noch niemand etwas bemerkt. Ich wusste auch nicht, ob eine Sprinkleranlage installiert war, ich wollte nur raus aus diesem Bau.
Und ich erreichte die untere Etage. Vor mir sah ich eine Tür mit schwarzem Griff. Ich zerrte sie auf und war überrascht von dem, was ich sah.
Vor mir lag ein Keller. Zumindest ein weitläufiger Raum, in dem Berge von Papier und Kartons gelagert wurden. In der Wand gegenüber war ein großes Tor zu sehen, das weit offen stand. Dahinter sah ich in einen Hof. Auch eine Lampe fiel mir auf, als ich auf das Tor zulief und dann den Hof betrat.
Ich war nicht allein. Mehrere Männer standen in meiner Nähe. Sie alle schauten in die Höhe, wo das Gebäude einen Schal aus Rauch bekommen hatte. Ab und zu sah ich dort einen dunkelroten Feuerschein, und das Heulen der Sirenen erreichte meine Ohren. Jetzt waren auch die Männer von der Feuerwehr eingetroffen. Sie mussten bis nach ganz oben, das würde dauern.
Und dann gab es noch die Kunden. Endlich hatten sie bemerkt, was Sache war. In wilder Panik verließen sie das Kaufhaus mit der Feuerkrone. Zum Glück waren die Ein- und Ausgänge breit genug, um die Menschen ins Freie zu lassen. Da wurde niemand gestoßen und stürzte.
Das sah ich, weil ich den Hof verlassen hatte und auf der Straße stand. Das heißt, ich befand mich auf dem Gehweg. Nichts lief mehr hier. Die Straße war von den Wagen der Feuerwehr und den zivilen Fahrzeugen verstopft.
Und noch immer heulten die Sirenen. Auch Krankenwagen waren dabei, und die Polizei riegelte ab.
Uns Neugierige trieb man zurück. Wenn sich was Feuriges vom Dach löste und in die Tiefe fiel, dann konnte es schon zu spät sein.
Aber es löste sich nichts. Die Männer der Feuerwehr hatten ihre Leitern so hoch ausgefahren, dass sie das Dach erreichten. Sie bedienten ihre Spritzen und jagten das Wasser in harten geraden Strahlen in die Flammennester hinein.
»Wie konnte das nur passieren?«, fragte eine Frau hinter mir ihren Begleiter. »Wo doch heute alles so sicher ist.«
Ich hätte ihr eine Antwort geben können, die aber behielt ich für mich.
Okay, ich war entkommen. Darüber war ich natürlich froh. Aber ich hatte es nicht verhindern können, und die andere Seite gab es noch immer. Ich wusste jetzt, dass Elvira Little Kontakt zur Hölle hatte, aber auch zu den Engeln, was mich wiederum zum Nachdenken brachte.
Wieso zu den Engeln?
Was hatte das zu bedeuten? Wenn alles so stimmte, dann musste es eine Verbindung zwischen den Engeln und der Hölle geben, was ich mir nicht so richtig vorstellen konnte, aber ich hatte schon genügend Überraschungen erlebt, da kam es auf die eine oder andere auch nicht mehr an.
Erst waren sie Schatten gewesen. Dann hatten sie sich in Feuersäulen verwandelt. Allerdings hatte dieses Erscheinen ebenfalls mit dieser Elvira zu tun, und genau das machte mir Sorgen.
Ich blickte immer wieder in die Höhe, um herauszufinden, was die Jungs schafften. Es brannte noch, aber es brannte nicht mehr so intensiv. Es war viel Rauch zu sehen, von den Flammen selbst war nichts mehr zu erkennen.
Trotzdem würde es noch dauern, bis die Feuerwehr ihren Job erledigt hatte.
Für mich gab es hier nichts mehr zu tun. Aber ich würde
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