1760 - Tödliche Lockung
ist die Liebe gewesen. Die Lockung, die tödliche Lockung. Die Verführung...«
Der Typ war ins Schwärmen geraten, und ich verstand nichts mehr. Ich schüttelte den Kopf, bevor ich fragte: »Was bedeutet die tödliche Lockung?«
»Sie stammt von ihr.« Er lachte plötzlich und rieb seine Handflächen. »Ja, sie geht vor ihr aus.«
»Kenne ich sie?«
»Weiß ich nicht. Glaube ich auch nicht.«
»Und wer ist sie?«
»Eine Frau. Ja, eine wunderbare Frau.« Er geriet ins Schwärmen und zog die Lippen in die Breite. »Ich liebe sie und sie liebt mich. Wir passen zusammen. Ich werde noch versuchen, ihr den Gefallen zu tun, denn erst dann ist es so weit, dass ich sie in die Arme schließen darf und noch mehr.«
Aha. Jetzt wusste ich ein wenig mehr. Hinter allem steckte also eine Frau.
»Und hat sie auch einen Namen?«, wollte ich wissen.
»Ja.«
»Wie heißt sie denn?«
Bisher hatte er mir jede Frage beantwortet. Nun aber hatte er es sich anders überlegt und schwieg. Er sah aus wie jemand, der ein Geheimnis bewahren wollte.
»Den Namen!«, forderte ich.
»Nein. Du bist nicht würdig, ihn zu kennen oder sie von Angesicht zu Angesicht zu sehen.«
Ich verdrehte die Augen.
»Wir sind doch beide vernünftig!«, flüsterte ich. »Und das wollen wir auch bleiben. Ich möchte dir ja keine Kugel durch den Schädel schießen, aber wenn es sein muss, werde ich das tun, und es wird mich keine Macht auf der Welt davon abhalten können. Hast du das verstanden, Killer?«
»Ja.«
»Noch mal. Wie heißt die Person?«
Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Doch mein Instinkt sagte mir jetzt, dass er den Mund aufmachen würde. Tatsächlich, er sprach den Namen aus.
»Carmen!«
Okay, jetzt kannte ich den Namen also, und ich war so weit wie zuvor, denn anfangen konnte ich mit ihm nichts.
Um einen Übergang zu schaffen, fragte ich: »Und das soll ich dir glauben?«
»Ja, warum nicht. Sie heißt Carmen.« Er ballte die rechte Hand zur Faust. »Und sie ist die schönste Frau der Welt.«
So also lief der Hase. Er hatte sich in die schönste Frau der Welt verliebt, und nun war er sogar bereit, zu morden. Ich sagte erst mal nichts und schaute ihn nur an, was ihm nicht gefiel.
»Glaubst du mir nicht?«, stieß er hervor.
»Keine Ahnung, was ich glauben soll.«
»Aber sie ist die schönste Frau der Welt.«
Ich nickte. »Gut, gehen wir davon mal aus, dass es der Fall ist. Die schönste Frau der Welt. Aber warum willst du ihretwegen jemand umbringen? Das passt irgendwie nicht zusammen.«
»Doch, doch. Wenn ich das getan habe, dann wird sie mir gehören. Das hat sie mir versprochen. Dann ist sie so etwas wie meine Sklavin. Dann gehört sie mir.«
Ich musste lachen, bevor ich fragte: »Hat sie dir das versprochen?«
»Das hat sie.«
»Und du glaubst ihr?«
»Warum sollte ich das nicht tun? Nicht jeder würde so reagieren wie ich. Ich bin schon etwas Besonderes.«
Da stimmte ich ihm zu. Ich wollte noch mehr wissen, vernahm aber ein leises Stöhnen, das nicht er, sondern Purdy Prentiss von sich gegeben hatte. Es erinnerte mich wieder daran, dass es sie noch gab.
»Hast du seine Erklärungen gehört?«
Sie verzog die Lippen. Dann flüsterte: »Ja, das habe ich.«
»Und?«
»Ich denke noch nach.«
»Aber du kannst es nachvollziehen?«
»Nur schwer, John.«
Ich ließ sie in Ruhe nachdenken und kümmerte mich um Blacky. Um sicher zu sein, legte ich ihm Handschellen an. Er nahm es ohne Widerstand hin und hörte auch zu, als ich ihm sagte, dass wir beide noch nicht fertig miteinander waren.
»Was ist denn noch?«
»Ich will Carmen.«
Da fing er an zu lachen, allerdings nicht laut, sondern mehr glucksend. Er schüttelte auch den Kopf und winkte mit einer Hand ab. Mir reichte das nicht. Ich wollte wissen, warum er Purdy Prentiss hatte umbringen sollen.
»Sie wollte es so.«
»Verdammt noch mal, das weiß ich. Aber warum wollte sie es? Welche Verbindung hat es zwischen den beiden Frauen gegeben? Kannst du mir das sagen?«
»Es ist der Hass!«, sagte er wütend.
»Und warum hassen sie sich?«
»Ich weiß es nicht.«
Ein Motiv gab es immer, auch in diesem Fall. Aber ich hatte keinen Anhaltspunkt, wo ich ansetzen konnte. Und das machte mich so ärgerlich.
»Wo ist diese Carmen jetzt?«
Er hob die Schultern und lachte. »Keine Ahnung«, sagte er.
»Und das soll ich glauben? Wie hättest du einen Vollzug melden sollen?«
Er schwieg.
Ich fragte noch zweimal nach und erhielt keine Antwort. Dafür hörte ich die Stimme
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