1760 - Tödliche Lockung
übereinander lag. Und die Bluse hatte einen halbrunden Ausschnitt. Sie kam ihm vor wie ein Kleidungsstück, das bei einer spanischen Folklore-Veranstaltung getragen wurde.
Wie passte das mit dem Anschlag auf Purdy Prentiss zusammen? Er wusste es nicht. Er hatte auch keine Idee, was ihn schon ein wenig ärgerte.
Sie ging ein paar Schritte vor, um sich zu bewegen. Und das brachte Suko auf eine Idee. Auch er ging vor, aber zugleich auch zur Seite. Er sah zu, dass er wieder in den Schutz eines Baumstamms geriet, und wartete dort ab.
Es war gut, dass er sich dazu entschlossen hatte, denn die Frau drehte den Kopf, um zu sehen, was hinter ihr passierte. Aber da war nichts. Es blieb alles ruhig.
Warum zog sie nichts Weiteres an? Fror sie nicht? Als Oberteil gab es nur die Bluse bei ihr, und so richtig warm wie ein Pullover war der Stoff sicher nicht.
Irgendetwas war mit ihr. Sie verhielt sich nicht normal. Sie ging, sie schaute sich um, als ob sie etwas suchte, und genau darauf setzte Suko seinen Plan.
Er wollte die Frau nicht erschrecken. Er wollte sich so normal wie möglich geben und pfiff leise vor sich hin, während er aus einer bestimmten Richtung kam.
Dabei musste die Frau ihn zwangsläufig sehen. Sie blieb stehen und schaute dem pfeifenden Menschen entgegen, der jetzt schauspielern musste, plötzlich stoppte, den Kopf schüttelte und einen Kommentar abgab.
»Oh – ich dachte, ich wäre allein.«
»Scheint wohl nicht so zu sein.«
Suko lächelte. »Ja, das sehe ich.« Er wies auf die Reihe der Fenster. »Warten Sie auf jemanden?«
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Weil ich auch warte.«
»Ja, ich warte auf einen Freund.«
»Aha. Aber Sie frieren nicht.«
»So ist es.«
»Ja, ja«, sagte Suko und schüttelte den Kopf. »Die Menschen sind schon verschieden.« Er spielte seine Rolle gut. Er war auch etwas näher an die Person herangekommen, und dabei war ihm ein bestimmter Geruch aufgefallen. Suko kannte ihn, doch er mochte ihn nicht. Er roch nach Erde, nach Friedhof. Vielleicht auch nach Verwesung, jedenfalls nicht nach Mensch. Das war für Suko zumindest der Beweis, dass er es nicht mit einer normalen Frau zu tun hatte, sondern mit einer, hinter der sich ein Geheimnis verbarg.
Er zog die Nase so geräuschvoll hoch, dass es einfach auffallen musste. Und schon bald hörte er die Frage. »Was haben Sie?«
»Es riecht hier irgendwie komisch.«
»Aha. Und?«
Suko schnüffelte wieder und frage: »Ist es nicht ungewöhnlich?«
Die Frau zögerte und schüttelte dann den Kopf. »Ähm – ich – ich rieche nichts.«
»Was eigenartig ist.«
»Wieso?«
Suko lachte. »Entschuldigen Sie, aber ich habe gedacht, dass der Geruch aus Ihrer Richtung kommt. Ja, aus Ihrer Richtung.« Es war eine schon provokante Antwort gewesen, und Suko war gespannt, wie die Frau darauf reagieren würde.
Zunächst sagte sie nichts, deutete aber ein Kopfschütteln an und flüsterte schließlich: »Wollen Sie damit andeuten, dass ich diesen Geruch abgebe?«
Suko wehrte ab. »Nein, nein, nicht so direkt. Ich habe nur den Eindruck, dass dieser Geruch aus Ihrer Richtung kommt.«
Sie blieb stehen und nickte. Dann fragte sie: »Und haben Sie sich mal gefragt, wie das möglich ist?«
»Nein, denn ich kann mich auch geirrt haben und entschuldige mich.«
»Ja, das sollten Sie auch. Und ich habe zudem die Nase voll von Ihnen. Setzen Sie sich in Ihren Wagen und verschwinden Sie. Es gibt genügend andere Stellen, wo Sie warten können.«
»Das stimmt schon, aber ich habe mich an einem bestimmten Punkt verabredet.«
»Und mit wem?«
»Ist das wichtig?«
»Nein, aber ich könnte ihm sagen, dass Sie woanders auf ihn warten.«
»Ja, das könnten Sie.« Suko nickte. »Aber was machen Sie, wenn es sich dabei um eine Frau handelt?«
»Ach so, darauf warten Sie.«
Suko lächelte sie scharf an. »Enttäuscht?«
»Nein, mich gehen Ihre privaten Dinge nichts an. Aber bitte, warten Sie woanders.«
Das tat Suko nicht. Er blieb stehen und lächelte.
»Was ist denn noch?«
»Nun ja, wollen Sie nicht wissen, wer die Frau ist, auf die ich warte?«
»Ich?« Sie schlug gegen ihre Brust. »Warum sollte ich wissen wollen, wer die Person ist?«
»Weil Sie diese Frau möglicherweise auch kennen.«
»Ach ja? Und wer sollte sie sein? Jetzt kommen Sie mir nicht mit irgendeinem Schlagerstar oder eine Tante aus dem TV-Geschäft.«
»Nein, das hätte ich nie für angemessen gehalten. Die Frau, die ich meine, ist eine ganz besondere
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