1773 - Das andere Jenseits
das kann ich dir versichern. Ich denke aber, dass er sich selbst umgebracht haben könnte, weil er kein Zurück mehr sah und die Welt ihm nicht so gefallen hat. Rechnen muss man mit allem.« Matthias lachte. »Eigentlich müsste ich ihm dankbar sein, denn nur durch seine Aktion bist du wieder in unsere Nähe geraten.«
»Unsere? Habe ich da richtig gehört?«
»Ja, in dieser Welt bin ich nicht allein. Es sind zahlreiche meiner Diener hier, obwohl du sie nicht siehst. Im Moment nicht, aber dir sollten doch die Statuen aufgefallen sein. Sie kann ich zum Leben erwecken, wenn ich will.«
Ich hatte erlebt, wie eine der Statuen in sich zusammengefallen war. Das Knirschen klang noch jetzt in meinen Ohren, wenn ich daran dachte.
Ich hatte neben ihr gestanden. Ich hatte alles gesehen. Aber ich wusste nicht, weshalb sie so plötzlich vergangen war. Eigentlich hätte es nur an mir liegen können, aber ich war mir keiner Schuld bewusst, wie man so schön sagt.
»Dann sind das also deine besonderen Engel«, stellte ich fest. »Oder liege ich da falsch?«
»Nein, das liegst du nicht. Es ist alles okay für mich, John Sinclair, alles.«
»Ja, das weiß ich jetzt.«
»Bis auf eine Tatsache.«
»Und die wäre?«, fragte ich, obwohl ich genau wusste, was kommen würde.
»Die Tatsache bist du. Es passt mir ganz und gar nicht, dass du noch am Leben bist. Und das will ich unter allen Umständen ändern. Das sollte dir doch klar sein.«
»Ja, das ist es. Ich muss also davon ausgehen, dass du mich jetzt und hier töten willst.«
»Gut, dass du es begriffen hast.«
»Und wie?«
Da lächelte er. Aber sein Gesicht zeigte dabei keine Freundlichkeit. Eher das Gegenteil davon. Es blieb kalt und abweisend. Dann nickte er in meine Richtung und meinte: »Du kannst es dir aussuchen, Sinclair. Ich kann dir ein langes und auch ein kurzes Sterben anbieten. Auf jeden Fall wird es ein ungewöhnliches. So stirbt nicht jeder Mensch.«
Ich blieb trotz seiner Drohung gelassen. »Ja, das kann ich mir denken, aber erfüllst du mir einen Wunsch?«
»Ich höre.«
»Wer ist diese Gestalt mit dem Hut? Ich hatte schon gedacht, dass du dich auf diese Art und Weise verkleidet hast.«
»Nein, so ist das nicht. Er steht in meinen Diensten. Er hält in dieser Welt so einiges zusammen.«
»Hat er auch einen Namen?«
»Willst du ihn hören?«
»Ich hätte sonst nicht gefragt.«
Matthias nickte. »Sein Name ist Jomael. Er steht mir zur Seite.«
Mit dem Namen konnte ich nicht viel anfangen, ich hatte ihn noch nie gehört. In dieser Dimension war sowieso alles anders. Hier zählten die irdischen Maßstäbe nicht, aber das spielte jetzt keine Rolle.
»Zufrieden, John Sinclair?«
»Ja.«
»Aber du kannst mit dem Namen nichts anfangen. Das sehe ich deinem Gesichtsausdruck an.«
»Das stimmt.«
»Er wird mit mir nicht zufrieden sein, fürchte ich. Er ist jemand, der alles gern selbst in die Hände nimmt, und das habe ich ihm nur teilweise gestattet.«
»Was heißt das?«
Jetzt grinste er wieder wissend und zugleich niederträchtig. »Du bist doch nicht allein gekommen. Du hast dir Begleitung mitgebracht. Und genau sie wird Besuch von Jomael und seinen Vertrauten bekommen.«
Ich räusperte mich. »Vertrauten?«
»Genau.«
»Sind es vielleicht die Engel, die hier leben und auf seiner Seite stehen?«
»Du hast es erfasst.«
Ich schluckte. Letztendlich aber war es keine Überraschung mehr für mich. Matthias war eine Gestalt, die ihre Karten stets gut verteilte, damit er seine Siege erringen konnte. Er hätte die Helfer auch gegen mich schicken können, aber mich hatte er sich bis zum Schluss aufbewahrt. Es war vorstellbar, dass meine Freunde jetzt bereits um ihr Leben kämpften oder schon tot waren. Als ich daran dachte, spürte ich schon den Kloß in meinem Magen.
Erneut wurde ich gemustert, bevor Matthias mich ansprach. »So habe ich es mir vorgestellt, John Sinclair. Ich habe dich endlich für mich allein, und nur das zählt. Alles andere können wir vergessen.«
Meine Furcht schluckte ich so gut wie möglich hinunter. Ich riss mich zusammen, um eine Frage formulieren zu können. »Wie hast du dir mein Ende denn vorgestellt?«
»Das ist ganz einfach. Ich werde es ein wenig herauszögern. So nach und nach, verstehst du?«
»Nein.«
»Ich bringe dich in Etappen um. Ich werde deinen Körper zeichnen. Er wird nicht mehr so aussehen wie vorher. Zuerst die Arme, dann folgen die Beine und zum Schluss nehme ich mir den Kopf vor. Ist das nicht
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