1773 - Das andere Jenseits
perfekt?«
»In der Tat.« Ich brachte die Antwort mit normaler Stimme hervor, obwohl mir nicht danach war, denn dieser Matthias hatte nicht geblufft. Und mir war klar, was er mit seiner Drohung gemeint hatte. Er würde mich zeichnen. Er würde mir die Arme und die Beine verdrehen. Bestimmt auch die Hände und jeden Finger einzeln. So schätzte ich ihn ein. Er war gefährlich, er war grausam. Er kannte das Wort Rücksicht nicht und er hasste die Menschen.
Mich an erster Stelle!
Mit einer spöttischen Bewegung verneigte er sich, richtete sich wieder auf, breitete die Arme aus und schnippte mit den Fingern, bevor er sagte: »Ich werde mit deinem rechten Arm beginnen. Dann mit der Hand, und ich sage dir auch, dass wir viel Zeit haben. Jeden Finger einzeln werde ich mir vornehmen und sie dann nach allen Seiten abstehen lassen. Du kannst dabei zuschauen und wirst auch die Schmerzen spüren, die dich am Ende in den Wahnsinn treiben werden.«
Der Blick seiner Augen hatte sich bei seinen letzten Worten verändert. Sie sahen plötzlich hart aus, schon brutal und ich wusste, dass er seine Kräfte sammelte, um mich schließlich auf schreckliche Art und Weise in den Tod zu schicken.
Konnte ich mich wehren?
Ja, ich hätte es versuchen können, aber es hatte keinen Sinn. Mit der Beretta kam ich nicht weiter, und ich dachte natürlich an mein Kreuz. Ich fasste es sogar an, aber es zeigte keine Reaktion.
Ich war hilflos.
Und Matthias startete seinen Angriff...
***
Krista Hellsen schaute die Tierärztin an, als hätte sie ihr irgendetwas erzählt, was ins Reich der Märchen gehört.
»Schau bitte nach, wenn du es sehen willst.«
»Gut.« Krista warf einen Blick nach draußen. Eigentlich hatte sich so gut wie nichts verändert, und doch war etwas anders geworden, denn sie kamen.
Gestalten, Umrisse, was auch immer sich in dieser Welt versammelt hatte. Sie waren da und bewegten sich nur auf ein Ziel zu.
Das war der Geländewagen.
»Was machen wir denn jetzt?«
»Wir bleiben. Vorerst.«
»Dann willst du nicht vor ihnen fliehen?«
»Würde das Sinn machen? Diese Welt gehört ihnen. Sie kennen sich hier aus. Sie werden es schaffen, uns jeden Fluchtweg abzuschneiden, da bin ich mir sicher.«
»Was sollen wir dann tun?«
»Erst mal abwarten, was sie wirklich von uns wollen. Es ist ja möglich, dass sich etwas verändert.«
»Na ja, ich weiß nicht.«
Die beiden schwiegen. Sie konzentrierten sich auf die Gestalten, die eine breite Front gebildet hatten. Zwar sahen sie aus wie Menschen, aber ob es tatsächlich welche waren, das stand in den Sternen.
Sie gingen weiter. Es war nichts von ihnen zu hören und es war auch nicht zu erkennen, ob sie Waffen trugen, aber das hatten sie wohl nicht nötig.
Auch Rudy schaute aus dem Fenster. Seine Freundin hatte den Kopf gedreht und ließ ihn nicht aus den Augen. Sie war besonders auf seine Reaktion gespannt, die noch nicht erfolgt war.
Rudy starrte weiterhin nach vorn, ohne dass er etwas preisgab von seinen Gefühlen, falls die noch vorhanden waren. Krista wollte ihn ansprechen, ließ es dann aber bleiben und blickte wieder nach vorn.
Die Gestalten gingen weiter.
Sie waren jetzt deutlicher zu erkennen, und Krista sah, dass es keine Schattengestalten waren. Diese hier schienen aus Fleisch und Blut zu sein.
Dennoch unterschieden sie sich von anderen Menschen. Man konnte sie mit Geistern vergleichen. Man hörte nichts von ihnen, obwohl sie schon näher gekommen waren und Maxine die Seitenscheibe nach unten hatte fahren lassen.
»Nichts zu hören!«, kommentierte sie.
»Aber es sind keine Geister – oder?«
»Das weiß ich nicht. Im Prinzip können sie alles sein.«
»Und wir sitzen in der Falle.«
Was sollte Maxine dazu sagen? Krista hatte recht, und es sah schlecht für sie aus. Sie waren in diese Welt eingedrungen und würden sie vielleicht nur als Tote verlassen – wenn überhaupt.
Krista stieß die Tierärztin leicht in die Seite. Als Maxine den Kopf gedreht hatte, wurde sie gefragt, ob Rudy wohl etwas für sie tun könnte.
»Wie meinst du das?«
Krista suchte kurz nach Worten. Dann sagte sie: »Er könnte die Gestalten ansprechen. Er steht doch auf ihrer Seite, oder nicht?«
»Ja, das ist wohl so.«
»Dann sollten wir es versuchen.«
Maxine warf einen Blick nach draußen. Noch hatten die Gestalten sie nicht erreicht. Da gab es also so etwas wie eine Galgenfrist, die ausgenutzt werden musste. An Flucht dachte keine von ihnen, die würde in dieser Umgebung nichts
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