1773 - Das andere Jenseits
Das Hemd ist uns jetzt näher als die Jacke, wir müssen es versuchen.«
»Okay.«
Rudy Reiking tat nichts. Er hielt die Frauen auch nicht zurück. Er saß auf der Rückbank und beobachtete das Treiben mit spöttischen Blicken.
Draußen hatten sich die Bewohner dieser Welt versammelt. Im anderen Jenseits war eben alles anders, das merkten auch die beiden Frauen, doch sie taten nichts. Krista wartete.
Maxine musste sich erst noch selbst auf den richtigen Weg bringen. Noch starrte sie nach vorn. Sie sah die drei Gestalten, die sich vor der Kühlerhaube aufgebaut hatten. Sie standen dort wie eine Mauer aus Leibern, und Maxine wusste, dass sie diese Gestalten zur Seite räumen musste.
»Okay«, flüsterte sie, »ihr habt es nicht anders gewollt. Dann werde ich mal starten.«
Sie drehte den Zündschlüssel. Auf den Start hatte sie sich immer verlassen können, und sie rechnete auch jetzt damit, dass dies nicht anders sein würde.
Es war ein Irrtum.
Der Motor sprang nicht an.
Maxine erschrak.
Sie startete einen zweiten Versuch.
Erneut hatte sie Pech, und sie spürte, wie ihr das Blut in den Kopf stieg. Aber sie wollte nicht realisieren, was da geschehen war, und unternahm deshalb einen dritten Versuch.
Etwas bewegte sich unter der Motorhaube und gab ein orgelndes Geräusch ab, das war aber auch alles. Der Motor sprang nicht an, der Wagen blieb auf der Stelle stehen.
»Sag nicht, dass der Wagen nicht anspringt«, murmelte Krista.
»So ist es leider.«
»Und was jetzt?«
»Ich weiß es nicht.« Maxine riss sich mühsam zusammen. Wenn sie jetzt die Nerven verlor, brachte das nichts. Sie mussten cool bleiben – beide.
»Aber das ist doch nicht normal – oder?«
»Ist es nicht.«
»Und was jetzt?«
»Ich versuche es noch mal.« Maxine wusste selbst, dass es keinen Sinn hatte, trotzdem versuchte sie es erneut – und musste einsehen, dass sie nicht weiter kam. Die Geräusche unter der Haube klangen nicht gut. Sie regten die Tierärztin auf, die sich stark zusammenreißen musste, um nicht durchzudrehen.
»Es klappt nicht.«
»Dann bleiben wir hier.«
»Du sagst es, Krista.«
»Und weiter?«
Maxine lachte. »Da musst du die Geschöpfe aus diesem Jenseits fragen, was sie mit uns vorhaben. Ich kann es dir nicht sagen.«
Krista gab keine Antwort mehr. Auch sie litt, das stand außer Frage. Zum Glück verhielt sich ihr Nebenmann ruhig. Die Luft im Wagen war nicht mehr die beste, verbraucht war sie, als wollte sie das Innere in ein Sterbezimmer verwandeln.
Keines der Geschöpfe hatte sich zurückgezogen. Ganz im Gegenteil. Sie waren nahe an den Wagen herangetreten und berührten ihn auch.
Sie schauten durch die Fenster und drückten ihre Gesichter hart gegen die Scheiben.
Noch taten sie nichts. Sie warteten ab, sie starrten durch die Scheiben, wobei ihre Augen am Glas zu kleben schienen.
Andere begannen gegen den Wagen zu schlagen. Sie hoben ihre Arme an und brachten sie wieder nach vorn, wobei die Bewegungen sehr langsam abliefen.
Jedes Mal war ein dumpfer Aufprall zu hören, wenn die Hände das Blech berührten, dann durchlief den Wagen auch ein Zittern, an das sich die beiden Frauen irgendwann gewöhnten.
Die Türen blieben geschlossen. Das wollten Maxine und Krista auch so lange wie möglich durchhalten. Vielleicht ergab sich eine Gelegenheit zur Flucht, sollte der Motor doch noch anspringen.
Der Gedanke war kaum bei Maxine aufgekommen, als sie es abermals versuchte. Es war auch etwas zu hören. Nur sprang der Motor leider nicht an, und sie mussten weiterhin hier parken und sich die Angriffe der anderen Seite gefallen lassen.
Krista quälte eine Frage, die sie loswerden musste. »Wie lange können wir das hier aushalten?«
»Keine Ahnung.«
»Wenn sie sich weiter so verhalten wie jetzt, könnte es noch gut für uns laufen.«
»Das stimmt. Aber alles ist endlich. Die werden sich nicht damit zufriedengeben, uns hier nur zu umkreisen. Das ist erst der Anfang.«
Krista sagte nichts. Es ging ihr nicht gut, aber sie biss die Zähne zusammen und presste zudem die Lippen hart aufeinander. Sie wollte keine Schwäche zeigen.
Die dritte Person im Wagen hatte sich bis jetzt zurückgehalten. Nun meldete sich Rudy zuerst mit einem Kichern. Dann fasste er das, was er dachte, in Worte.
»Er – er – kommt.«
Maxine drehte ihren Kopf. »Wer kommt?«
»Er.«
»Und wer ist er?«
Rudy erhob sich, schüttelte den Kopf, hatte aber glänzende Augen bekommen.
Krista blickte Maxine an und fragte: »Wen
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