1779 - Sie kam aus Atlantis
hier der Fall, und an unsere Ohren drang ein bestimmtes Geräusch. So hörte es sich an, wenn jemand mit dem Roller fuhr.
Beide hatten wir es gehört, und beide schauten wir uns in die Augen.
Suko nickte. »Sie ist unterwegs«, sagte er.
Ich musste lachen. Trotz der ernsten Lage. Eine Medusa auf einem Motorroller, das war schon etwas Ungewöhnliches.
»Aber wohin ist sie unterwegs?«, fragte ich.
»Keine Ahnung. Irgendwo im Ort.«
»Ja, Suko, falls es nicht eine andere Person auf einer Vespa ist.«
»Kann auch sein.«
»Und was machen wir?«
»Checken ein.«
»Okay.«
Gepäck hatten wir nicht. Es hatte ja niemand damit gerechnet, dass wir übernachten mussten. Letztendlich war es egal. Wir bewegten uns auf die Eingangstür zu. In unserer Nähe war es recht dunkel, das wenige Licht der Laternen verteilte sich in eine andere Richtung, aber die Tür war gut zu erkennen.
Dahinter brannte auch Licht. Es war durch die Glasscheibe zu erkennen.
Suko ging vor mir her. Er öffnete sie auch, und wir gelangten in einen kleinen Vorraum, der den Namen Lobby nicht verdiente. Aber es gab eine Anmeldung, hinter der ein junger Mann stand, der erst dann aufblickte, als wir uns gemeldet hatten.
»Oh, Sie wünschen?«
Ich lächelte. »Zwei Zimmer, wenn möglich.«
Der Junge schaute auf den Bildschirm eines Laptops. »Ja, das lässt sich machen. Sind aber Doppelzimmer.«
»Davon zwei.«
Er schüttelte den Kopf. »Oh, das ist nicht drin. Es gibt nur noch ein freies Doppelzimmer. Im Moment werden die Zimmer alle tapeziert. Da haben wir einige schließen müssen.«
Suko schaute mich an, und ich nickte. Wir entschieden uns für das Doppelzimmer, es gibt schlimmere Dinge im Leben. Wir mussten eine Treppe hochgehen, gelangten in die erste Etage, wo Suko die nächste Tür auf der rechten Seite aufschloss. Hier oben roch es nach Farbe.
Der Raum war sogar recht groß. Es gab zwei Kleiderschränke, zwei Fenster und auch zwei Betten, die auseinander standen. Das war nicht schlecht. Die Tür zu einem Bad fanden wir auch, aber ich wollte mich nicht hinlegen, sondern öffnete eines der beiden Fenster. Frische Luft tut immer gut. Ich lehnte mich hinaus. Mein Blick fiel auf das dicht bewachsene Grundstück. Ob es ein Garten war, das fand ich nicht heraus. Ich schmeckte die Luft, in den sich Blütenduft gehalten hatte, aber das Geräusch des Rollers hörte ich nicht mehr.
Dafür summten nicht weit entfernt Mücken. Klar, wo es Wasser gibt, da gibt es auch Mücken. Mit diesen Gedanken wollte ich mich zurückziehen, als es passierte.
Ich hörte noch ein knatterndes Flattern, dann war der Vogel da und stützte sich auf mich...
***
Ich sah, dass es sich um ein dunkles Tier handelte. Das war auch alles, mehr war nicht zu erkennen. Er kam von schräg rechts und zugleich von oben. Er hätte mich am Kopf erwischt, wäre ich nicht so schnell gewesen und hätte die Arme in die Höhe gerissen.
So prallte der Vogelkörper gegen meine Gelenke, hackte dennoch zu, und ich verspürte im ersten Moment einen beißenden Schmerz. Der Schnabel hatte in die Handfläche gehackt. Dabei hatte er den Ballen getroffen, der anfing zu bluten.
Ich hielt nach dem Vogel Ausschau und brauchte nicht lange zu suchen.
Er war nicht wieder ins Freie geflogen, sondern hatte sich einen Platz auf einem der Schränke gesucht. Dort hockte er wie ein kleiner Teufel und hielt mich unter Beobachtung. Ich sah, dass seine Augen glänzten.
Warum hatte er mich attackiert? Das Blut an meiner Wunde ignorierte ich. Stattdessen fragte ich mich, was er hier zu suchen hatte.
Jetzt sollte er auch wieder verschwinden, das wünschte ich mir. Freiwillig würde er das nicht tun. Ich würde nachhelfen müssen. Suko war nicht zu sehen. Er befand sich im Bad.
Wir hatten beim Eintreten natürlich das Licht eingeschaltet. Das war auch jetzt noch so. Ich sah den dunklen Vogel, der sich aufplusterte und mir entgegenkrächzte, als wollte er mich vor seinem nächsten Angriff warnen.
Ich hatte keine Lust, noch einmal Bekanntschaft mit seinem Schnabel zu machen. Der war verdammt spitz, und so einfach entkam man ihm nicht. Erneut hörte ich das Flattern der Schwingen, aber jetzt war alles anders.
Nicht der Vogel, den ich sah, hatte das Geräusch produziert, es war ein zweiter gewesen.
Ich schaute nach rechts.
Dort hockte der Rabe dick und fett auf der Fensterbank, der für ihn etwas so etwas wie eine Startrampe war.
Er flog.
Und der andere startete auch.
Zwei Vögel, die mich in die Zange
Weitere Kostenlose Bücher