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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aufrichtete. „Woher hast du dieses Gewehr? Hat es der Teufel für dich gemacht? Wie ist dein Name?“
    Mein deutsche Name wäre hier nicht am Platz gewesen. Darum nannte ich mich bei demjenigen, welchen ich früher von meinen arabischen Reisegefährten erhalten hatte:
    „Ich bin ein Christ aus einem fernen Land und werde Kara Ben Nemsi Effendi genannt.“
    „Ein Christenhund? Allah verfluche dich! Stirb von meiner Hand!“
    Er raffte sein Gewehr auf, um es auf mich anzulegen, da fiel ihm einer der Lanzenreiter in den Arm und rief ihm hörbar ängstlich zu:
    „Halt ein! Du tötest uns alle! Das Gewehr dieses Christen schießt hundert Kugeln, ja tausend Kugeln hintereinander, ohne daß man es jemals zu laden braucht. Ich kenne ihn. Er schießt euch, ehe ihr zum Losdrücken kommt, alle über den Haufen.“
    „Was – was – sagst du?“ fragte der Häuptling, indem er seine Flinte sinken ließ und den Sprecher mit offenem Mund anstarrte.
    Dieser antwortete, aber mit so leiser Stimme, daß ich ihn nicht verstehen konnte. Er sprach auf ihn und die anderen eifrig ein, eine ganze Weile lang, wodurch Halef Zeit gewann, seine beiden Läufe wieder zu laden. Die Kurden hörten dem Sprecher mit sichtbarem Staunen zu und musterten mich mit Blicken, als ob ich das neuentdeckte achte Weltwunder sei. Ich selbst war höchst begierig, zu hören, wo dieser Mann mich kennengelernt hatte. Als seine Rede zu Ende war, wurde eine kurze, ebenso leise Beratung gehalten, und dann wendete sich der Häuptling an mich:
    „Herr, bist du einmal bei den Zibar-Kurden gewesen?“
    „Ja.“
    „Du bist Gast des Häuptlings derselben gewesen?“
    „Ich pflege nur bei Häuptlingen zu wohnen“, antwortete ich stolz.
    „So bist du derselbe Fremdling, welcher den Stamm der Haddedihn dadurch vom Untergang rettete, daß er drei Stämme ihre Feinde in das Tal Deradsch lockte, wo sich sich ergeben mußten?“
    „Der bin ich allerdings.“
    „Und ist der kleine Mann, welcher sich hier bei dir befindet, vielleicht dein Diener Hadschi Halef Omar, welcher dies alles mit dir erlebte?“
    „Er ist es.“
    „Da ihr diese beiden seid, so sind wir bereit, euch zu verzeihen, wenn du das tust, was wir vorn dir verlangen.“
    „Sage, was du forderst.“
    „Du bezahlst erstens die Pferde, welche ihr uns getötet habt.“
    „Wohl auch die Hunde?“
    „Natürlich! Und zweitens schenkt ihr uns alle Waffen, welche ihr bei euch tragt!“
    „Und drittens?“
    „Weiter nichts. Du siehst, daß wir sehr billig sind. Gehst du auf diese Bedingung ein, so bist du mein Mivan und Hemschehr (Gast und Freund), und ihr könnt bei uns, so lange es euch beliebt, ebenso sicher wohnen, als ob ihr zu unserem Stamm gehörtet.“
    „Wenn ich mich aber weigere?“
    „So werden wir euch als Todfeinde behandeln, und die Sonne dieses Tages wird die letzte sein, die euch ins Auge scheinst. Ich rate dir, meinem billigen Verlangen nachzukommen!“
    „Es ist mir noch nicht billig genug. Ich werde euch beweisen, daß ihr noch viel, viel billiger sein könnt.“
    „Glaube das nicht! Wer gab dir das Recht, meine Hunde zu töten?“
    „Sollten sie nicht das Weib zerreißen?“
    „Ja. Es herrscht Blutrache zwischen uns und ihrem Stamm. Sie ist außerdem eine verfluchte Schiitin, welche sogar von dem Heiland der Christen redet. Ihr Blut gehört den Hunden. Sie heißt Fatima Marryah und wird im tiefsten Schlund der Verdammnis heulen.“
    Also eine Schiitin war die Frau! Die Sunniten hassen die Schiiten; ja sie behandeln sie mit noch größerer Verachtung als die ‚Ungläubigen‘. Und vom Heiland redete sie? Sollte die Kunde vom Welterlöser auf irgendeine Weise in ihr Ohr oder gar in ihr Herz gedrungen sein? Dann konnte ich mich darüber, sie gerettet zu haben, doppelt freuen. Ich antwortete:
    „Ich bin ein Christ; sie spricht von meinem Heiland; darum fühle ich mich glücklich, deine Bestien erschossen zu haben. Hättest du dieselben nicht auf das arme Weib gehetzt, so lebten sie noch. Die bist also selbst schuld an deinem Verlust. Und auch die Pferde soll ich bezahlen? Habe ich euch nicht Halt geboten? Drohte ich euch nicht, sonst zu schießen? Ihr gehorchtet nicht; darum schossen wir. Wer gab also die Veranlassung zum Tod eurer Pferde?“
    „Du, nicht wir! Wer gibt dir das Recht, zu schießen?“
    „Ich selbst gebe es mir. Wenn ich angegriffen werde, verteidige ich mich. Dankt Allah, daß ich ein Christ bin! Wäre ich Moslem, so hätten wir nicht auf die Pferde, sondern auf

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