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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fragte er, als ich ihn an den Beinen hervorzog. „Du lebst, Effendi! So haben sie dich nicht ermordet?“
    „Doch! Sie haben mich erschlagen!“
    „Aber – aber, du stehst ja hier vor mir!“
    „Das ist nur mein Geist, der dich Tag und Nacht verfolgen wird für die Kühnheit, mit welcher du uns beschützt hast.“
    „Und mein Geist wird dir aufhucken, alle Stunden zehn- oder zwölfmal, du Großvater und Urgroßvater der Furchtsamkeit“, stimmte Hadschi Halef ein. „Warum bist du zurückgeblieben? Warum hast du dich versteckt?“
    „Nur aus Rücksicht für euch. Die Kurden hassen die Khawassen des Großherrn. Hätten sie mich bei euch gesehen, so wäret ihr gewiß nicht so mit heiler Haut davongekommen.“
    „Und da gibt dein Mutessarif dich uns zum Schutz mit? Allah verwandle ihn dafür in einen umgekehrten Igel, mit den Stacheln nach innen, damit sie seine inwendige Seele stechen und peinigen all sein Leben lang! Welcher vernünftige Mensch tut denn, um einen Zweck zu erreichen, das gerade Gegenteil von dem, wodurch er ihn erreichen würde? Ich werde euch beide nach vollendeter Reise auf Bretter nageln lassen, um euch als Seltenheiten zu produzieren!“
    Er machte eine verächtliche Handbewegung und folgte mir, der ich mich nach dem Fluß wendete. Dieser war hier kaum anderthalb Fuß tief, so daß die Kurdin leicht hatte hinüberwaten können. Sie war übrigens nicht mehr zu sehen.
    Drüben angelangt, ritten wir am andern Ufer aufwärts, hüteten uns aber, uns nahe an dem Wasser zu halten. Die Kurden konnten sich drüben versteckt haben und auf uns schießen. Wir ritten vielmehr am Rand der Talsohle, am Saum des Waldes unter den Bäumen, durch deren Stämme wir leidlich gedeckt waren.
    Diese Vorsicht zeigte sich als gerechtfertigt, denn wir waren noch gar nicht weit gekommen, so fiel drüben aus den Büschen ein Schuß, doch ohne daß einer von uns getroffen wurde. Einige Augenblicke später hörte ich einen zweiten Schuß; er war nicht drüben, sondern hinter mir gefallen. Ich drehte mich schnell um und sah den Khawassen, welcher, um ruhiger zielen zu können, abgestiegen war, neben seinem Pferd stehen und die soeben abgeschossene Flinte senken. Jenseits des Flusses erhoben die Kurden ein wütendes Geschrei. Schnell, damit er meinen Worten zuvorkomme, rief er mir zu:
    „Ich habe ihn erschossen, Effendi! Ich sah ihn zwischen den Sträuchern stehen und auf uns schießen –, da schickte ich ihm meine Kugel und sah ihn niederstürzen.“
    „Welcher war es? Etwa der Häuptling?“
    „Nein, ein anderer. Siehst du nun, daß ich Mut besitze und ein tapferer Krieger bin?“
    „Nein. Es ist keine Kunst, so aus dem Hinterhalt auf jemand zu schießen. Warum fragtest du mich nicht? Deine Voreiligkeit kann uns den größten Schaden bringen. Aus dem Geschrei der Kurden ist zu ersehen, daß du getroffen hast. Dachtest du denn nicht an die Blutrache?“
    „Blutrache? O Allah, das hatte ich vergessen! Meinst du, daß sie kommen um sich zu rächen?“
    „Natürlich! Kein Volk hält so fest wie diese Kurden an der Blutrache. Wenn sie dir den Hals abschneiden, habe ich nichts dagegen!“
    Ich meinte diese Worte natürlich nicht im vollen Ernst, war aber doch erzürnt über ihn. Wir befanden uns schon in Gefahr, und sein unkluges Gebaren konnte dieselbe nur vermehren, zumal der Fluß jetzt eine Krümmung machte und so nahe an den Berghang trat, daß zwischen den beiden nur ein sehr schmaler, offener Grasstreifen blieb, welchem wir eigentlich zu folgen hatten. Diese Stelle konnte verhängnisvoll für uns werden, weil wir auf derselben den Kugeln der in den Büschen jenseits steckenden Kurden frei ausgesetzt waren. Darum zog ich es vor, wenigstens eine Strecke weit unter dem Wald des Abhangs Deckung zu suchen. Wir waren also gezwungen, uns bergauf zu wenden und mußten infolgedessen absteigen, da das Terrain felsig war und ziemlich steil anstieg. Unsere Pferde führend, kletterten wir empor und kamen zu meiner Verwunderung auf eine Art von Pfad, welcher längs der Berglehne hinzuführen schien. Wir folgten ihm, ohne es für notwendig zu halten, uns auf eine feindselige Begegnung vorzubereiten, denn auf diesem Ufer wohnten ja die Mir Yussufi, von denen ich annahm, daß sie uns freundlich aufnehmen würden.
    Hier konnten wir wieder in den Sattel steigen, waren aber noch nicht weit gekommen, so sahen wir uns zum Halten gezwungen. Wir befanden uns nämlich vor einem Felsen, welcher da, wo der Pfad aufhörte, ein Tor zu

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