1807 - Die Haut des Bösen
doch die sprachlichen Schwierigkeiten waren zu groß. Nicht alles, was er mitteilen wollte, ließ sich wohl so formulieren, wie er es wollte. Darüber hinaus schien es so, als gäbe es bei ihm gewisse Empfindlichkeiten, so daß er sich zuweilen in sich zurückzog und weitere Auskünfte verweigerte.
Bruno Drenderbaum erwies sich allerdings als Kommunikationskünstler, dem es immer wieder gelang, trennende Barrieren zu überwinden, Mißverständnisse auszuräumen und dadurch die Gespräche fortzusetzen.
Seine empathischen Fähigkeiten halfen ihm, Zugang zu Kummerog zu finden.
Zudem versuchte er, die Gedanken und Gefühle des Fremden zu ergründen, doch gelang ihm das nur unvollkommen. Drenderbaum spürte jedoch, daß Kummerog von einem Geheimnis umgeben war und eine gewisse Bedrohung von ihm ausging.
Er erfaßte, daß dieses Wesen äußerst gefährlich werden konnte. Dennoch war er überzeugt, daß ein Abwehrverhalten vorlag, wie es wohl bei jedem vorhanden gewesen wäre, der sich in, einer vergleichbaren Situation befand.
„Er ist allein in einer für ihn vollkommen fremden Welt mit Intelligenzwesen, mit denen er sich nur sehr mühsam verständigen kann und von denen er nicht weiß, wie sie sich ihm gegenüber verhalten werden", sagte er, als er später mit Myles Kantor allein war. „Er ist stark geschwächt, und obwohl wir. ihm helfen, stellen wir für ihn eine gewisse Bedrohung dar. Wahrscheinlich denkt er verzweifelt darüber nach, wie er so schnell wie möglich zu seinem Volk zurückkehren kann."
Schließlich gab Kummerog eine Schilderung der Vorgänge aus seiner Sicht ab. Dabei wurde kein Translator mehr benötigt, weil er Interkosmo sprach.
Kummerog bezeichnete sich als Schiffbrüchigen, der in der Galaxis Bröhnder in einen Unfall verwickelt worden war.
„Dabei habe ich meine Hand verloren", erzählte er, „und bin als einziger Überlebender meines Raumschiffs auf einem Asteroiden gestrandet. Auf dem Himmelskörper habe ich eine unbekannte Raumstation vorgefunden, die offenbar schon vor sehr langer Zeit verlassen worden ist. Natürlich habe ich sie eingehend untersucht, und dabei bin ich auf eine seltsame Brücke gestoßen."
„Eine Brücke?" fragte Drenderbaum.
Der Assistent glaubte, daß Kummerog sich unbeabsichtigt falsch ausdrückte, weil er das Interkosmo noch nicht perfekt beherrschte.
„Eine seltsame Brücke", bestätigte Kummerog seine Aussage. „Sie nahm in der Station ihren Anfang:"
„Woraus bestand diese Bücke?" forschte Myles Kantor. „Konntest du es erkennen?"
„Ich glaube, es war Holz." Der Fremde wirkte sehr nachdenklich, als rufe er sich das Bild der Brücke ins Gedächtnis zurück. „Ja, es war Holz. Das hat mich besonders verwundert, weil eine solche Brücke nicht zu einer technischen Anlage wie einer Raumstation passen will. Der Boden der Brücke bestand aus grauen Bohlen, die einen festen und harmlosen Eindruck auf mich machten. Sie schienen nichts Besonderes zu sein."
„Und was war mit dieser Brücke?" fragte Bruno Drenderbaum, als Kummerog nicht fortfuhr.
Er schien anzunehmen, daß er bereits alles Wichtige gesagt hatte.
„Ich habe sie betreten", berichtete der Genesende. „Es gab nichts anderes, was ich hätte tun können. Auf dem Asteroiden hätte ich nicht überleben können. Also wollte ich herausfinden, wohin diese Brücke führt, deren Ende ich nicht sehen konnte. Es verschwand in einer Art Dunst, als ob man in den Nebel hineingeht. Als ich auf der Brücke war und weder das eine noch das andere Ende erkennen konnte, verfiel ich in eine seltsame Starre. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, aber ich spürte, daß ich bewegt wurde. Entweder war es die Brücke selbst, die mich weitertrug, oder eine unsichtbare Kraft drückte mich voran, ohne daß ich gehen mußte.
Dann stürzte ich plötzlich auf diese fremde Welt, ohne daß ich etwas dazu getan habe und ohne daß ich es hätte verhindern können. Ich muß bewußtlos gewesen sein. Als ich aufwachte, war ich auf dieser fremden Welt; meine Hand fehlte. Ich hatte Schmerzen."
Bruno Drenderbaum und Myles Kantor befragten ihn zu dem einen oder anderen Detail seiner Geschichte. Kummerog antwortete geduldig.
Dabei wich er in nichts von dem ab, was er zuvor erzählt hatte. Als er schließlich ermüdet die Augen schloß, zogen sich die beiden Terraner zurück.
4.
„Er lügt", stellte Bruno Drenderbaum fest, als er mit Myles Kantor in dessen Arbeitsraum war.
Mittlerweile war Cistolo Khan eingetroffen. Der
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